Monaco. Erste Runde des Rennens. Nico Hülkenberg drückt sich in Kurve 5, Mirabeau, mit Gewalt vorbei an Logan Sargeant, und touchiert in Kurve 6, Mirabeau, noch das Heck von Alex Albon. Ein paar Minuten später sprechen die Stewards fünf Strafsekunden aus. Das macht Haas-Teamchef Günther Steiner fuchsteufelswild. Am Donnerstag in Barcelona hält er eine fast zehnminütige Wutrede.

Die Stewards-Entscheidung - Dokument 49 des Monaco-Wochenendes - beantwortet mehrere Fragen nicht. In einem kurzen Absatz beschreibt sie vage den Zwischenfall mit Sargeant in Kurve 5, ohne Fahrer oder Nummer zu nennen, spricht aber von Kurve 6, und von einer verursachten Kollision. Ein Blick auf die Onboard lässt weiter zweifeln. Hülkenberg, der am Einlenkpunkt schon vorbei war, touchierte den ausweichenden Sargeant maximal leicht.

Steiner wütend: Wo ist die Kollision?

Ein aggressives, aber faires Manöver, findet Steiner: "Mir wurde gesagt, auf dem Video sei eine Kollision zu erkennen, und ich habe zahlreiche Bilder gesehen, und ich kann keine Kollision sehen!" In Barcelona zeigt er auch Motorsport-Magazin.com die Bilder, die ihm die FIA nach einem E-Mail-Austausch zukommen ließ. Es sind Bilder von Mirabeau, Kurve 5. Eine Kollision ist darauf nicht eindeutig auszumachen.

"Wenn eine Kollision eine Attacke ist, auf die jemand reagiert - warum würdest du dafür eine Strafe geben?", sagt Steiner und fügt sarkastisch an: "Wenn du jemanden in einen Fehler treibst, wäre das auch illegal? Ich verstehe das nicht." Für ihn ist es, als ob die Stewards in Monaco nach dem Prinzip "schuldig bis zum Beweis der Unschuld" agiert hätten.

Der entscheidende Moment zwischen Hülkenberg und Sargeant in Mirabeau, Foto: LAT Images
Der entscheidende Moment zwischen Hülkenberg und Sargeant in Mirabeau, Foto: LAT Images

"Das ist denke ich komplett falsch", lautet Steiners Fazit. "Es ist Runde eins, es gibt keine Kollision. Was sollen wir letztendlich machen? Eine Parade? Das ist Monaco!" Er zitiert aus dem restlichen Rennverlauf. Als Carlos Sainz eine erfolglose Attacke gegen Esteban Ocon in der Hafenschikane ritt, touchierte der Ferrari das Hinterrad des Alpine. Teile flogen. Die Stewards griffen nicht ein. Die Rennleitung zeigte nur eine schwarz-weiße Verwarnungsflagge.

Laien! Steiner hat genug von Formel-1-Stewards

Für Steiner ist die Hülkenberg-Strafe symbolisch für ein schon lange gärendes Problem der Formel 1 mit den Stewards. Die "Schiedsrichter" des Sportes sind bei jedem Rennen vier aus einem rotierenden Pool an Motorsport-Offiziellen und ehemaligen Rennfahrern. Es sind keine Vollzeit-Angestellte der obersten Regelbehörde FIA.

In Steiners Augen ist es an der Zeit, damit aufzuräumen. Es geht ihm nicht um Einzelpersonen, sondern um das große Ganze: "Jeder Profi-Sport hat Profis, die Schiedsrichter sind. Die Formel 1 ist eine der größten Sportserien der Welt, und wir haben Laien, die über das Schicksal von Leuten entscheiden, die Millionen investieren! Und es ist immer eine Diskussion, weil es nie Konstanz gibt."

Steiner streicht hervor, wie oft das schon der Fall war. Etwa mit dem Startunfall von Miami, als Nyck de Vries Lando Norris ins Heck fuhr, oder beim letzten Restart von Australien, wo Sargeant das Gleiche mit de Vries machte. Beide Fälle endeten ohne Strafen. Es ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit: "Niemand hat so viele Probleme wie wir! Ich glaube nicht, dass es noch einen Sport gibt, wo das immer Thema ist."

Steiner will Formel 1 mit Profi-Stewards

Die logische Konsequenz ist das Einführen einer kleinen Auswahl an Vollzeit-Stewards, die von der FIA beschäftigt werden. Die FIA argumentierte in der Vergangenheit dagegen, dass die Stewards unabhängig vom Verband agieren sollen, und daher keine Angestellten sein sollten. Nicht logisch für Steiner: "Kannst du unabhängig sein, wenn du angestellt bist? Ja. Ist der Rennleiter angestellt? Ja. Warum geht es bei ihm, aber nicht bei den Stewards?"

Eine gewisse Resignation schwingt dennoch mit. Steiner weiß, das Thema müsste in einem Meeting der Formel-1-Kommission auf den Tisch. Dort sitzen Teams, FIA und Kommerzieller Rechteinhaber zusammen und beschließen Regeländerungen. Problem nur: "Wir haben es vor Jahren schon erwähnt. Nicht in der jüngeren Vergangenheit, natürlich, wenn sie dir dreimal 'Nein' sagen."

Steiner hofft trotzdem auf Änderungen. Eigentlich sind die für ihn ein Muss: "Kannst du dir vorstellen, wenn du in den Punkten bist und so eine Strafe bekommst. Das könnte deinen WM-Platz am Jahresende bestimmen. Ohne dass du etwas falsch gemacht hättest. Das ist ziemlich enttäuschend."

Formel 1 Barcelona 2023: Der Zeitplan

Freitag:
13:30 Uhr - 14:30 Uhr: 1. Freies Training (LIVE: Sky, F1 TV Pro, ORF 1)
17:00 Uhr - 18:00 Uhr: 2. Freies Training (LIVE: Sky, F1 TV Pro, ORF 1)

Samstag:
12:30 Uhr - 13:30 Uhr: 3. Freies Training (LIVE: Sky, F1 TV Pro, ORF 1)
16:00 Uhr - 17.00 Uhr: Qualifying (LIVE: Sky, F1 TV Pro, ORF 1, SRF2)

Sonntag:
15:00 Uhr: Rennen (LIVE: Sky, Sky.de, Sky Youtube-Kanal, F1 TV Pro, ORF 1, SRF2)
19:00 Uhr - 20:00 Uhr: Highlights (Sport1)

Alle Infos zu den TV-Übertragungen zur Formel 1 von Sky, ORF und Co. gibt es hier im kompletten TV-Zeitplan.