Williams zeigte bei der Teampräsentation weder Auto, noch Rendering, sprach aber zumindest über den Boliden für die Formel-1-Saison 2024 - außer über dessen Hinterachse. Als Motorsport-Magazin.com bei Teamchef James Vowles nach Getriebe und Hinterachse fragte, verwies der auf Bahrain: "Dort können wir über ein paar interessante Dinge sprechen, wenn es um die Richtung geht, die wir mit unserer Hinterradaufhängung eingeschlagen haben."
Eigentlich dachte man bei der Präsentation des Aston Martin, dass das Rätsel gelöst sei. Aston Martin ist wie Williams Mercedes-Kunde und bekommt nicht nur die Power Unit, sondern auch Getriebe samt Hinterachse von Mercedes. Beim Launch des AMR24 konnte man die neue Mercedes-Hinterachse mit dem vermuteten Pushrod-Konzept erkennen. 2023 setzte Mercedes noch auf Pullrods.
Doch als Williams in Bahrain mit dem FW46 aus der Garage rollte, staunte man nicht schlecht, als man den Boliden mit Pullrod-Hinterachse sah. Williams setzt 2024 das letztjährige Mercedes-Getriebe ein. Das Getriebegehäuse ist in der Formel 1 ein tragendes Teil und beherbergt die komplette Hinterradaufhängung.
Doch warum setzt Williams gegen den Trend und ist neben Ferrari (und dessen Kunde Haas) das einzige Team, dass an der Hinterachse nicht auf die Druckstreben geht? "Ich denke, es war die einzige Option, die es gab", sagte Pat Fry. Der Technik-Chef kam erst im Herbst 2023 zu Williams und konnte am Konzept des FW46 nicht mehr mitwirken, aber der Grund, weshalb es keine andere Option gab, ist ein anderer.
Zu wenig Mercedes-Getriebe für Williams
"Mercedes hatte sich zuvor dazu entschlossen und sie konnten nur Exemplare für zwei Teams herstellen", erklärt Fry. Im Gegensatz zu Aston Martin ist Williams nicht vertraglich zugesichert, die aktuellsten Versionen des Getriebes zu erhalten. Anders als bei der Power Unit gibt es hier keine Vorschriften der FIA. Beim Antrieb müssen die Kundenteams das identische Material und alle Updates zeitgleich erhalten.
Noch vor wenigen Jahren passte politisch kein Blatt zwischen Williams und Mercedes, doch ausgerechnet unter Teamchef James Vowles, der von Mercedes kam, emanzipiert sich der britische Traditionsrennstall. Die Ausrichtung dürfte nicht dabei geholfen haben, doch das 2024er Getriebe von Mercedes zu bekommen.
Beim Getriebegehäuse geht es nicht nur um das mechanische Setup, vor allem die Aerodynamik am Heck ist stark davon abhängig, wo Querlenker und Zug- oder Druckstreben platziert sind. Schließlich befindet sich die Hinterradaufhängung direkt über dem sensiblen Diffusordach.
Kundengetriebe in der Formel 1 sehr teuer
Immerhin: Wer nicht auf aktuelle Zukaufteile zurückgreift, spart sich zumindest im Budget Cap Geld. Denn der tatsächliche Einkaufspreis spielt bei der Berechnung der Budgetobergrenze keine Rolle. Stattdessen gibt es für Zukaufteile für die Berechnung Fixpreise, sogenannte Nominalpreise. Wer nicht auf die aktuellste Version setzt, bekommt einen kleinen Rabatt.
Trotzdem rentiert sich der Einkauf beim Konkurrenten nicht wirklich. "Die Nominalpreise sind im Moment so, dass sie die Käufer mit einer ziemlich großen Summe bestrafen", erklärt Fry. Der Top-Ingenieur kam im vergangenen Jahr von Alpine. Dort baute man ein eigenes Getriebe - übrigens mit Pushrods. Fry kennt also die tatsächlichen Kosten für Entwicklung und Bau des Getriebes bestens. "Das ist eine erhebliche Summe weniger als der Nominalwert."
Die Kosten waren der Hauptgrund, warum Sauber seit 2022 wieder ein eigenes Getriebe baut. In den Jahren zuvor bezogen die Schweizer die Teile von Ferrari. McLaren baut als Motoren-Kunde ebenfalls ein eigenes Getriebe, Aston Martin wird 2026 zum Honda-Werksteam und wird spätestens dann auch ein eigenes Getriebe bauen.
Williams will wieder eigenes Getriebe bauen
Williams wurde auf Getriebe-Seite erst 2022 zum Mercedes-Kunden, zuvor baute der Rennstall den Hinterwagen noch komplett selbst. Der Rennstall aus Grove will wieder zurück zu dieser Eigenständigkeit. "Ich bin mir sicher, dass das passieren wird. Langfristig sollen wir wieder dahin zurückgehen, unser eigenes Getriebe zu machen", so Fry. "Weil die Hinterradaufhängung heutzutage mehr Aerodynamik als alles andere ist, sollten wir für unsere eigene Aero-Entwicklung in diese Richtung gehen."
Tatsächlich diskutiert die Formel 1 derzeit intensiv darüber, ob Getriebe in Zukunft noch zugekauft werden dürfen. Dadurch sollen allzu starke Allianzen zwischen Kunden- und Werksteams zerschlagen werden. Aus finanziellen Gründen sehen jedoch nicht alle die Notwendigkeit für diesen Schritt. Haas und AlphaTauri wollen weiterhin auch Getriebe-Kunden bleiben. AlphaTauri setzt übrigens als einziges Kundenteam ebenfalls auf ein Vorjahresmodell.
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