Das Formel-1-Rennen in Brasilien war über weite Strecke eine glasklare Angelegenheit für Max Verstappen. Der Red-Bull-Pilot rollte auf einem (Reifen)-Sparprogramm locker mit acht Sekunden Vorsprung vor Lando Norris über die Linie.

Nur einmal im Rennen konnte der McLaren-Fahrer den Dreifach-Weltmeister kurz unter Druck bringen. Nach dem zweiten Rennstart setzte Norris alles auf Sieg, ignorierte Reifen-Management, holte alles aus seiner Batterie raus und zwang Verstappen doch nur zu einem simplen Abdeckmanöver. Danach waren seine Körner verschossen. Um seinen zweiten Platz musste er dennoch nie zittern. Spannend wurde es erst dahinter.

Sergio Perez: Red Bull tappt in die Mercedes-Falle

Im Kampf um Platz 3 gab es dafür ein hartes Duell, das praktisch die gesamte zweite Rennhälfte bestimmte. Fernando Alonso musste seine gesamte Erfahrung und sämtliche Zweikampf-Qualitäten unter Beweis stellen, um Platz 3 gegen Sergio Perez zu verteidigen. Einen entscheidenden Trumpf spielte ihm Red Bull aber schon in der Frühphase des Rennens zu.

Im Weg standen Perez und Red Bull vor allem die Mercedes. An diesem Wochenende waren sie pacemäßig nicht bei den Topteams dabei. Das Rennen von Perez spielte sich im Start-Stint gegen die Silberpfeile ab. Im DRS-Zug dauerte es allerdings bis zur 14. Runde, ehe Perez an Russell vorbeikam. Vier Umläufe später war Lewis Hamilton fällig. Der Brite kam noch in derselben Runde zum Reifenwechsel an die Box, einen Umlauf später sein Teamkollege.

Lewis Hamilton fährt beim Brasilien GP 2023 vor Mercedes-Teamkollege George Russell und Sergio Perez im Red Bull.
Sergio Perez hinter Russell und Hamilton, Foto: LAT Images

Bereits in diesem Abschnitt schwammen Red Bull die Felle ein bisschen davon. "Es dauerte eine Weile bis ich an den Mercedes vorbeikam, das hat mein Rennen beschädigt", lamentierte Perez nach Rennende. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Perez 8,4 Sekunden Rückstand auf Alonso aufgebaut. Red Bull musste nun eine Entscheidung treffen: Entweder die verkehrsbefreite Strecke vor ihm nutzen oder Perez reinholen, um gegen Hamilton und Russell abzudecken.

Perez zahlt Preis für frühen Stopp

Die Wahl fiel auf die zweite Option, ging aber nicht ganz auf. Denn Hamilton kam trotzdem wieder vorbei, nur die Position gegen Russell konnte verteidigt werden. "Wieso sind wir ihnen [an die Box gefolgt]?", ärgerte sich der sechsfache Grand-Prix-Sieger am Funk. Unter dem Strich benötigte Perez erneut zwei Runden, um an dem ehemaligen Serien-Weltmeister vorbeizukommen. Er konnte bis zu Alonsos Boxenstopp fünf Runden später den Rückstand in etwa halbieren. Der Zeitverlust im Kampf wegen dem Mercedes hielt sich also in Grenzen.

Viel bedeutender war jedoch, dass Alonso nun fünf Runden frischere Reifen hatte. Perez gaste im zweiten Stint von Anfang an stark an und näherte sich rapide. Bis Runde 33 hatte er den Rückstand eingefahren. Anschließend gingen ihm aber langsam die Reifen ein, während sie bei Alonso erst jetzt richtig in Fahrt kamen.

In diesem Zeitraum wurde Red Bull die Rechnung für den früheren Boxenstopp präsentiert: Perez musste mit den ungeliebten Mediums auf der Strecke ausharren. Er hatte auch nach dem Rennen wenig Verständnis für die Strategie seines Teams: "Unser Rennen ging nicht gegen Lewis. Wir stoppten etwas zu früh, wenn man bedenkt, wie stark der Reifenverschleiß war." Vor dem Stopp in Runde 45 hatte er 3,3 Sekunden Rückstand. Zu viel für einen Undercut.

Alonso vs. Perez: Topspeed ist die beste Verteidigung

Alonso deckte in Runde 46 ab: Das direkte Duell auf der Strecke war angerichtet. Dass der Red Bull schneller war, daran besteht kein Zweifel. Doch Alonso hatte an den richtigen Stellen noch genügend Power. Der ERS-Einsatz wurde perfekt an die entscheidenden Abschnitte verlagert, außerdem hatte Aston Martin ein Ass im Ärmel. "Sie fuhren heute mit sehr wenig Abtrieb und das scheint für sie funktioniert zu haben", stellte Red-Bull-Teamchef Christian Horner fest.

Red Bull hatte in diesem Jahr die Lehren aus 2022 gezogen und war mit mehr Flügel unterwegs. Alonso zog fahrerisch ebenfalls alle Register und variierte seine Linie, um für Perez unberechenbar zu sein. In Kurve 11 schaltete er einen Gang höher als der Red Bull hinter ihm. Gleichzeitig bremste er an der entscheidenden Stelle in Kurve 12 früher, um eine bessere Beschleunigungsphase zu erwischen. Perez war so auf Start-Ziel über weite Strecken machtlos.

Die eine Chance, die sich Perez dann in Runde 70 bot, nutzte er. Nur um dann auf der letzten Rennrunde ohne viel Not in Kurve 1 abzudecken und anschließend dadurch zu Kurve 4 leichte Beute für Alonso zu sein. Im Finale war das Team unschuldig am Positionsverlust. Ob man Perez durch einen längeren ersten Stint aber bessere Werkzeuge in die Hand gegeben hätte, um P3 einzufahren, steht auf einem anderen Blatt Papier.