Am Mittwoch könnte das Ergebnis eines Formel-1-Rennens der Saison 2023 bereits zum zweiten Mal nach dem Renntag verändert werden. Aston Martin hatte bereits am Montag nach dem Österreich Grand Prix mit einer sorgfältigen Auflistung von Überschreitungen der Track-Limits für nachträgliche Zeitstrafen gesorgt. Haas hat nun dasselbe mit dem Rennen in Austin vor. Der Unterschied ist aber: Der USA Grand Prix ist bereits mehr als zwei Wochen her. Seitdem wurde in Mexiko und Brasilien gefahren. Dennoch könnte das 'Right of Review' noch eine Veränderung des Ergebnisses herbeiführen. Änderungen der Wertung nach Tagen oder gar Wochen gab es in der Formel 1 schon öfter, doch dafür müssen wir einige Jahre zurückblicken.

San Marino 2005: BAR und der Zusatztank

Der San Marino Grand Prix in Imola aus dem Jahre 2005 ist vor allem aufgrund des legendären Duells um den Sieg zwischen Fernando Alonso und Michael Schumacher bekannt. Doch gab es noch eine andere Geschichte, die dieses Rennen schrieb. Die BAR-Piloten Jenson Button und Takuma Sato hatten das Rennen auf den Rängen 3 und 5 beendet, doch stimmte etwas mit ihren Autos nicht. Jenson Buttons Bolide war untergewichtig, was eine sofortige Disqualifikation bedeutet hätte. Doch da war mehr. Bei genauerer Untersuchung wurde klar: BAR nutze einen kleinen Extra-Benzintank von 11 Litern, wodurch das Auto auch untergewichtig hätte fahren können, ohne dass dies während des Rennens aufgefallen wäre.

Jenson Buttons BAR war in Imola mit einem nicht ganz legalen Trick unterwegs, Foto: Sutton
Jenson Buttons BAR war in Imola mit einem nicht ganz legalen Trick unterwegs, Foto: Sutton

Das Team argumentierte, dass es diesen Tank bräuchte, da sonst die Benzinpumpe nicht richtig funktioniere. Außerdem wurde behauptet, es sei nie untergewichtig gefahren, was natürlich unmöglich zu beweisen war. Die Stewards vor Ort akzeptierten diese Erklärung, die FIA kaufte es dem Rennstall aber nicht ab. Benzin als Ballast zu nutzen war in den technischen Regeln nicht erlaubt. Es ging an den Court of Appeal. Dort wurde zwei Wochen nach dem Rennen eine viel härtere Strafe als eine Disqualifikation ausgesprochen: Nicht nur Button, sondern auch Sato wurde aus der Wertung genommen, obwohl das Auto des Japaners nicht untergewichtig war. Dazu wurde BAR für die nächsten beiden Rennen gesperrt. Es hätte noch schlimmer kommen können. FIA-Präsident Max Mosley forderte sogar, dass das Team angesichts des Betrugsversuches von der gesamten Saison hätte ausgeschlossen werden sollen.

Brasilien 2003: Wer hat denn nun gewonnen?

In einem von Regenchaos bestimmten und letztendlich abgebrochenen Rennen in Sao Paulo wurde zunächst Kimi Räikkönen im McLaren als Sieger geehrt. Dennoch herrschte Konfusion darum, wann das Rennen genau abgebrochen wurde und wer zu diesem Zeitpunkt in Führung lag. Das Jordan-Team sah ihren Fahrer Giancarlo Fisichella als Sieger und protestierte. Auch Rennleiter Charlie Whiting kam die Zeitmessung spanisch vor und er startete eine interne Untersuchung. Am 11. April, fünf Tage nach dem Rennen, kam es zur Entscheidung des FIA-Gerichts in Paris. Fisichella wurde der Sieg zugesprochen, Räikkönen war nun Zweiter. Angesichts des Fehlers bei der Zeitmessung verzichtete McLaren auf einen Protest. Stattdessen gab es beim nächsten Rennen in Imola eine kleine Zeremonie bei der Räikkönen und Ron Dennis die Siegerpokale für Fahrer und Team an Fisichella und Eddie Jordan übergaben.

Am Tag des Rennens bekam Kimi Räikkönen den Siegerpokal, Foto: Sutton
Am Tag des Rennens bekam Kimi Räikkönen den Siegerpokal, Foto: Sutton

Malaysia 1999: Ferrari bekommt Doppelsieg und WM-Chance zurück

Beim Grand Prix von Malaysia sicherte sich Ferrari mit Eddie Irvine und Michael Schumacher, der nach Beinbruch zurückgekehrt war, einen Doppelsieg. Irvines Titelrivale Mika Häkkinen im McLaren wurde Dritter. Wenig später war er aber Sieger des Rennens. Ferrari wurde aufgrund illegaler Maße der Bargeboards disqualifiziert. Damit standen Häkkinen und McLaren als Titelgewinner fest. Ferrari protestierte gegen die Entscheidung und bekam den Doppelsieg sechs Tage nach dem Rennen zurück. Es wurde entschieden, die Maße seien innerhalb der erlaubten 5 Millimeter Toleranz gewesen. Irvine hatte so doch noch die Chance auf die Weltmeisterschaft, welche er im letzten Rennen dennoch gegen Häkkinen verlor. Die Konstrukteurswertung hingegen konnte Ferrari dank des erfolgreichen Protests für sich entscheiden.

In Sepang 1999 wurden die Ferraris zunächst als illegal eingestuft, Foto: LAT Images
In Sepang 1999 wurden die Ferraris zunächst als illegal eingestuft, Foto: LAT Images

Spanien 1976: Hunt erhält Sieg zurück und wird zum Titelkandidaten

James Hunt hatte sich am 2. Mai 1976 beim Spanien Grand Prix in Jarama souverän den ersten Saisonsieg gesichert, doch dieser hielt nicht lange. Nach dem Scrutineering wurde der Brite disqualifiziert und sein späterer Titelrivale Niki Lauda zum Sieger erklärt. Der Grund war einfach: Hunts McLaren war 1,5 Centimeter zu breit, ein klarer Regelverstoß. Ab 1. Mai war eine neue Regel in Kraft getreten, welche eine Maximalbreite vorschrieb.

McLaren wollte das nicht auf sich sitzen lassen und protestierte. Über zwei Monate später, am 5. Juli, entschied das Schiedsgericht erstaunlicherweise, dem Protest stattzugeben. 1,5 Centimeter wurden als eine 'minimale Überschreitung' beurteilt, heutzutage vollkommen undenkbar. Hunt erhielt den Sieg zurück und machte damit auf einen Schlag gewaltig auf Lauda gut. Er erhielt wieder 9 Punkte, während Lauda durch seine Zurückstufung auf Platz Zwei deren 3 verlor. Da der Brite am 4. Juli bereits den Frankreich GP bei gleichzeitigem Motorschadens Laudas gewann, machte er in nur zwei Tagen unglaubliche 21 Punkte auf den Österreicher gut.

James Hunts McLaren war zu breit, und dann wieder nicht, Foto: Sutton
James Hunts McLaren war zu breit, und dann wieder nicht, Foto: Sutton

Großbritannien 1976: Ferraris Retourkutsche gegen Hunt

Nur ein Rennen nach dem Frankreich GP wurde James Hunts Heimrennen am 18. Juli 1976 in Brand Hatch abgehalten. Der Brite gewann, doch hätte er eigentlich nicht mehr teilnehmen dürfen. Nach einem Startunfall wurde das Rennen abgebrochen. Die Stewarts stellten klar: Es würden keine Ersatzautos beim Restart erlaubt sein und die Fahrer müssten die erste Runde aus eigener Kraft beendet haben. Hunt hatte letzteres nicht geschafft und wurde von seiner Crew geschoben. Die McLaren-Mechaniker konnten sein Auto daraufhin reparieren. Die britischen Fans tobten und schrien laut: "We want Hunt!" Unter dem öffentlichen Druck gaben die Stewarts nach und erteilten dem Lokalmatadoren doch die Starterlaubnis.

Nach diesem Startcrash kam James Hunt nicht aus eigener Kraft zurück zum Restart, Foto: Sutton
Nach diesem Startcrash kam James Hunt nicht aus eigener Kraft zurück zum Restart, Foto: Sutton

Titelrivale Ferrari protestierte sofort. Beim heimischen Royal Automobile Club stieß die Scuderia damit wenig verwunderlich auf Ablehnung, also gingen die Italiener zur nächsthöchsten Instanz. Die FIA sollte nun über den Fall richten. Erst am 25. September, also erneut mehr als zwei Monate nach dem Rennen, kam es zu einer Entscheidung. Ferrari wurde rechtgegeben und Hunt für unerlaubte Hilfe von außen disqualifiziert. Diesmal war es Niki Lauda, der den Sieg von Hunt erbte und damit 12 Punkte auf seinen Titelrivalen gutmachte.