Dass der Verbleib von Sergio Perez in der Formel 1 alles andere als sicher ist, ist seit längerem bekannt. Lediglich der Mexikaner selbst bekräftigt regelmäßig, dass er über einen laufenden Vertrag verfügt und sich sicher ist, auch im nächsten Jahr für die Bullen am Start zu stehen. Doch der Druck aus dem eigenen Team nimmt weiter zu.
Eine Entscheidung über die Fahrerwahl bei beiden Red-Bull-Teams soll in der kommenden Woche fallen. Doch am liebsten wäre es der Red-Bull-Teamführung wohl, wenn Perez freiwillig den Hut nehmen würde und seinen Abschied aus der Königsklasse verkündet. Teamchef Christian Horner ließ das schon nach dem Rennen in Katar klar durchklingen. "Ich lasse Checo zu seinen eigenen Schlussfolgerungen kommen", behauptete der Brite, fügte aber hinzu: "Niemand zwingt ihn zu irgendwas."
Christian Horner: Werden mit Perez über seine Zukunft sprechen
Bei der Pressekonferenz vor dem Saisonfinale auf dem Yas Marina Circuit äußerte sich Horner erneut in diese Richtung, auch wenn er das Zauberwort 'Rücktritt' dabei nobel umschiffte. "Checo ist unser Fahrer. Er bleibt unser Fahrer, der beim Team unter Vertrag steht. Und natürlich ist diese Saison für niemanden nach Plan verlaufen, vor allem nicht für Checo. Mir der Performance seit Monaco war es sehr, sehr schwierig für ihn. Sobald wir dieses Rennen hinter uns gebracht haben, werden wir uns zwangsläufig zusammensetzen und über die Zukunft sprechen."
Perez sammelte seit seiner Vertragsverlängerung Anfang Juni in 15 Rennen und vier Sprints insgesamt nur 45 Punkte. Seit dem USA-GP im Oktober wartet er bei einem Grand Prix auf ein Ergebnis im einstelligen Bereich – also seit vier Rennen. In den meisten Fällen würde beim Weltmeister-Team des Vorjahres wohl in solch einer Situation eine Leistungsklausel greifen, doch bei der jüngsten Verlängerung des Teamkollegen von Max Verstappen sollen sämtliche Leistungsklauseln, die eine vorzeitige Ablöse zur Folge haben könnten, aus dem Kontrakt getilgt worden sein.
Das damals unterzeichnete Papier bezog sich auf die Zeit bis 2026. Dementsprechend teuer könnte also ein Rauswurf Red Bull zu stehen kommen, da Perez natürlich bei einem Vertragsbruch rechtlich eine lukrative finanzielle Gegenleistung einfordern könnte.
In einer ähnlichen Situation hatte sich nach 2022 auch McLaren befunden, die für Daniel Ricciardo tief in die Tasche greifen mussten, nachdem man den Australier ein Jahr vor seinem eigentlichen Vertragsende durch Oscar Piastri ersetzte. Dass Perez auf seinem laufenden Vertrag beharrt, wird von vielen im Formel-1-Paddock als Verhandlungstaktik gedeutet, um den bestmöglichen Deal für sich herauszuschlagen.
Cockpit-Rennen offen: Horner adelt Red-Bull-Talentpool
Wer das Cockpit von Perez übernehmen könnte, ist im Moment nicht klar. Die Entscheidung sollen in der Woche nach Abu Dhabi die Red-Bull-Shareholder treffen. Liam Lawson gilt als Favorit, doch vor allem die Teilnahme von Yuki Tsunoda für das Topteam der Bullen bei den Testfahrten in Abu Dhabi hat den Verdacht geschürt, dass auch der Japaner eine Chance auf den Aufstieg haben könnte.
Zuvor galt Tsunoda lange als rotes Tuch, da er vor allem bei Horner nicht viel Ansehen genoss. Die Frage danach, was der Test zu bedeuten habe, beantwortete der Red-Bull-Teamboss jedoch nur ausweichend. "Der Test mit Yuki war seit einiger Zeit geplant. Es steht schon seit drei Monaten oder so fest", so Horner.
Insgesamt zeigte er sich aber davon überzeugt, dass Red Bull über ausreichend Talent verfügt, um 2025 durch interne Lösungen für eine gute Fahreraufstellung in beiden Teams sorgen zu können: "Es war schön zu sehen, dass Isack Hadjar im freien Training auch eine Gelegenheit auf der Strecke bekam. Wir haben zwei sehr talentierte Fahrer bei VCARB. Aber solange die Situation mit Sergio nicht geklärt ist und er nicht weiß, was er tun will, ist alles andere reine Spekulation."
Hadjar belegt derzeit den zweiten Platz in der Formel 2 und absolvierte das FP1 in Abu Dhabi für Red Bull. Er strich nach diesem nicht nur bei Horner lobende Worte ein, sondern auch bei RB-Motorsportberater Dr. Helmut Marko. Williams-Fahrer Franco Colapinto war lange als Kandidat für die Racing Bulls gehandelt worden, seit seinem Unfall in Las Vegas ist er aber aus dem Rennen.
Vertragsverlängerung für Perez: Red-Bull-Kalkül ging nicht auf
Doch für Hadjar wird wohl nur dann ein Platz frei, wenn Perez tatsächlich rausfliegt. Horner gibt zu, dass die Vertragsverlängerung im Juni nicht die Wirkung erzielte, die man sich erhofft habe. "Sergio performte in dieser Zeit sehr stark", behauptete er. "Er hatte vier Podien in den ersten fünf Rennen und um ihn zu beruhigen und seine starke Form auf den Rest der Saison zu verlängern, entschieden wir uns für eine frühe Unterzeichnung, was offensichtlich nicht funktionierte", erklärte er die Überlegung dahinter.
Was Horner nicht dazu erwähnte: Bereits bei seiner Verlängerung vor dem Kanada-Wochenende war die Leistungskurve von Perez seit einigen Wochen sinkend verlaufen. In Imola und Monaco bekam die starke Frühform des sechsfachen Grand-Prix-Siegers mit zwei frühen Qualifying-Ausfällen erste Risse.
Horner lobte den Beitrag, den Perez seit 2021, als er als Ersatz von Alex Albon nach Milton Keynes gegangen war, geleistet hatte. "Er ist ein großartiger Teamplayer. Er ist ein großartiger Mensch. Er ist innerhalb der Mannschaft sehr beliebt. Er hat in den vier Jahren, in denen er bei uns ist, sehr hart gearbeitet. Und ja, er hat eine wichtige Rolle bei den Konstrukteursmeisterschaften gespielt, die wir gewonnen haben", zählte Horner auf, "und er war Teil der erfolgreichsten Paarung, die wir je hatten, als wir letztes Jahr Erster und Zweiter in der Fahrermeisterschaft wurden."
Papa Perez schießt gegen 'Lügen-Journalisten' und verlangt Entschuldigung
Doch im Moment ist Perez von dieser Form weit entfernt. Horner betonte, dass der 34-Jährige selbst sein eigener größter Kritiker sei: "Ich glaube, niemand ist mehr frustriert über die Ergebnisse als Checo, wenn man seine eigenen hohen Ansprüche betrachtet. Es ist natürlich schmerzhaft für ihn und für das Team. Wir haben sehr hart gearbeitet, um ihn zu unterstützen, und das werden wir auch weiterhin tun, bis zur Zielflagge am Sonntag, wo er hoffentlich im letzten Rennen der Saison ein gutes Resultat holen kann."
Ungeachtet dessen, dass es die Red-Bull-Verantwortungsträger selbst sind, die den Verbleib von Perez über 2024 hinaus in Zweifel ziehen, hat sich dessen Umfeld eine andere Zielscheibe ausgesucht. Auf Social Media sprach Perez' Vater Antonio von "Lügen-Journalisten" und forderte von nicht genannten Medienvertretern eine Entschuldigung ein. Bereits in der Vergangenheit machte der Politiker mit kritischen Aussagen gegenüber Journalisten, die Gerüchte über ein potenzielles Red-Bull-Aus oder einen möglichen Rücktritt von Perez aufgegriffen hatten, auf sich aufmerksam.
Red Bull beschäftigt beim Saisonfinale in Abu Dhabi nicht nur das Perez-Problem. Die schwache Trainings-Performance ihres Boliden verursacht Sorgen.
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