Es ist typisch Formel 1, dass man es nicht ohne böses Blut in die Weihnachtsfeiertage schafft. McLarens Motorsport-CEO Zak Brown befeuert ausgerechnet in seinem sonst überaus positiven offenen Weihnachtsbrief einen hinter den Kulissen schon länger schwelenden Konflikt. Es geht um Red Bull, genauer gesagt um AlphaTauri, der zweiten Mannschaft des Konzerns.

Hintergrund: Alle Interessenvertreter in der Formel 1 haben in den letzten Monaten Fühlung aufgenommen, was eine neue Concorde-Vereinbarung angeht. Das sind jene Verträge, auf denen die Zusammenarbeit zwischen Teams, F1-Management und FIA fußt. Zwar läuft die aktuelle Vereinbarung noch bis 2025, aber die Beteiligten wollen es nicht wie beim letzten Mal immer weiter hinauszögern, sondern im aktuell positiven wirtschaftlichen Klima schon verhandeln.

McLaren-Sportchef Brown führt in seinem Weihnachtsbrief diese Absicht ins Feld, und garniert sie prompt mit einer großen Forderung: "Wir sollten manche der Regeln priorisieren, die gegenwärtig die Unparteilichkeit zwischen Wettbewerbern beeinflussen."

McLaren-Boss: Kein anderer Sport erlaubt das

Red Bull fällt zwar nie namentlich, aber dass Brown es auf sie abgesehen hat, wird schnell klar: "Die meisten anderen großen Sportarten verbieten beispielsweise, dass man zwei Teams in der gleichen Liga besitzt. Aufgrund der offensichtlichen möglichen Schäden, die der Wettbewerb dadurch erleiden kann." Nur das Red-Bull-AlphaTauri-Konstrukt hängt in der Formel 1 so eng zusammen.

"Es ist eine ungesunde Situation, denn sie beeinflusst Entscheidungen auf der Strecke und abseits davon", meint Brown. "Ob es jetzt Zugang zu mehr Daten bedeutet, das Teilen von Komponenten/Personal, oder sogar das Beeinflussen einer strategischen Stimme, das ist nicht im Sinne des Reglements."

Red Bull-Pilot Max Verstappen vor Lando Norris im McLaren
McLaren taucht in Red Bulls Rückspiegel auf, Foto: Getty Images / NASCAR

Es geht eben nicht nur um Technik, sondern auch darum, dass Red Bull in der F1-Kommission - wo etwa Regeln abgesegnet werden - immer zwei Stimmen hat. Das Reglement erlaubt gewisse Synergien, viele Teile darf man etwa zukaufen. In den letzten Monaten wurde der Gegenwind für Red Bull aber immer rauer.

Nicht nur, dass AlphaTauri auf Forderung der Bosse nun allen Spielraum voll ausnützt, um aus einem sportlichen Tief zu kommen. Dass Red-Bull-Teamchef Christian Horner nach immer mehr Einfluss im Schwesterteam greifen soll, kommt noch schlechter an. Mehr Details gibt es hier:

McLaren fordert neue Regeln: Alle Formel-1-Teams unabhängig

"Es ist wichtig, für Unabhängigkeit, Wettbewerb und Fairness einzustehen", sagt Brown und positioniert sich jetzt als erster großer Player öffentlich mit einer schon fast radikalen Forderung: "Die Formel 1 sollte ihrer Marke treu bleiben, und alle Teams sollten - abgesehen von Power Units - völlig unabhängig voneinander sein."

"Ich würde gerne Regeln sehen, um sicherzustellen, dass in Zukunft die Ausbreitung jeglichen Einflusses durch strategische Allianzen und besonders durch Eigentum unterbunden wird", lautet Browns Vorschlag. Die Fans wähnt er hinter sich: "Das Teilen von Informationen, geteilte Eigentumsmodelle und strategische Allianzen im sportlichen Kontext der Formel 1 unterminieren bloß den Glauben der Fans an einen fairen und harten Wettbewerb."

Es ist nicht das erste Mal, dass Brown den Kampf gegen Kundenteams anführt. McLaren ist stolz darauf, fast alles selbst zu bauen und nur beim Motor Mercedes-Kunde zu sein. Als sich in der Vergangenheit Teams wie Haas oder Racing Point durch den Großeinkauf von Teilen bei Ferrari respektive Mercedes in der Hackordnung nach oben katapultierten, war Brown ebenfalls ganz vorne bei den Kritikern zu finden.

Natürlich hat sich die Lage für McLaren seither auch geändert. Damals ging es darum, einen Mittelfeldplatz in der Konstrukteurs-WM gegen diese Kundenteams zu verteidigen. Spätestens nach dem Aufstieg der zweiten Saisonhälfte 2023 sind die Ambitionen ganz andere. Der große Gegner heißt nicht AlphaTauri - sondern Red Bull.