Liam Lawsons Start in seine Red-Bull-Karriere war eine vollkommene Katastrophe. Anders lässt es sich nicht bezeichnen, wenn der Teamkollege des amtierenden Weltmeisters – der nach wie vor um Top-3-Resultate kämpft - in jedem Qualifying nur um die rote Laterne mitfährt. Man muss Lawson zugutehalten, dass er die Situation neben der Strecke mit Klarheit und Ehrlichkeit so gut managt, wie es seine Lage eben zulässt. Keine Ausreden, keine müden Floskeln… Sein Cockpit wird er damit aber auch nicht retten können. Der Zug könnte sowieso schon abgefahren sein. Vor dem Japan-GP berät die Red-Bull-Führungsetage über den Verbleib des Neuseeländers.

Der Umgang von Red Bull an den letzten beiden Wochenenden mit Lawson wird allerdings schlechter geredet, als er eigentlich ist. Die Kritik am eigenen Fahrer war authentisch und fair. Das düstere Bild, das man malte, erschien angebracht. Offen gesagt: Wer hätte es den Entscheidungsträgern abgenommen, wenn man in China immer noch heile Welt gespielt hätte? Die meisten Teams würden ebenfalls nach Auswegen suchen, wenn die eigene Nummer 2 so weit zurückliegt.

Red Bull-Fahrer Liam Lawson nach dem Rennen im Parc Ferme
Liam Lawson steht vor dem Aus bei Red Bull, Foto: IMAGO / PsnewZ

Red Bull will Liam Lawson schützen: Was ist die beste Lösung?

Red Bull scheint in diesem Punkt aus den letzten Negativ-Beispielen gelernt zu haben und muss genau deshalb die Initiative ergreifen. Nicht nur um die eigenen WM-Chancen zu konservieren, sondern auch um Lawson vor sich selbst zu schützen. "Liam ist ein junger Fahrer. Wir haben die Pflicht, uns um ihn zu kümmern und wir werden das Beste für ihn tun, um ihn zu unterstützen", meinte Teamchef Christian Horner nach dem China-GP.

Ob es für Lawson das "Beste" ist, ihn nach wie vor ohne viel Hoffnung auf Besserung an sein Cockpit zu fesseln? Ich wage es zu bezweifeln. Die Lehren aus Albon und Gasly lauten vielmehr, dass eine Abwärtsspirale bei unveränderten Rahmenbedingungen kaum mehr aufzuhalten ist. Sobald es einmal losging, fand keiner von ihnen mehr heraus. Genauso wenig wie Sergio Perez, der ab dem Beginn der Europa-Saison im Vorjahr in den Misserfolgs-Strudel abrutschte. Ganz im Gegenteil: Je länger die Saison wurde, desto schlimmer wurde es für den Mexikaner.

Der RB21 wird sich nicht von einem Wochenende auf das nächste plötzlich von einer wilden Bestie zu einem zahmen Fohlen verwandeln, Verstappen auch nicht schlechter werden. Das "Beste" kann es für Lawson im Moment eigentlich nur sein, wenn Red Bull ihn aus der Schusslinie nimmt und nochmal beim Nachwuchs-Team parkt.

Bei den Racing Bulls kann der 23-Jährige mit einem viel leichter zu fahrenden Boliden an der Seite einer machbaren Messlatte Formel-1-Erfahrung und Selbstvertrauen zu sammeln. Gasly gelang es ab 2019 aus derselben Ausgangssituation seine F1-Karriere nochmal neu aufzubauen.

Alex Albon schaffte dasselbe von der Ersatzbank aus. Auch eine Option für Lawson, gesetzt dem unwahrscheinlichen Fall, dass an den Gerüchten um einen Wechsel von Colapinto ins Nachwuchsteam der Bullen tatsächlich viel dran ist. Egal ob Testfahrer-Rolle oder Racing-Bulls-Cockpit, jedes weitere Wochenende als Verstappen-Teamkollege ist eher ein Hindernis für Lawson, um wieder auf die Beine zu kommen.

Red Bull: Lawson-Rauswurf? Danner: Verstappen ist das Problem! (33:36 Min.)

Warum ausgerechnet Yuki Tsunoda?

Stattdessen kann sich Red Bull Yuki Tsunoda quasi zum Nulltarif leisten. Weniger Punkte als Lawson wird auch er nicht sammeln. Mit Tsunoda bekäme man vier Jahre Formel-1-Erfahrung mit Kenntnissen auf allen derzeitigen F1-Strecken. Sollte auch er an Verstappen scheitern, hat man wenigstens den Versuch gewagt.

Und so hart es klingt: Falls Tsunoda an Verstappen zerbricht, wäre es gleichzeitig auch kein großer Verlust für die Bullen, denn der Verbleib des eng an den scheidenden Motorenlieferant Honda geketteten Japaners ist sowieso nach dem Ende der Partnerschaft 2025 fraglich. Stillstand ist derzeit die schlechteste Option für Milton Keynes, dann hat sich die Konstrukteurs-WM sowieso erledigt. Die Hoffnung auf einen internen Glücksgriff die einzige - wenn auch kleine - Chance auf eine schnelle Lösung des Fahrerproblems während der Formel-1-Saison 2025.