Beim Formel-1-Rennen in Silverstone standen elf Teams am Start. Gefahren sind dann abzüglich des nur für Filmaufnahmen antretenden Teams von Brad Pitt nur zehn, aber ein echtes elftes Team in der Königsklasse könnte bald Realität werden. Andretti/Cadillac steht in den Startlöchern, Hitech hat sich ebenfalls offiziell beworben.

Bekanntermaßen nicht zur Freude der bestehenden Rennställe. Nicht nur wegen eines kleineren Anteiles am Gewinn des boomenden Formel-1-Marktes: Toto Wolff sieht Probleme bei der Sicherheit, Fred Vasseur Probleme bei der Sinnhaftigkeit.

Wolff: Qualifying schon jetzt gefährlich genug

"Wenn man sich die Qualifyings ansieht, geht es jetzt schon zu wie auf einer Go-Kart-Bahn. Alle fahren kreuz und quer und sich im Weg", wirft Toto Wolff einen neuen Faktor in die Team-Debatte. "Es entsteht ein Sicherheitsproblem. Wir haben einfach nicht die Logistik, um ein elftes Team unterzubringen."

Das Hollywood-Team der Formel 1 hätte in Silverstone genug Platz gehabt, auf kleineren Strecken stellt aber schon die Unterbringung ein Problem dar. "Unsere Position ist sehr klar: Kauf dich bei einem Team ein", so Wolff. Beispiel: Ford und Red Bull oder Audi und Sauber.

Ferrari und Mercedes: Elftes Formel-1-Team hat derzeit keinen Sinn

"Einmal muss ich Toto recht geben. Schaut euch einmal an, was letztens passiert ist. In Spielberg war es ein totales Chaos mit Track Limits. Stellt euch vor, wir hätten jetzt noch zehn Prozent mehr Verstöße", ist Fred Vasseur auch der Meinung, dass sich ein neues Team, wenn, einkaufen sollte.

Schon jetzt herrscht in der Formel 1 des Öfteren Verkehrschaos, Foto: LAT Images
Schon jetzt herrscht in der Formel 1 des Öfteren Verkehrschaos, Foto: LAT Images

"Wenn es einen großen Vorteil für alle Beteiligten bringt: Warum nicht? Aber heute sind wir noch nicht an diesem Punkt", meint der Ferrari-Teamchef. "Die bestehenden zehn Teams haben große Anstrengungen unternommen, um in der Startaufstellung zu stehen. Teilweise kämpften sie sogar ums Überleben. Wenn wir jetzt ein weiteres Team aufnehmen müssen, dann wirklich nur aus sehr guten Gründen."

Max Verstappen als Gegenargument für neues Team

Kein sehr guter Grund ist die Nationalität. Andretti und Cadillac präsentieren sich bewusst als "All-American"-Team, um den amerikanischen Markt zu bedienen. "Wir reden sehr oft über die Nationalität von einem Team, aber für mich spielt das überhaupt keine Rolle", so Vasseur. "Die Formel 1 ist keine britische Meisterschaft, nur weil 70 Prozent der Teams ihren Standort in Großbritannien haben."

Außerdem hat die USA mit Haas bereits ein amerikanisches Team. "Die Attraktivität der Formel 1 ist viel mehr durch die Nationalität der Fahrer bestimmt, nicht durch die der Teams", so Vasseur. Bestes Beispiel: Max Verstappen. "Schaut euch an, was in den Niederlanden passiert. Sie haben kein Team, sie haben Max!"

Verstappen-Mania in Zandvoort, Foto: LAT Images
Verstappen-Mania in Zandvoort, Foto: LAT Images

Toto Wolff mehr Amerikanisierung der Formel 1

"Es gibt keine große Sportliga in der Welt, sei es eine nationale Fußballmeisterschaft, die Champions League, die NBA, die NFL oder die NHL, in der so eine Situation möglich wäre", meint Toto Wolff. "Du kannst nicht einfach sagen: Ich stelle jetzt ein Team auf und steige ein. Vielen Dank, und nebenbei gebt mir bitte meinen Anteil am Preisgeld."

Natürlich erhalten die Teams nicht den vollen Einblick in die neuen Bewerbungen. Aber das, was Mercedes und Co. gesehen haben, war bisher nicht zufriedenstellend. "Du kannst in keiner Liga einfach die Teilnehmerzahl erhöhen", sieht Toto Wolff die Gefahr einer Verwässerung.

Wolff: Qualifying nicht nur für Fahrer, auch für neue Teams

"Man sollte etwas leisten müssen, um sich zu qualifizieren. Man sollte durch die verschiedenen Ligen laufen und dasselbe Engagement für die Formel 1 zeigen, das wir über viele Jahre hinweg geleistet haben", so der Mercedes-Teamchef. Und die 200 Millionen Dollar Einschreibegebühr sind sowieso viel zu wenig.

Toto Wolff wünscht sich etwas mehr NFL in der Formel 1, Foto: LAT Images
Toto Wolff wünscht sich etwas mehr NFL in der Formel 1, Foto: LAT Images

Ein Abstiegsmodell wie beim Fußball sieht Toto Wolff nicht als Lösung, sondern sucht Inspiration bei den US-Sportarten. "Wenn in der NFL jeder einem Neuzugang zustimmt, aus den richtigen Gründen, mit der richtigen Teamführung und so weiter, dann wird das Team zugelassen", meint Wolff. "Das ist in fast allen amerikanischen Profi-Ligen so. Wir sind auch ein Franchise-Unternehmen, deswegen würde ich das genauso handhaben."

Formel-1-Einstieg mit Hindernissen

Toto Wolff und Fred Vasseur sind nicht allein mit dieser Meinung. Einem neuen Team schlägt von (fast) allen Seiten, mit Ausnahme von Zak Brown, Gegenwind entgegen. "GM ist eine großartige Marke, aber was ist ihr Plan?", wundert sich etwa auch Christian Horner. Ford hingegen hätte eine klare Rolle, und präsentiert sich nicht als Formel-1-Neuzugang.

Offiziell sind von der Formel 1 zwei zusätzliche Startplätze ab 2025 oder später ausgeschrieben. Neben GM und Hitech bekundeten Ex-BAR-Teamchef Craig Pollock mit seinem 'Formula Equal'-Projekt, das zu gleichen Teilen aus Frauen und Männern bestehen soll, und das asiatisch-amerikanische Team 'Lky Sunz' Interesse.

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