Während sich Audi mit Vollgas auf den F1-Einstieg 2026 vorbereitet, laufen im Hintergrund Gespräche über das Formel-1-Comeback eines anderen Automobilherstellers: Nach Informationen der ungarischen Website formula.hu befindet sich Toyota in fortgeschrittenen Verhandlungen mit Haas über eine Zusammenarbeit.

Für beide Seiten könnte es eine Win-Win-Situation werden: Toyota könnte über einen kostengünstigen Weg zurück in die Formel 1, Haas könnte im Gegenzug technisches Know-how, Entwicklungs- und Fertigungskapazitäten sowie eine ganze Menge Sponsorengeld erhalten.

Haas ist der mit Abstand kleinste Rennstall in der Formel 1. Das Team hat ein Ingenieursbüro bei Ferrari in Maranello, wo die Aerodynamiker arbeiten und im Ferrari-Windkanal das Auto entwickeln. Alles, was das Reglement erlaubt, kauft Haas direkt von Ferrari. Dazu gehören neben der Power Unit beispielsweise Radaufhängungen und Getriebegehäuse.

Die selbst entwickelten Komponenten werden von Dallara in Italien gefertigt. In der Teamzentrale im britischen Banbury werden die Fahrzeuge lediglich für die Renneinsätze vorbereitet. Nur rund 120 Mitarbeiter hat das 'Kernteam' in Großbritannien.

Haas: Emanzipation von Ferrari erzwungen

Genau das könnte langfristig zum Problem werden: Einerseits hängt Haas am Tropf von Ferrari. Für den Start 2016 war die enge Kooperation mit den Italienern unerlässlich, doch langsam will oder muss man sich emanzipieren. Denn in der Formel 1 wird seit geraumer Zeit darüber diskutiert, wie man Abhängigkeiten und Zusammenarbeiten von Teams verhindert. Vor allem durch das zeitweise so starke AlphaTauri (heute Racing Bulls) waren enge Beziehungen vielen Teams ein Dorn im Auge.

Schon heute klassifiziert das Technische Reglement Komponenten in verschiedene Sparten. Ein Formel-1-Team darf bestimmte Teile nicht von einem Konkurrenten beziehen. Dazu zählen alle aerodynamischen Komponenten sowie das Monocoque und verschiedene Crash-Strukturen. Diese Kategorie wird Listed Team Components genannt.

Im Gegensatz dazu stehen die TRansferable Components, die von direkten Konkurrenten gekauft werden dürfen. Dazu zählen zum Beispiel Radaufhängungen und das Getriebe samt Gehäuse.

Schon seit langer Zeit sitzt in der Formel 1 die komplette Hinterradaufhängung im und am Getriebegehäuse, Foto: LAT Images
Schon seit langer Zeit sitzt in der Formel 1 die komplette Hinterradaufhängung im und am Getriebegehäuse, Foto: LAT Images

Viele Teams sind der Meinung, dass vor allem das Getriebegehäuse als LTC klassifiziert werden sollte. Damit würde man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, denn die Hinterradaufhängung sitzt im und am Getriebegehäuse und könnte somit nicht mehr eins zu eins von einem Rivalen bezogen werden.

Haas ist jenes Team, das am stärksten von Änderungen der Komponenten-Klassifizierung betroffen wäre, und wehrt sich deshalb bislang auch am vehementesten dagegen. Weder Know-how noch Infrastruktur für derartige Projekte sind vorhanden.

Toyota das neue Dallara für Haas?

Genau hier könnte Toyota ins Spiel kommen: Weil die Japaner kein Konkurrent sind, könnten Entwicklung und Fertigung dorthin ausgelagert werden. Die Zusammenarbeit könnte sogar noch viel weiter gehen: Toyota könnte den kompletten Dallara-Deal und noch weitere Teile der Ferrari-Zusammenarbeit ablösen.

Bei Toyota Motorsport (Toyota Gazoo Racing Europe) in Köln befinden sich Fertigungs- und Entwicklungskapazitäten. Gerade erst zog McLaren aus dem Toyota-Windkanal aus, weil der eigene Windkanal in Woking fertiggestellt wurde. Derzeit werden bei TMG vor allem die Hypercars für die Langstreckenweltmeisterschaft WEC entwickelt und gebaut.

Haas-Fahrer Nico Hülkenberg
Die meisten Komponenten am Haas kommen von Ferrari und Dallara, Foto: LAT Images

Eine komplette Übernahme des Teams durch Toyota soll derzeit nicht geplant sein. Gene Haas lehnte schon mehrere Übernahmeangebote anderer Interessenten ab. Außerdem hätte Toyota keinen Motor. Und der könnte für Haas noch zum Problem werden.

Denn auch wenn man sich von Ferrari auf verschiedenen Ebenen emanzipieren würde, bei den Motoren wäre man weiterhin auf Maranello oder zumindest auf einen anderen Hersteller angewiesen. Ob Ferrari aber von einer Toyota-Partnerschaft so begeistert wäre, ist fraglich.

Formel 1: Hersteller müssen Motoren liefern, aber...

Das Reglement sieht zwar eine Verpflichtung zur Motorbelieferung vor, allerdings gibt es hier auch Ausnahmen. Um zu verhindern, dass ein Team ohne Motor dasteht, gibt es seit einigen Jahren klare Regeln. Der Motorenhersteller, der am wenigsten Teams beliefert, wird bei festgelegten Voraussetzungen dazu verpflichtet, dem ansuchenden Team Motoren zu liefern.

Ferrari Power Unit mit V6-Turbo-Motor, Batterie, MGU-H und MGU-K aus der Formel-1-Saison 2021
Mit welchem Motor würde Haas bei einer Toyota-Kooperation fahren?, Foto: Motorsport-Magazin.com

Neue Motorenhersteller sind von der Regelung ausgenommen. Red Bull Powertrains und Audi müssen 2026 also definitiv nicht liefern. Mercedes hat mit McLaren und Williams schon zwei Kundenteams. Blieben noch Ferrari, Honda und Alpine - sollten die Franzosen der Formel 1 auch auf Motorenseite der Formel 1 treu bleiben. Will niemand, würde das Los entscheiden.

Aber die Zusätze 5 und 6 könnten Haas dann Probleme bereiten. Zusatz 5 besagt, dass das Kundenteam kein Automobilhersteller oder ein verbundenes Unternehmen sein soll. Nach Zusatz 6 darf das Team auch keine Sponsorenvereinbarung mit einem Konkurrenten des Motorenherstellers haben. Das trifft in gewisser Weise auf alle Motorenhersteller zu.

Toyota-Motor mit Alpine-Hilfe?

Langfristig, so glauben manche, könnte Toyota aber selbst einen Motor liefern. Ob die Japaner verspätet einen Motor entwickeln würden, bei dem sie von Null beginnen, ist fraglich. Tatsächlich könnte sich hier jedoch eine Tür öffnen: Alpine überlegt mehr oder weniger offen, das Motorenprogramm einzustellen.

Im Fahrerlager ist zu hören, dass die Franzosen ihr geistiges Eigentum am Formel-1-Motor zum Kauf anbieten. So könnte man Investitionen, die man für 2026 bereits getätigt hat, dann aber womöglich gar nicht benötigt, zumindest teilweise refinanzieren. Ein Neueinsteiger würde sich damit vor allem Zeit kaufen. Ob ein solcher Schritt für Toyota überhaupt denkbar wäre, ist unklar.

Toyota war bereits von 2002 bis 2009 in der Formel 1. Damals entwickelte und baute man Auto und Motoren komplett in Köln. Motorsport-Magazin.com besuchte die Fabrik im Jahr 2020. Die Geschichte über Toyotas kurzen, teuren und nicht besonders erfolgreichen Formel-1-Abstecher gibt es hier: