Trotz Pech beim Boxenstopp - Max Verstappen drehte in Austin kurz vor Schluss einmal mehr das Rennen zu seinen Gunsten. Auf der Verliererseite steht nach dem USA-GP diesmal aber Mercedes. Lange schien Lewis Hamilton ein Siegkandidat zu sein, ehe er in den letzten zehn Runden von Verstappen eingeholt und überholt wurde.

Ein 11,13 Sekunden langer Boxenstopp hatte dem immer den Anschluss haltenden Hamilton eigentlich die Steilvorlage für den Sieg geliefert. Und es hätte womöglich sogar reichen können - wenn Mercedes nicht im Training eine falsche Reifen-Entscheidung getroffen hätte.

Mercedes spart in Austin falsche Reifen auf

Auf den letzten Kilometern in Austin hatten Hamilton und Verstappen im Rennen unterschiedliche Reifen. Verstappen war auf Medium, Hamilton auf Hard. "Lewis hatte ein Reifendefizit auf dem Hard, weil wir einfach keine Mediums mehr hatten", gesteht Teamchef Toto Wolff nach dem Rennen. Mercedes hatte aufs falsche Pferd gesetzt.

Dass die Reifen in Austin ein Schlüssel werden würden, das war am Freitag schon klar. Heiße Temperaturen und hohe Belastungen nahmen die von Pirelli mitgebrachte mittlere Reifenpalette C2, C3 und C4 hart ran. Eine Zweistopp-Strategie wurde als fix angesehen, der Soft als für das Rennen nutzlos.

Die Teams waren sich aber uneins, welche Reifen man für das Rennen aufsparen sollte. Bei Verstappen, Sergio Perez und Charles Leclerc entschied man, neben zwei Sätzen Hard auch zwei Sätze Medium in den Trainings nicht anzugreifen. Mercedes nahm ebenfalls zwei Hard mit, aber nur einen Medium. Damit war vorab Medium-Hard-Hard fast fix als Strategie.

Die für das Rennen verbleibenden Reifenmischungen in Austin, Foto: Pirelli
Die für das Rennen verbleibenden Reifenmischungen in Austin, Foto: Pirelli

Auf den ersten Blick kein Fehler. Die Trainings wurden bei 40 Grad Streckentemperatur gefahren, der Verschleiß war hoch. Doch als das Rennen kam, zogen erstmals an diesem Wochenende Wolken über den Circuit of the Americas, und die Asphalt-Temperatur war überwiegend in den mittleren Dreißigern zu finden. Fast alle starteten auf dem Medium, und beobachteten in den ersten zehn Runden schon einen geringeren Reifenverschleiß als erwartet.

Hamilton in Austin zur Rennmitte am stärksten

Hamilton konnte einen Großteil des Rennens den Anschluss an Verstappen halten. Auf dem Medium riss er zu Beginn 4,373 Sekunden Rückstand auf, doch zwei Safety Cars brachten die beiden, die jeweils für den Mittelstint auf Hard wechselten, nach dem ersten Stopp wieder dicht zusammen. Als das Rennen neu gestartet wurde, ließ sich der Mercedes auf dem Hard nicht mehr abschütteln.

Vorne kämpfte Verstappen außerdem mit Motor-Settings. In Runde 34 zog Mercedes die Undercut-Karte. Der Vorteil eines früheren Stopps war dank des noch immer hohen Verschleißes groß, es hätte vielleicht sogar ohne schlechtem Red-Bull-Stopp eng werden können. Aber Verstappen stand 11,13 Sekunden, das machte den Führungswechsel für Hamilton eine einfache Angelegenheit. Nun hatte er 6,134 Sekunden Vorsprung.

Alles im letzten Stint läuft gegen Hamilton

"An dem Punkt fühlte sich ein Sieg noch immer möglich an", meint Toto Wolff, auch wenn nun Mercedes mit Hard und Red Bull wieder mit dem besseren Medium unterwegs waren. Verstappen hatte nämlich obendrauf auch noch den zweiten Platz an Charles Leclerc verloren. Das gab Mercedes noch einmal Hoffnungen.

Die gefahrenen Strategien in Austin, Foto: Pirelli
Die gefahrenen Strategien in Austin, Foto: Pirelli

Auch, weil ein Überholmanöver den Medium mehr zusetzt. "Die Reifen laufen einfach richtig heiß, und sie sind auch neu, also müssen sie erst ins Fenster kommen", erklärt Verstappen. "Wenn du dann hinter einem Auto in den schnellen Kurven fährst, musst du immer ein bisschen mehr lenken, und das ist nicht gut für den Reifen."

Verstappens Glück war sein Topspeed-Vorteil gegenüber dem Ferrari. Nach drei Runden quetschte er sich an Leclerc vorbei, ohne die Reifen nachhaltig zu beschädigen: "Als ich vorbeikam, dachte ich, ich hätte die Reifen ein bisschen zu sehr kaputtgefahren, daher habe ich in den ersten Runden nicht wirklich so schnell zu Lewis aufgeschlossen wie ich wollte."

Aber der Medium erholte sich wieder. In den 20 Runden, die er brauchte, brachen Verstappens Rundenzeiten nicht ein. Sechs Runden vor Schluss kassierte er Hamilton, wieder stellte der Topspeed-Vorteil sicher, dass er nicht zu lange feststeckte. Hamiltons Bemühungen, im DRS-Fenster zu bleiben, führten zu nichts. Der Mercedes war in den letzten 20 Runden auf Hard einfach zu langsam.