Toyota kehrt in einer 'neuen und dynamischen' Partnerschaft mit Haas in die Formel 1 zurück. Das gaben das US-amerikanische Team und der japanische Automobilhersteller am Freitagmorgen auf einer Pressekonferenz in Fuji bekannt. Bereits seit Monaten hatte es Gerüchte um die Partnerschaft gegeben.
Toyota Gazzoo Racing, die Motorsportabteilung der Japaner, wird als 'Offizieller Technischer Partner' im Rahmen eines mehrjährigen Abkommens Design- und Technik-Dienstleistungen sowie Fertigungs-Kapazitäten zur Verfügung stellen. Dafür gibt es von Haas technische Expertise und kommerzielle Gegenleistungen.
Schon beim nächsten Rennen der Formel 1 in Austin wird das Toyota-Branding auf den Haas-Boliden von Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen zu sehen sein. Wie genau die technische Zusammenarbeit aber im Detail aussehen wird, ist noch nicht zu 100 Prozent klar, aber Toyota wird Teile der aktuellen Dallara-Kooperation übernehmen und Komponenten bauen. Dazu gibt es Ingenieurs-Dienstleistungen. Für Haas ist das eine Win-Win-Situation: Es gibt Know-how und kostenlose Fahrzeugkomponenten, für die man zuvor zahlen musste.

"Einen weltweit führenden Automobilhersteller an unserer Seite zu haben, der uns unterstützt und gleichzeitig seine eigene technische Expertise weiterentwickelt und beschleunigt - das ist eine Partnerschaft, die für beide Seiten klare Vorteile bietet", so Haas-Teamchef Ayao Komatsu. Für Haas soll die Partnerschaft die Konkurrenzfähigkeit in der Formel 1 auf ein neues Level heben. "Im Gegenzug bieten wir Toyota eine Plattform, um ihre internen technischen Fähigkeiten voll auszuschöpfen und weiterzuentwickeln", verspricht Komatsu.
Bei Toyota verspricht man sich durchaus mehr von der Partnerschaft als reines Marketing. "Durch die Zusammenarbeit mit Haas auf höchstem Motorsport-Niveau wollen wir Fahrer, Ingenieure und Mechaniker fördern", so Tomoya Takahashi, Präsident von Gazoo Racing."Wir möchten einen Beitrag zum Motorsport und zur Automobilindustrie leisten."
Neues Geschäftsmodell für Haas?
Haas ist seit dem Einstieg in die Formel 1 zur Saison 2016 das mit Abstand kleinste Team in der Königsklasse. Trotzdem liegt der US-Rennstall derzeit auf WM-Rang sieben vor deutlich größeren Konkurrenten. Grund dafür ist das spezielle Geschäftsmodell, das Teambesitzer Gene Haas seit Tag eins verfolgt.

Haas entwickelt und baut nur jene Komponenten selbst, die laut Reglement zwingend erforderlich sind. Alle anderen Komponenten kauft Haas bei Ferrari ein. Motor, Getriebe, Hydraulik und beide Radaufhängungen kommen aus Maranello, wo inzwischen auch ein Haas-Ingenieursbüro sitzt. Dort greift man außerdem auf den Windkanal der Scuderia zurück. Chassis und Aero-Elemente lässt Haas bei Dallara fertigen.
Haas bleibt bis 2028 bei Ferrari-Motoren
Die Motoren-Partnerschaft mit Ferrari wurde dabei erst kürzlich bis einschließlich 2028 verlängert. Die Ferrari-Nähe galt lange als Problem für die sich anbahnende Toyota-Beziehung. Bei Getriebe und Fahrwerk könnte Toyota sogar Ferrari ersetzen, beim Motor ist man aber auf Maranello angewiesen.
Das Reglement sieht zwar eine Verpflichtung zur Motorbelieferung vor, allerdings gibt es hier auch Ausnahmen. Um zu verhindern, dass ein Team ohne Motor dasteht, gibt es seit einigen Jahren klare Regeln. Der Motorenhersteller, der am wenigsten Teams beliefert, wird bei festgelegten Voraussetzungen dazu verpflichtet, dem ansuchenden Team Motoren zu liefern.
Neue Motorenhersteller sind von der Regelung ausgenommen. Red Bull Powertrains und Audi müssen 2026 also definitiv nicht liefern. Mercedes hat mit McLaren und Williams schon zwei Kundenteams, möglicherweise kommt auch noch Alpine hinzu. Blieben noch Ferrari und Honda. Will niemand, würde das Los entscheiden.

Aber die Zusätze 5 und 6 könnten Probleme bereiten. Zusatz 5 besagt, dass das Kundenteam kein Automobilhersteller oder ein verbundenes Unternehmen sein soll. Nach Zusatz 6 darf das Team auch keine Sponsorenvereinbarung mit einem Konkurrenten des Motorenherstellers haben. Ein Honda-Toyota wäre völlig undenkbar.
Zumindest bis 2028 konnten diese Probleme mit Ferrari ausgeräumt werden. Haas-Teamchef Komatsu bedankt sich in der Presseaussendung explizit bei seinem Ferrari-Kollegen Fred Vasseur. Das bedeutet aber wohl gleichzeitig, dass sich die Toyota-Rolle vorerst in Grenzen hält. Denkbar wäre eine Zusammenarbeit beim Windkanal. Der Toyota-Windkanal in Köln gilt als Formel-1-tauglich. Erst kürzlich zog McLaren in den eigenen, neuen Windkanal in Woking. In Köln wären somit auch wieder Kapazitäten frei.
Löst Toyota Haas' Getriebe-Problem?
Bei Fahrwerk und Getriebegehäuse könnte Toyota langfristig eine entscheidende Rolle für Haas spielen. Denn in der Formel 1 wird seit geraumer Zeit darüber diskutiert, wie man Abhängigkeiten und Zusammenarbeiten von Teams verhindert. Vor allem durch das zeitweise so starke AlphaTauri (heute Racing Bulls) waren enge Beziehungen vielen Teams ein Dorn im Auge.
Schon heute klassifiziert das Technische Reglement Komponenten in verschiedene Sparten. Ein Formel-1-Team darf bestimmte Teile nicht von einem Konkurrenten beziehen. Dazu zählen alle aerodynamischen Komponenten sowie das Monocoque und verschiedene Crash-Strukturen. Diese Kategorie wird Listed Team Components genannt.
Im Gegensatz dazu stehen die TRansferable Components, die von direkten Konkurrenten gekauft werden dürfen. Dazu zählen zum Beispiel Radaufhängungen und das Getriebe samt Gehäuse.

Viele Teams sind der Meinung, dass vor allem das Getriebegehäuse als LTC klassifiziert werden sollte. Damit würde man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, denn die Hinterradaufhängung sitzt im und am Getriebegehäuse und könnte somit nicht mehr eins zu eins von einem Rivalen bezogen werden. Toyota könnte mit einer Fahrdynamik-Abteilung Haas hier enorm unter die Arme greifen, Haas könnte sich so von Ferrari emanzipieren.
Toyotas Fabrik in Köln, in der auch die WEC-Boliden entwickelt und gefertigt werden, ist technisch so gut ausgerüstet, weil die Japaner von dort aus in den 2000er Jahren ihr Formel-1-Engagement bis zum Ausstieg Ende 2009 betrieben.
Motorsport-Magazin.com war vor wenigen Jahren für einen Artikel im Print-Magazin in Köln zu Gast. Den Artikel gibt es hier kostenlos zu lesen:
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