Lando Norris reiste auf der Überholspur nach Spa-Francorchamps an. Nach dem Österreich-GP gewann der Brite auch sein Heimrennen in Silverstone und hätte auf der legendären Ardennen-Achterbahn in Spa-Francorchamps den dritten Sieg in Folge perfekt machen können. Die Voraussetzungen waren gut: Er startete von der Pole Position in das Formel-1-Rennen in Belgien. Allerdings war es McLaren-Teamkollege Oscar Piastri, der ihn den Triumph mit nur 3,415 Sekunden Vorsprung sprichwörtlich vor der Nase wegschnappte.

"Ich bin enttäuscht, Zweiter geworden zu sein, aber manchmal läuft es so", fasste Norris knapp zusammen. Nur wenige Kurven nach der verzögerten Freigabe des Rennens musste er seine Führung an Piastri auf der Kemmel-Geraden abgeben. Norris' Erklärung für den frühen Führungsverlust: "Ich habe nicht die beste erste Kurve erwischt." Nachdem das Rennen hinter dem Safety Car gestartet worden war, kämpfte Norris mit Traktionsproblemen. Sowohl aus der Bus-Stop-Schikane als auch aus Kurve 1 rutschte er mit dem Heck.

So fiel es Piastri nicht schwer, am Führenden dranzubleiben und auf der Kemmel-Geraden problemlos zum Überholmanöver anzusetzen. "Es ist schwer herauszufinden, wie viel das [Herausbeschleunigen; d. Red.] eine Rolle gespielt hat. Wahrscheinlich hätte er mich trotzdem gekriegt", so Norris.

Führung kampflos abgegeben: Lando Norris ohne Zusatzleistung?

McLaren-Pilot Lando Norris führt vor Teamkollege Oscar Piastri und Charles Leclerc im Ferrari
Lando Norris konnte Oscar Piastri nur wenige Kurven hinter sich halten, Foto: IMAGO / PsnewZ

Norris beschwerte sich nicht nur über sein Beschleunigen aus Kurve 1. Unmittelbar nach dem Restart klagte er auch über fehlende Zusatzleistung der Batterie. Als Begründung für das Piastri-Überholmanöver könne das allerdings nicht herhalten, wie Teamchef Andrea Stella ausführte: "Es gab kleine Unregelmäßigkeiten, die aber bei beiden Autos aufgetreten sind. Für Lando war es keine Bestrafung im Vergleich zu Oscar."

Auch Norris-Renningenieur Will Joseph konnte seinen Schützling wenige Sekunden später mit der Zusatzleistung beruhigen: "Sie kommt zurück. Wir haben beim Restart viel verbraucht." Für Stella war hauptsächlich Norris' Positionierung dafür verantwortlich, weshalb es nur zu P2 reichte. "Das Überholmanöver passierte letztlich, weil es für das führende Auto sehr schwer ist, auch Kurve 5 [nach der Kemmel-Geraden; d. Red.] als erstes zu erreichen. Es ist nicht unmöglich, aber du brauchst einen deutlichen Vorteil auf Start-/Ziel", so der Teamchef. Die instabile Hinterachse bei Norris machte es ungleich schwerer, sich einen komfortablen Vorsprung auf Piastri beim Restart zu erarbeiten.

Ein letzter Hilfeschrei? Lando Norris wählt andere Reifen-Strategie

McLaren-Pilot Lando Norris
Bei Slick-Reifen setzte Lando Norris auf die harte Mischung, Foto: IMAGO / Beautiful Sports

Trotz milder Temperaturen trocknete der Circuit de Spa-Francorchamps schnell ab - der Intermediate hatte ausgedient. Als Zweitplatzierter musste sich Norris in Sachen Strategie hinter Piastri anstellen. "Ich habe allein acht, neun Sekunden verloren, weil ich als Zweiter beim Boxenstopp war", beklagte Norris. "Mit dieser Lücke Oscar einzufangen, ist eine Leistung. Ich habe es versucht, aber es war nicht eng genug." Auch die Option eines Doppel-Stopps Stand im Raum, der Verfolger entschied sich jedoch dagegen.

Während Piastri auf den Medium-Reifen setzte, wählte Norris die harte Mischung, die am Spa-Wochenende sogar zwei Stufen härter ist. Ein letzter Hilfeschrei? "Will hat mich gefragt, ob ich den harten Reifen möchte. Ich habe Ja gesagt", redete Norris die Entscheidung herunter. "Ich wusste nicht einmal, dass Oscar den Medium hatte."

Mit der härteren Mischung konnte Norris in der Schlussphase den Rückstand verkürzen und nahm dem WM-Führenden Piastri etwa eine Dreiviertelsekunde pro Runde ab. Allerdings blieb er nicht fehlerfrei: "Lando hatte ein paar Verbremser in Kurve 1 und auch Übersteuern in Kurve 9, was ihn Zeit gekostet hat. Das hat uns von einem spannenden Kampf am Ende abgehalten", ordnete Andrea Stella ein.

Wie das Sprintrennen wurde nun auch der Grand Prix von Startposition zwei aus gewonnen. Abermals war die erste schnelle Überfahrt der Kemmel-Geraden siegentscheidend. Oscar Piastri, der im Sprint-Qualifying noch mit einem Streckenrekord auftrumpfte, profitierte mit P2 im Qualifying von der vermeintlich schlechteren Ausgangslage. So sieht es auch McLaren-Teamchef Stella: "Als Witz sagte Oscar nach dem Qualifying, dass es in Q3 nicht seine beste Runde war. Wahrscheinlich ist es [P2; d. Red.] der beste Platz, wenn man in Q3 nicht seine beste Runde hat."

Für McLaren war der Belgien-GP ein großer Erfolg. Weniger glücklich war Max Verstappen, der sich insbesondere über den verschobenen Start beschwerte. Mehr dazu hier im Video:

F1-Regenchaos in Spa: Verstappen tobt! Rennleitung zu ängstlich (10:00 Min.)