Sauber ist mittlerweile seit fast 30 Jahren in der Formel 1 und damit nach den großen drei Traditionsteams von Ferrari, McLaren und Williams der älteste Rennstall der Königsklasse. Weltmeistertitel und Siege, von einem einzigen Triumph unter BMW-Flagge 2008 einmal abgesehen, können die Schweizer aber im Gegensatz zu den drei zuvor genannten nicht vorweisen.

Der Grund für das Mittelfelddasein der Schweizer ist für Teamchef Frederic Vasseur klar: "Die Formel 1 hat in den letzten 10 Jahren einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht, und heute als unabhängiges Team zu bestehen, ist aus meiner Sicht ziemlich unmöglich." Seit den BMW-Jahren zwischen 2006 und 2009 war die Truppe aus Hinwil immer unabhängig, kam dadurch aber auch nicht mehr in den finanziellen und technischen Genuss einer Werksunterstützung. Der Name Alfa Romeo, unter dem das Team seit 2019 und noch bis Ende 2023 an den Start geht, beruht nur auf einem Sponsorenvertrag.

Daher ist der Franzose auch überglücklich, dass Sauber der neue Werkspartner Audis beim Formel-1-Einstieg der VW-Tochter 2026 sein wird: "Es war wahrscheinlich die beste Option, die wir wählen konnten, und ich bin mehr als glücklich, diese Art von Vertrag für die Zukunft zu haben." Der 54-Jährige betonte vor allem die mittel- bis langfristige Bedeutung des Werksvertrages: "Kurzfristig gesehen wird es keine großen Auswirkungen haben, außer dass wir wissen, dass wir den nächsten Schritt machen können und dass es eine große Chance ist, neue Mitarbeiter zu gewinnen und auch für die Sponsoren in Zukunft attraktiver zu sein. Aber mittelfristig ist es sicher ein Game-Changer, weil wir diese Art von Partnerschaft haben werden."

Vasseur stellte erneut klar, dass das Projekt zweigleisig ist: "Zunächst einmal werden wir den Betrieb komplett aufteilen. Sie werden für den Motor in Neuburg [an der Donau, Anm. d. Red.] verantwortlich sein und das Team wird sich um das Chassis und den Betrieb auf der Strecke von Hinwil aus kümmern, das ist klar." Audi wird dabei zunächst 25 Prozent der Anteile von Sauber Motorsport übernehmen und diese dann später zu einem Mehrheitsanteil von 75 Prozent aufstocken. Ein Prozess, der bei einem börsennotierten Unternehmen jedoch einiges an Zeit in Anspruch nehmen wird.

Beim letzten Werksdeal mit BMW gab es einen Sieg: Robert Kubica in Kanada 2008, Foto: Sutton
Beim letzten Werksdeal mit BMW gab es einen Sieg: Robert Kubica in Kanada 2008, Foto: Sutton

Keine Audi-Ingenieure in Hinwil, 3 Jahre Aufbau-Zeit

Trotz der sich verändernden Besitzstrukturen wird Sauber die Vorbereitung auf das Werksdebüt 2026 technisch betrachtet selbst in Angriff nehmen müssen: "Wir werden kein Audi-Personal für das Team und den Werksbetrieb haben, aber wir wissen, dass wir drei Jahre Zeit haben, etwas aufzubauen. Wir wissen, dass wir drei Jahre haben, um das Budget zu erhöhen und die Kostenobergrenze zu erreichen, um viel zu arbeiten, um die Einrichtungen zu verbessern und so weiter "

Dieser Aufbau ist auch bitter nötig, denn das Team hinkt im Vergleich zu den Großen der Branche trotz Budget-Cap hinterher. Vasseur schöpft Motivation aus der neuen Finanzkraft, die Audi mitbringen wird: "Die Leistung kommt von überall her. Es ist nie ein einzelnes Gebiet. Das bedeutet, dass wir wissen, dass wir von der Mitarbeiterzahl her viel zu klein sind. Wir sind heute etwa 500 Mitarbeiter, während einige andere Teams um uns herum vielleicht 200 Mitarbeiter mehr haben. Sicherlich müssen wir einen Schritt nach vorne machen, aber wir haben auch drei Jahre Zeit dafür, und es wird eine Herausforderung sein, aber ich denke, die Herausforderung ist sehr positiv. Wenn man das Licht am Ende des Tunnels sieht und weiß, dass man sich verbessern muss und die Mittel dazu hat, ist das eine gute Herausforderung, und das ist die beste Motivation für alle im Unternehmen."

Sauber-Werk muss schon vor 2026 aufgerüstet sein

Noch hat das Team allerdings nicht einmal genug Budget, um die Kostengrenze auszureizen. Doch auch über den täglichen Betrieb hinaus müssen so früh wie möglich Investitionen in den Standort Hinwil getätigt werden, um einen guten Start im Jahr 2026 vorzubereiten. Zwischen den Jahren 2009 und 2016 wurde bei Sauber beispielsweise aufgrund klammer Kassen gar nichts in Infrastruktur investiert. Hier wird es die Audi-Millionen brauchen. Besonders die Prüfstände im Werk sind veraltet, dort besteht bereits bevor 2026 die ersten Audi-Motoren aufheulen dringend Handlungsbedarf.

Die Sauber-Fabrik in Hinwil braucht wie der C42 mehr Updates, Foto: Sauber
Die Sauber-Fabrik in Hinwil braucht wie der C42 mehr Updates, Foto: Sauber

Bis zum Beginn des Werksengagements werden die Sauber-Boliden noch mit Ferrari-Power angetrieben. Das langjährige Kundenteam der Scuderia tat gut daran, einen Motorenvertrag bis zum Ende der aktuellen Regelperiode und nicht bis zu einem festen Datum abzuschließen. Die Verschiebung der neuen Motorengeneration von 2025 auf 2026 verursachte daher kein Problem. Kein Problem gibt es wohl auch seitens Ferrari. Die Italiener liefern Sauber einen versiegelten Motor, der in Hinwil nur als Komplettpaket eingebaut wird. Dass Ferraris Know-How über eine schweizerische Umgehungsstraße zu Audi transferiert werden könnte, steht also aus Maranellos Sicht nicht zu befürchten.

Fred Vasseur freut sich auf Audi, Foto: Alfa Romeo
Fred Vasseur freut sich auf Audi, Foto: Alfa Romeo

Neuer Titelsponsor für Sauber möglich

So groß auch die Vorfreude auf das Audi-Engagement ist und wie groß auch die Investitionen für einen Angriff auf die F1-Spitze noch sein müssen, so will Vasseur die nächsten Jahre keineswegs als Übergangszeit sportlich abschenken: "Ich möchte den Weg der nächsten zwei Jahre nicht aus den Augen verlieren, denn der beste Weg, die Zukunft vorzubereiten, besteht darin, Leistung zu bringen, und ich möchte das Team motiviert halten und mich auf die Jahre 2023, 2024 und 2025 konzentrieren."

Unter welchem Namen Sauber ab 2024 antreten wird ist jedoch noch unklar, denn Vasseur kann sich einen erneuten Deal à la Alfa Romeo vorstellen: "Wir müssen den Namen des Teams, der der Titelsponsor sein könnte, und den Namen des Unternehmens trennen. Der Name des Unternehmens wird Sauber bleiben. Der Name des Chassis wird Sauber bleiben, aber wir könnten einen Titelsponsor haben, der kommt."