Nico Hülkenberg schien beim Formel-1-Rennen in Spa seinem Ruf als Strategiefuchs mal wieder gerecht zu werden. Beim ersten Boxenstopp in Runde 11 antizipierte er die Streckenbedingungen perfekt und zählte zu jenen Fahrern, die als erste die Box ansteuern. So kam der Emmericher wie aus dem nichts bis auf die neunte Position und schien drauf und dran zu sein, erneut Punkte zu sammeln.

Nachdem er seinen Teamkollegen Gabriel Bortoleto, der eine bessere Pace aufwies, ziehen gelassen hatte, lag Hülkenberg immer noch auf Kurs zu P10 und schien nicht in Gefahr zu sein. Doch wie aus dem nichts bog der Deutsche in Runde 32 plötzlich für einen zweiten Reifenwechsel an die Box ab. Von seinen direkten Gegnern folgte niemand und bis zum Rennende konnte er sich nur bis auf P12 zurückarbeiten. Keine Punkte also für Hülk.

Nico Hülkenberg erklärt Strategie: Warum der 2. Stopp kein Fehler war

Nico Hülkenberg klärte nach dem Rennen auf, dass er selbst nach dem zweiten Stopp verlangt hatte. Von einem Fehler wollte er nicht sprechen, obwohl ihn die Strategie auf dem Papier um einen möglichen Punkt gebracht hatte. "Meine Vorderreifen gaben im ersten Stint nach und vorne blockierte ich zunehmend", erklärte Hülkenberg sein Problem.

Zum Zeitpunkt seines Boxenstopps war der Podium-Fahrer von Silverstone jedoch noch fünf Sekunden vor seinem ersten Verfolger, Pierre Gasly. Der Franzose war in der ersten Rennhälfte eine Art Lebensversicherung für Hülkenberg gewesen, da er nicht die Pace der Top-10 mitgehen konnte, aber in seinem voll auf Topspeed getrimmten Alpine trotzdem die weiteren Mittelfeld-Piloten hinter sich hielt.

Doch das wäre nicht so geblieben, ist Hülkenberg überzeugt: "Ich denke nicht, dass ich mich vor Pierre und dieser Gruppe halten hätte können, wenn man bedenkt, dass wir mehr Abtrieb hatten und er auf Low-Downforce war. Als er in meinen Windschatten kam, kam er näher und näher."

Die Zeiten zeigen tatsächlich, wie trügerisch der Vorsprung von Hülkenberg war. Bis Runde 26 war er mit seinen Rundenzeiten im hohen 1:47er-Bereich noch schneller gewesen als der Alpine-Fahrer. Anschließend brachen seine Zeiten markant, während Gasly nicht nur konstant im mittleren 1:47er-Bereich bleiben konnte, sondern sich bis zum Rennende sogar steigerte.

In den letzten drei Runden vor seinem Stopp kam Hülkenberg nicht mehr unter die Marke von 1:48, alleine in Runde 31 nahm ihm Gasly über sieben Zehntelsekunden ab. "Wir wären leichte Beute gewesen", ist sich Hülkenberg deshalb sicher, "deshalb habe ich nach dem zweiten Stopp verlangt, und versucht mich zurückzuarbeiten.

Hülkenberg-Aufholjagd scheitert – Bortoleto holt Sauber-Punkte

Auf seinen neuen Reifen war er zeitweise der schnellste Fahrer auf der Strecke, konnte den Abstand zu der Gasly-Gruppe wieder zufahren, machte mehrere Plätze gut und schaffte es in der letzten Runde sogar an Yuki Tsunoda vorbei auf P12. Aber für einen Angriff auf Bearman oder Gasly ging Hülkenberg die Zeit aus.

Einmal abgesehen davon, dass dieser womöglich aus demselben Grund nur geringe Erfolgsaussichten gehabt hätte, aus dem Hülkenberg den zweiten Stopp für nötig befunden hatte: Der Alpine war beim Belgien-GP eine Rakete auf der Geraden, der Sauber nicht. "15 Runden vor Schluss dachte ich mir, dass sich der DRS-Zug vielleicht auflöst und sobald ich da ankomme, wäre die Situation eine andere. Aber das war nicht der Fall", rekapitulierte der WM-Neunte.

Auf dem Circuit de Spa-Francorchamps war es Hülkenbergs Teamkollege Gabriel Bortoleto, der für Sauber die Kohlen aus dem Feuer holte. Der Brasilianer landete auf dem neunten Platz und blickte mit viel Zufriedenheit auf seine Leistung: "Ich habe das Gefühl, dass wir heute alles getan haben, was wir konnten. Ich habe alles aus dem Auto herausgeholt."

Nur an Liam Lawson scheiterte er. Der Neuseeländer war der ursprüngliche Grund gewesen, warum das Schweizer Team seine Positionen getauscht hatte. Der Racing-Bull-Pilot landete im Ziel auf dem achten Rang. "Es war sehr schwierig, Lawson zu erwischen. Er hatte eine gute Pace und er hat seine Reifen gut gemanagt. Er war dieses eine Zehntel schneller als ich. Deshalb kam er auf P8 ins Ziel", analysierte der Formel-2-Champion.

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