Das finale Austin-Ergebnis attestiert Max Verstappen einen Sieg um 10,730 Sekunden vor Lando Norris. Eigentlich hätte es dem Red Bull in Austin wirklich nicht so leicht gehen sollen. Doch Norris und Lewis Hamilton scheiterten im Rennen nicht unbedingt an Verstappen, sondern auch an sich selbst. Das bestätigt die Analyse.

Verstappen war ohne Zweifel schlagbar. Das begann am Freitag damit, dass Red Bull von der Intensität der sich von Jahr zu Jahr hier ändernden Bodenwellen überrascht wurde. Mit einem nicht optimalen Setup kam man aus dem ersten Training zurück, musste das Auto kurzfristig noch höher legen. Verstappen war besonders im zweiten Teil der S-Kurven zu Rundenbeginn das ganze Wochenende nie wirklich schnell.

Lewis Hamilton disqualifiziert! Was war am Mercedes illegal? (09:51 Min.)

Dazu kam eine unberechenbare Bremse, welche Verstappens Vertrauen beim Verzögern vom GP-Start weg unterminierte. Nichts war es daher mit einem Durch-das-Feld-Pflügen im ersten Stint. Norris kontrollierte den GP an der Spitze. Hamilton hatte sich bis Runde 6 an beiden Ferrari vorbeigearbeitet und lauerte nun mit zwei Sekunden Rückstand. Verstappen? Der hatte bis Runde 11 für die Ferrari gebraucht, ihm fehlten über 6 Sekunden auf Norris.

Hamilton: Disqualifikation garniert Mercedes' Pleiten-Strategie

Verstappens Start-Medium waren bereits nicht mehr in bestem Zustand, also ergriff die Strategie-Abteilung in Runde 16 mit einem frühen Undercut die Initiative. McLaren reagierte mit Norris in der Runde darauf und sicherte die Führung ab. Mercedes ignorierte dieses Treiben. Ein fataler Fehler.

"Wir wussten, wir würden nur drei weitere Runden brauchen, damit eine Einstopp funktioniert", erklärt Teamchef Toto Wolff. Die Strategie-Abteilung rechnete mit Optimismus und sah durch den frühen Verstappen-Stopp nun die Tür für die Einstopp aufgehen. Der Fahrer erlebte aber im Cockpit etwas anderes. Die Start-Medium näherten sich in Runde 18 einer echten Klippe. Und brachen dann innerhalb von nur zwei Runden massiv ein.

"Das wird schwierig", ahnte Hamilton in Runde 18 das Problem schon. In Runde 20 zog Mercedes die Reißleine. Verstappen hatte in nur drei fliegenden Runden 7,4 Sekunden aufgeholt. Der Mercedes kam hinter dem Red Bull wieder auf die Strecke und nie wieder vorbei. Ein strategisches Desaster, gesteht Wolff: "Der schlimmste Punkt zum Stopp, nicht optimiert für eine Einstopp, nicht optimiert für eine Zweistopp."

Die Gesamtzeit des Rennens zeigt auf, wie schwer der Fehler wog. In allen drei Stints war Hamilton eigentlich schneller als Verstappen. Über 48 der 56 Runden gewann er verteilt knapp 10 Sekunden: 3,8 im ersten Stint, 0,7 im zweiten und 5,4 im dritten. Aber durch zwei frühere Stopps exekutierte Verstappen zwei genickbrechende Undercuts. In nur sieben Runden fuhr er 11,9 Sekunden heraus, während Hamilton einmal vier, einmal drei Runden länger auf alten Reifen weiterfuhr. Der Mercedes kam 2,225 Sekunden hinter dem Red Bull ins Ziel.

Lando Norris: Falsche Reifen oder einfach zu langsam?

Lando Norris' Zeiten zeigen ein anderes Bild. Er war über die Distanz klar nur dritte Kraft, auch wenn er im ersten Stint die Pace vorne kontrollieren konnte. Dann aber kam der erste Stopp - und ab da fuhr Norris nur mehr Hard-Reifen. McLaren wählte einen anderen strategischen Zugang als die Konkurrenz, sparte nur einen neuen Medium und zwei neue Hard für das Rennen auf.

Alle Reifen-Strategien im Formel-1-Rennen von Austin
Alle Reifen-Strategien in Austin, Foto: Pirelli Sport

Mercedes und Red Bull fuhren zweimal Medium und einmal Hard. Wie 2022 - als Mercedes denselben Fehler gemacht hatte - war der Hard aber im Rennen nicht schnell. McLaren hatte jedoch zu viel Angst gehabt, nach sprintbedingt nur einem Training in eine Reifenfalle zu tappen, erklärt Teamchef Andrea Stella: "Wir wollten eine sichere Wahl treffen, und unser Auto funktioniert normalerweise gut auf härteren Mischungen."

"Rückblickend betrachtet können wir klar sagen, dass ein zweiter Medium ein besserer Rennreifen gewesen wäre", gesteht Stella. McLaren gab Norris mit dem Hard trotzdem grünes Licht, auf Sieg zu pushen: "Wir wollten einfach so schnell sein wie möglich, und schauen, ob die Reifen halten oder nicht." Das verlief sich im Nichts. Auf den schwächlichen Hards wurde Norris im Mittelstint von Verstappen überholt, im Schlussstint von Hamilton. Beide Male fuhren die Konkurrenten Medium.

Dem Reifen-Fehler zum Trotz sieht McLaren sich nicht als echter Siegkandidat. "Verstappens erster Stint lag hinter den Erwartungen, das ließ uns gut aussehen", meint Stella. "Das Ergebnis wäre denke ich nicht anders gewesen, Hamilton und Verstappen waren zu schnell für uns." Der MCL60 litt besonders durch die Haarnadel vor der langen Gerade auf den Bodenwellen zu stark, sowohl auf der Bremse als auch beim Beschleunigen.

Hamiltons Stärke vs. Disqualifikation

Wenn jemand hätte Verstappen schlagen sollen, dann war es also Hamilton. Das Gedankenspiel wurde wenige Stunden nach dem Rennen irrelevant, weil der Mercedes für zu starke Abnutzung der Unterboden-Planke disqualifiziert wurde. In Wahrheit war Verstappens Sieg also nie gefährdet. Seine Planke wurde ebenfalls gecheckt und für legal befunden. Nachdem Red Bull am Freitag noch das Auto höhergelegt hatte.

Bleibt noch eine Frage: Hätte Hamilton auch gewinnen können, wenn Mercedes das Auto etwas höher gelegt und damit die Disqualifikation verhindert hätte? Das Auto tiefer zu fahren bringt schließlich einen Performance-Vorteil, so viel ist klar. Immer wieder flirten die Teams hier deshalb mit dem Limit. Wie viel Rundenzeit aus diesem Vorteil entstand, lässt sich aber von außen nicht sagen.