Die Formel 1 hat das Feld für die Saison 2023 beinahe komplettiert. Sogar bei Williams sind vor dem Brasilien-GP beide Cockpits besetzt - zumindest sofern das Formel-2-Finale in Abu Dhabi nicht komplett aus dem Ruder läuft. Bei Haas steht die Entscheidung aber noch aus.

Mick Schumacher bangt schon seit Monaten um sein Cockpit bei dem US-amerikanischen F1-Team, Nico Hülkenberg wird als Ersatzmann gehandelt. Teamchef Günther Steiner kündigte an, dass eine Entscheidung vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi fallen wird. Beim Rennwochenende der Formel 1 in Brasilien hüllte man sich allerdings noch in Schweigen. Wie ist die Ausgangslage der beiden Top-Kandidaten?

Formel 1 2023: Warum Mick Schumacher das Haas-Cockpit erhält

Mick Schumacher hat zwei Jahre bei Haas Erfahrung sammeln können. Nachdem seine Debütsaison in der Formel 1 unter äußerst schwierigen Bedingungen mit einem unterlegenen Boliden und einer umstrittenen Teamstruktur über die Bühne ging, zeigte er 2022 zweifelsohne eine Entwicklung zum Besseren.

Seine ersten Punkte in der Königsklasse sammelte Schumacher beim Großbritannien-GP im Juli, eine Woche später kamen acht weitere Zähler beim Formel-1-Rennen in Österreich dazu. Seitdem steht bei ihm der Nuller, was vor allem an der nachlassenden Performance des Haas VF-22 liegt. Im direkten Vergleich war er an seinem Teamkollegen Kevin Magnussen seit den Sommermonaten sowohl auf eine Runde als auch im Renntrimm viel näher dran als noch zu Saisonbeginn.

Das bedeutendste Argument für Schumacher ist demnach seine Leistungskurve. Auch in den Nachwuchsserien benötigte Mick meist eine zweite Saison, bevor er sich akklimatisierte. In der Formel 1 machte sich 2022 trotz der Leistungssteigerung noch nicht ein durchschlagender Erfolg bemerkbar.

Stattdessen konnte er seine Fehlerserie auch in dieser Saison nicht beenden. Zu zwei schweren und kostspieligen Abflügen in Saudi-Arabien und Monaco kam im Herbst auch noch ein peinlicher Unfall nach dem Ende von FP1 beim Großen Preis von Japan dazu.

Diese Abflüge sorgten auch teamintern für viel Kritik an Schumacher, die noch immer nachhallt. Team-Eigentümer Gene Haas sagte noch im Oktober: "Er kostet ein Vermögen und hat einen Haufen Autos geschrottet, was uns viel Geld gekostet hat."

Formel 1 2023: Warum Nico Hülkenberg das Haas-Cockpit erhält

Genau dieser Faktor spielt Nico Hülkenberg in die Karten. Der Aston-Martin-Ersatzfahrer, der in seiner bislang 184 Rennen andauernden Formel-1-Karriere für vier verschiedene Teams an den Start ging, blieb in der Königsklasse auch nicht fehlerfrei. Doch er hatte nie den Ruf eines Crash-Piloten inne.

Mit Hülkenberg wüsste man bei Haas ganz genau, was man hat. Ein Fahrer, der, wenn es Punkte zu holen gibt, diese Punkte auch mitnimmt. Dass er aus dem Stand wieder auf Formel-1-Niveau abliefern kann, bewies der Routinier 2020 und 2022 bei Racing Point beziehungsweise Aston Martin, als er kurzfristig als Ersatz einspringen musste.

Nico Hülkenberg startete in der Formel 1 für vier verschiedenen Teams: Bei Haas stand er noch nicht unter Vertrag, Foto: LAT Images
Nico Hülkenberg startete in der Formel 1 für vier verschiedenen Teams: Bei Haas stand er noch nicht unter Vertrag, Foto: LAT Images

Der Emmericher ist zwar immer noch mit dem Schandfleck behaftet, dass er in seiner gesamten Formel-1-Karriere noch kein einziges Podium einfahren konnte, doch abgesehen davon ist sein Status als solider Punktefahrer noch immer intakt. Damit passt er zu Kevin Magnussen, der sich in der Formel 1 nach vielen Vorschusslorbeeren in eine ähnliche Rolle als Mittelfeld-Pilot befördert hat.

Das ist aber auch seine größte Schwäche. Denn im Alter von 35 Jahren erwartet keiner mehr eine Leistungsexplosion von Hülkenberg. Vielmehr ist das Maximum, auf das Haas bei ihm hoffen kann, dass er auf ähnlichem Niveau performt wie noch 2019. Nach einer dreijährigen Pause aus der Königsklasse - mit Ausnahme einiger Ersatzstarts - ist auch das keine Selbstverständlichkeit mehr.

Formel 1: Welche Alternativen hat Haas?

Welche Faktoren am Ende für die Entscheidung über die Fahrerpaarung von Haas 2023 bestimmend sein werden? In den nächsten Tagen wird sich diese Frage wohl beantworten. Auch wenn Schumacher und Hülkenberg Favoriten auf das Cockpit in Kannapolis sind: Es ist nicht vollkommen ausgeschlossen, dass ein Außenseiter das Rennen macht. Antonio Giovinazzi versuchte sich unter anderem durch zwei FP1-Einsätze in Position zu bringen. Wie gut seine Karten nach dem Trainings-Unfall in Austin sind, sei allerdings dahingestellt.