Red Bull ist für schnelle und harte Fahrer-Entscheidungen in der Formel 1 bekannt, aber 2025 reagieren sie so schnell und hart wie noch nie. Nach zwei horrenden Rennen zum Saisonstart hat das Team genug gesehen von Liam Lawson. Mit sofortiger Wirkung wird der 23-jährige Neuseeländer wieder in den Racing Bull degradiert. In Japan sitzt stattdessen der vor drei Monaten noch zurückgewiesene Yuki Tsunoda im zweiten Auto neben Max Verstappen.

"Wir haben zusammen auf einen frühen Tausch entschieden", erklärt Teamchef Christian Horner und rechtfertigt die Entscheidung nicht nur damit, dass man durch Lawsons miserable Ergebnisse - null Punkte, nicht einmal einen Q2-Auftritt - in beiden WM-Wertungen jetzt schon in Schieflage zu geraten droht. "Es ist eine rein sportliche Entscheidung. Wir wissen, dass mit dem RB21 viel Arbeit nötig ist, und Yukis Erfahrung wird bei der Entwicklung des Autos enorme Vorteile bringen."

Das bockige neue Auto abzustimmen und gutes Feedback für seine dringend nötige Entwicklung zu liefern ist in den Augen der Red-Bull-Führungskräfte für Lawson, der erst 13 Grands Prix hinter sich hat, eine Nummer zu groß. "Wir sind verpflichtet, Liam gemeinsam zu schützen und zu entwickeln", erneuert Horner stattdessen seine Argumente vom Sonntagabend nach dem China-GP. "Nach so einem schwierigen Start macht es Sinn, schnell zu reagieren, damit Liam in einem bekannten Umfeld und Team, mit den Racing Bulls, weiter Erfahrung sammeln kann."

Lawson mit mehr Potenzial - aber zu wenig Erfahrung für Red Bull 2025?

Davor hatte Red Bull eineinhalb Jahre lang mit der Fahrer-Entscheidung gezaudert. Viel Zeit und Raum wurde dem ab Mitte 2023 in Schieflage geratenen Sergio Perez gegeben, doch bis auf ein paar Zwischen-Hochs kam Perez nicht mehr in die Spur und wurde Ende 2024 abserviert. Davor wurden die Alternativen bei den Racing Bulls evaluiert. Tsunoda, seit 2021 dort ununterbrochen im Auto, musste sich an Lawson und Daniel Ricciardo messen.

Ex-Red-Bull-Pilot Ricciardo stellte nicht zufrieden, Tsunoda aber setzte sich nie klar durch, woraufhin 2024 ab Austin Lawson - der 2023 schon mehrere Rennen als Ersatzfahrer bestritten hatte - neben Tsunoda saß. Dass er sowohl bei seinen Ersatzrennen als auch am Ende von 2024 sofort bis auf wenige Hundertstel dran war am arrivierten Tsunoda beeindruckte die Red-Bull-Führung, obwohl Tsunoda Lawson in 11 gemeinsamen Rennen 10 zu 1 ausqualifizierte und 77 Prozent der gemeinsam gefahrenen Runden vor Lawson liegend absolvierte.

Yuki Tsunoda steigt in Abu Dhabi 2024 beim Test in den Red Bull RB20
Yuki Tsunoda fuhr in Abu Dhabi 2024 einen eintägigen Red-Bull-Test, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Im Dezember saß Tsunoda in Abu Dhabi zwar noch für einen Test erstmals im Red Bull, doch das Team war von Lawson überzeugt. Christian Horner rechtfertigte die Entscheidung gegen Tsunoda danach damit, dass Lawson basierend auf der nur kleinen Lücke wohl mehr Potenzial habe. Auch wurde Lawson die nötige mentale Stärke attestiert, um nicht am Druck des Cockpits neben Max Verstappen zu zerbrechen.

Der neue Red Bull RB21 stellte sich in den ersten zwei Rennen 2025 jedoch als äußerst schwer abzustimmendes und zu fahrendes Auto heraus. Lawson kam damit nicht zurecht. Nur Max Verstappen konnte in Australien und China das kleine Arbeitsfenster des Autos treffen und mit einem zweiten und einem vierten Platz die Ergebnisse maximieren.

Lawson beendete das Australien-Qualifying auf Platz 18, die beiden Qualifyings von China jeweils auf dem letzten Platz. Beide Grands Prix startete er nach großen Setup-Änderungen aus der Box. In Australien crashte er, in China wurde er nur dank drei Disqualifikationen Zwölfter. Daraufhin zog Red Bull die Reißleine und finalisierte nach einem Treffen im Nachgang des China-GP den Tausch mit Tsunoda.

Bringt Yuki Tsunodas Erfahrung die Erlösung im zweiten Red-Bull-Cockpit?

Tsunoda hatte zwei hervorragende Wochenenden geliefert, die Ergebnisse blieben nur wegen von seinem Team verschuldeter falscher Strategien aus. Red Bulls Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko sprach schon am Freitag in China gegenüber 'ServusTV' bei Tsunoda von einem "Quantensprung" im Vergleich zum Vorjahr: "Als Person, als Fahrer, hat das Management gewechselt und ist jetzt absolut top."

Damit hat sich der davor lange als zu emotional und impulsiv kritisierte Tsunoda endgültig für die Red-Bull-Rolle empfohlen, die man ihm vor drei Monaten noch verwehrt hatte. Nach 89 Starts bekommt er so spät wie kein anderer Red-Bull-Junior vor ihm eine Chance im Hauptteam. Vielleicht ist es aber genau diese große Erfahrung, die es braucht, um dem zwar schnellen, aber bockigen und schwer abzustimmenden RB21 leichter Herr zu werden.

Red Bull: Lawson-Rauswurf? Danner: Verstappen ist das Problem! (33:36 Min.)

Tsunoda hatte sich schon den ganzen letzten Herbst als bereit für das Cockpit gesehen. Nach seinem einzigen Test im Red Bull urteilte er in Abu Dhabi 2024 über den letztjährigen RB20: "Scheint, als würde das Auto zu meinem Fahrstil passen. Ich hatte gar keine Probleme, mich anzupassen. Selbst auf den Longruns konnte ich konstant fahren und die Einschränkungen des Autos spüren, die du ohne Vertrauen ins Auto nicht testen kannst."

Mit Japan, der Fahrerstrecke schlechthin, hat Tsunoda gleich einmal eine ordentliche Aufgabe vor sich. Aber er hat eben Erfahrung, fuhr hier bereits drei F1-Rennen. Obendrauf ist es sein Heimrennen. 13 Jahre ist es her, dass Landsmann Kamui Kobayashi hier ein Podium vor Heim-Publikum eingefahren hat. Außerdem ist es der letzte gemeinsame Japan-GP von Red Bull mit Motorpartner Honda, der Tsunoda bis zuletzt unterstützt hat. 2026 geht Honda zu Aston Martin.

Lawson bekommt immerhin die Gelegenheit, sich bei den Racing Bulls zu rehabilitieren. Von spanischen Medien lancierte Gerüchte über eine Verpflichtung von Alpine-Ersatzmann Franco Colapinto stellten sich als unfundiert heraus. Dass Lawson im einfacher zu fahrenden Racing Bull wieder ran darf, ist insgesamt die richtige Entscheidung, argumentiert Motorsport-Magazin.com-Redakteur Florian Niedermair: