Normalerweise erlebt man beim Monaco Grand Prix der Formel 1 keine starken Positionswechsel. Zu eng sind die Straßen und zu breit sind mittlerweile die Autos. Dennoch kamen die beiden Ferrari-Fahrer Charles Leclerc und Carlos Sainz beim vergangenen Rennen im Fürstentum trotz der Startplätze drei und fünf nur auf den Rängen sechs und acht ins Ziel. Es war ein enttäuschendes Wochenende für die Scuderia, vor allem für Sainz, der mit dem Verlauf seines Rennens alles andere als zufrieden war.

Für das schwache Resultat hatte der Spanier noch während des Rennens schnell die Schuldigen gefunden: Die Strategen seines Teams. Als Sainz nach seinem Boxenstopp weiterhin hinter dem vermeintlich langsameren Esteban Ocon herauskam, an dem er bereits vorher keinen Weg vorbei finden konnte, ließ er seiner Frustration am Funk freien Lauf. "Das ist genau das, worüber wir gesprochen haben", sagte Sainz. Auf die Erklärung, dass man den Stopp vornahm, um nicht hinter den in der vorigen Runde an die Box gefahrenen Lewis Hamilton zurückzufallen, entgegnete Sainz wütend: "Hamilton ist mir egal, ich war schnell!"

Monaco-Strategie: Fehler von Ferrari?

Die Strategie-Abteilung von Ferrari war bereits in der Saison 2022 oftmals kritisiert worden. Trotz Performance-Vorteil gegenüber Red Bull, vor allem am Anfang der Saison, waren es oftmals fragwürdige Strategieentscheidungen, die die Scuderia um ein besseres Resultat brachten. Der neue Teamchef Fred Vasseur hatte vor der Saison zwar angekündigt, keinen Rundumschlag beim Personal vornehmen zu wollen, stellte Ende Februar aber die Strategieabteilung des Teams um. Der ehemalige Chef-Stratege Inaki Rueda musste seinen Platz am Kommandostand räumen und wurde zurück in die Fabrik nach Maranello versetzt. Für ihn übernahm für Ravin Jain, der zuvor seit 2017 als Strategie-Ingenieur fungierte.

Für Vasseur war die Entscheidung, Sainz eine Runde nach Ocon zum Boxenstopp zu rufen und nicht in freier Fahrt fahren zu lassen, kein Fehler. "Der wichtigste und schwerste Teil meines Jobs ist zu bewerten, was ein Fehler ist und was nicht. Es gab einige Beschwerden während des Rennens wegen der Strategie, aber ein Fehler war es nicht. Wir wollten uns bei den ersten Boxenstopps vor Hamilton schützen und ich glaube, das war eine gute Entscheidung. Wir haben das mit Carlos besprochen und uns mit ihm darauf geeinigt.", sagte der Franzose.

Nicht bei Sainz, dafür aber bei Leclerc: Vasseur räumt Fehler ein

Bei Charles Leclerc hingegen gab Vasseur Fehler im Qualifying am Samstag zu. Der Monegasse wurde im letzten Abschnitt der Qualifikation zu spät von seinem Renningenieur vor dem heranrauschenden Lando Norris gewarnt und blockierte diesen dadurch auf seiner schnellen Runde im Bereich der Tunnelsektion. Der McLaren-Pilot musste seine Runde abbrechen und das Qualifying auf Platz 10 beenden. Der durchaus nicht ungefährliche Zwischenfall wurde von den Stewards untersucht und resultierte in einer Strafversetzung um drei Startplätze für Leclerc, der dadurch von Platz 3 auf Platz 6 zurückfiel.

"Ein richtiger Fehler war der Samstag. Das war nicht nur eine Frage der Kommunikation, sondern auch der Konzentration. Wir müssen die Gruppenkommunikation der Ingenieure verbessern. Allerdings können wir nicht zwei Ingenieure für ein Auto zuweisen, das wäre ein Albtraum. Auch müssen wir verstehen, was wir in Monaco falsch gemacht haben, um für die zukünftigen normalen Rennen lernen zu können. Mein Job ist es zu handeln und Entscheidungen zu treffen, wenn ich der Überzeugung bin, dass wir in einem Bereich Schwächen haben, aber wir sind noch in einer frühen Phase der Saison. Am Samstag haben wir aber einen klaren Fehler gemacht", analysierte Vasseur.

Ferrari: Wollen uns nicht gegenseitig beschuldigen

Dem am Anfang der Saison 2023 von Alfa Romeo zu Ferrari gewechselten Teamchef ist es wichtig, in seinem neuen Team keine Kultur entstehen zu lassen, bei der sich das Team gegenseitig beschuldigt. "Wir haben diesen Fehler als Team begangen. Ich weiß, wie viel Arbeit die Fahrer in das Qualifying stecken, also habe ich mich bei Charles entschuldigt. Wenn Charles einen Fehler macht, ist er der Erste der das im Briefing zugibt. Aber es geht nicht darum, sich zu entschuldigen, sondern als Team Risiken einzugehen, Einschätzungen vorzunehmen und zusammen in die gleiche Richtung zu arbeiten. Wenn wir das machen, bin ich überzeugt davon, dass wir uns verbessern werden", erklärte Vasseur.

Noch nach dem Rennen ruderte auch Carlos Sainz mit seiner Kritik am Team zurück. "Monaco ist in erster Linie eine Art Lotterie, und heute war es für alle eine Art Lotterie", sagte er nach dem Rennen. "Wahrscheinlich habe ich einfach das Schlimmste abbekommen. "Der erste Boxenstopp ist fragwürdig. Ich werde ihn mir noch einmal ansehen, denn offensichtlich war ich auf der In-Lap sehr schnell und hatte das Gefühl, dass ich noch Rundenzeit hatte, um in saubere Luft zu kommen. Ich hatte das ganze Reifenmanagement gemacht. Dann plötzlich an die Box zu kommen, hat mich frustriert. Aber ich hätte es erst einmal nicht über den Funk zeigen sollen", fasste der Spanier zusammen.