Red Bull war beim Großen Preis von Brasilien 2023 wie so oft in dieser Saison kaum aufzuhalten. Sowohl im Sprint als auch im Rennen ging Max Verstappen als souveräner Sieger von der Strecke. Selbst der zuletzt strauchelnde Sergio Perez konnte in Interlagos mit einer guten Leistung überzeugen, obwohl ihm das Podium am Ende knapp verwehrt blieb. Ganz selbstverständlich war der Brasilien-Erfolg im Vornherein allerdings nicht.
Denn bereits in der vergangenen Saison hatte sich Red Bull bis zum Brasilien GP zum Klassenprimus gemausert und reiste als Favorit in die brasilianische Hauptstadt. Doch im Jahr 2022 war der Ausflug nach Brasilien nicht von Erfolg gekrönt. Wie aus dem Nichts leuchtete auf einmal der Mercedes-Stern hell am Himmel. George Russell gewann sowohl den Sprint als auch das Rennen vor seinem Teamkollegen Lewis Hamilton und sicherte den Silberpfeilen damit den einzigen Saisonsieg.
Verstappen und Perez schafften es hingegen am gesamten Wochenende nicht einmal auf das Podium. Im Sprint fiel der spätere Weltmeister von der Führung bis auf den vierten Platz zurück und kam über zehn Sekunden nach Russell ins Ziel - bei lediglich 24 Runden. Red Bull musste also ohne Sieg aus Interlagos abreisen, hatte aber reichlich Lektionen für das Rennen im nächsten Jahr im Gepäck, die sich auszahlen sollten.
Red Bull: Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Heck
"Ich kann ihnen eine Aufgabe stellen: Vergleichen sie die Bilder vom letzten Jahr mit Bildern aus diesem Jahr und schauen sie, was wir anders gemacht haben. Eine Sache wird herausstechen", antwortete der Red-Bull-Chefingenieur Paul Monaghan angesprochen auf die Verbesserungen im Vergleich zum Vorjahr mystisch. Wenn man seine Aufgabenstellung befolgt, wird man recht schnell am Heckflügel fündig.
Die Red-Bull-Mechaniker erhöhten am RB19 im Vergleich zum Vorjahr den von der Hinterachse generierten Abtrieb massiv. Die obere Strebe erhielt einen deutlich steileren Anstellwinkel und sorgte damit für mehr Luftwiederstand. Auch die untere Strebe, die die beiden Heckflügel-Endplatten miteinander verbindet, wurde an der Unterkante mit deutlich Abtrieb ausgestattet und erzeugte damit mehr des sogenannten 'Drags'.
Verdeutlicht wird der Setup-Wechsel durch den Topspeed-Vergleich der letzten beiden Brasilien-Wochenenden. Letzte Saison wurde Sergio Perez im Qualifying mit 334,5 km/h geblitzt, Verstappen mit 331,3 km/h. Damit waren die Red-Bull-Piloten die mit Abstand schnellsten Fahrer auf der Strecke. Pierre Gasly, der mit der drittschnellsten Zeit in der 'Speed Trap' gemessen wurde lag beinahe fünf km/h hinter dem Spitzenreiter Perez.
Ein Jahr später verringerte sich der Topspeed des Mexikaners mit dem High-Downforce-Heckflügel bei vergleichbaren Bedingungen im Sprint-Shootout allerdings um rund einen km/h. Teamkollege Verstappen stagnierte in dieser Metrik auf seinem Vorjahresniveau. Doch weil die Formel-1-Boliden im Vergleich zum ersten Jahr der Regelrevolution deutlich schneller geworden waren, reichten im Jahr 2023 diese Werte im Topspeed-Vergleich nur noch für Platz vier und acht. Warum machte Red Bull dennoch einen deutlich besseren Eindruck als letztes Jahr?
Brasilien GP: Trumpfkarte Reifenverschleiß
Die Antwort auf die Frage ist schnell gefunden - beim Reifenverschleiß. Es ist eine der ältesten Rechnungen der Formel 1. Erhöht ein Team durch größeren Luftwiderstand den Abtrieb auf der Hinterachse, wird das Auto zwar auf den Geraden langsamer, hat dafür aber in den Kurven eine bessere Traktion. Die führt dazu, dass das Auto in den Kurven weniger herumrutscht und die Reifen weniger schnell verschleißen. Es ist jedes Rennwochenende eine Abwägung, die die Teams bei der Wahl ihres Setups treffen müssen. Letztes Jahr setzte Red Bull auf Höchstgeschwindigkeit, dieses Jahr auf das genaue Gegenteil - mit Erfolg.
"Die Feinheiten, wie wir mit den Reifen umgehen, sind anders als im letzten Jahr", erklärt Monaghan. "Im Feld gibt es eine gute Verteilung an verschiedenen Abtriebs-Niveaus. Das Gute ist, alle Theorien, die wir letztes Jahr rund um das Auto aufgestellt haben, scheinen dieses Jahr Früchte zu tragen. Dieses Jahr waren wir im Sprint deutlich besser als letztes Jahr."
Der bessere Reifenverschleiß ebnete schlussendlich den Weg zum Erfolg. Der erste Verstappen-Verfolger Lando Norris konnte gerade in der Startphase des Rennens auf den frischen Pneus mit Verstappen mithalten, attackierte den Weltmeister sogar in Runde 8. Doch je länger das Rennen andauerte, desto mehr fiel der Brite zurück. Der Vorteil des Reifenverschleißes entschied das Duell der beiden Freunde zu Gunsten von Verstappen, wie auch Norris nach dem Rennen eingestand.
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