Am Samstag vor dem USA GP musste sich Christian Horner erstmals öffentlich äußern, nachdem die FIA offiziell verkündet hatte, dass Red Bull in der Formel-1-Saison 2021 zu viel Geld ausgegeben hat. Die Diskussionen rund um Red Bulls Vergehen beim Budget Cap bestimmen schon das ganze Wochenende in Austin, doch Aussagen der Beteiligten gab es bislang noch nicht.

Entsprechend wurde die FIA-Pressekonferenz am Samstagmorgen mit Spannung erwartet. Christian Horner sollte eigentlich neben Ferrari-Teamchef Mattia Binotto und McLaren-Boss Zak Brown sprechen, Binotto ließ sich allerdings krankheitsbedingt entschuldigen. Stattdessen komplettierte Williams-Teamchef Jost Capito das illustre Trio.

Weil Brown nach Bekanntgabe der FIA-Ergebnisse einen Brief an die Behörde und an die Teams schickte, in dem er harte Strafen für die Überschreitung der Budgetobergrenze forderte, herrschte zwischen dem McLaren-Boss und dem Red-Bull-Teamchef nun Eiszeit.

Brown-Brief an die FIA: Horner eskaliert

"Wir haben Zaks Brief gelesen, auch wenn er nicht an uns ging", erklärte Horner. "Es ist sehr enttäuschend, dass dir ein Konkurrent Betrug vorwirft. Es ist absolut schockierend, dass ein Konkurrent, ohne das Hintergrundwissen und ohne die Fakten zu kennen, diese Anschuldigungen macht."

Obwohl Red Bull im Visier der FIA ist, nahm Horner öffentlich die Opferrolle ein: "Seit in Singapur die Anschuldigungen in der Welt sind, sitzen wir auf der Anklagebank und sehen uns öffentlichen Anschuldigungen über Betrug ausgesetzt. Die Zahlen, die in den Medien kursieren, sind weit von der Realität entfernt. Unsere Marke, unsere Partner, unsere Fahrer und unsere Mitarbeiter werden dadurch geschädigt."

Zak Brown stand ebenfalls in der Austin-Pressekonferenz Rede und Antwort, Foto: LAT Images
Zak Brown stand ebenfalls in der Austin-Pressekonferenz Rede und Antwort, Foto: LAT Images

"In einer Zeit, in der psychische Gesundheit so wichtig ist, sehen wir signifikante Probleme bei unseren Mitarbeitern", erzählte Horner. "Ihre Kinder werden auf dem Spielplatz gehänselt. Das ist nicht richtig. Und das nur durch fälschliche Anschuldigungen anderer Teams. Du kannst nicht rumgehen und ohne Fakten solche Dinge erzählen."

Brown wollte diese Anschuldigungen nicht auf sich sitzen lassen: "Ich habe der FIA in meinem Brief lediglich meine Meinung gesagt, wie man bei einem Vergehen vorgehen sollte. Ob sich jemand nicht an die Regeln gehalten hat, muss die FIA entscheiden."

Red-Bull-Strafe noch am Austin-Wochenende?

Die Entscheidung, dass Red Bull zu viel Geld ausgegeben hat, steht bereits - das Strafmaß nicht. In Austin wird hinter verschlossenen Türen pausenlos verhandelt. Am Freitag unterbreitete Horner FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem einen Gegenvorschlag: "Es gibt die Möglichkeit, in dem Prozess mit der FIA zu diskutieren und seine Position zu erklären. In diesem Prozess sind wir seit etwa zehn Tagen und es geht hin und her."

Red Bull will nun eine schnelle Lösung: "Wir wollten es vor diesem Wochenende abgeschlossen haben, jetzt wollen wir es während des Wochenendes schaffen. Wir wollen nicht, dass sich der Prozess sechs bis neun Monate zieht, wir wollen 2021 abschließen."

Das bedeutet konkret, dass Red Bull mit der FIA an einem Accepted Breach Agreement, einem sogenannten ABA arbeitet. Ein Punktabzug und eine Verringerung des Cost Caps für die Zukunft sind damit vom Tisch. Gerüchte im Fahrerlager besagen, dass die FIA eine Geldstrafe und eine Reduktion der Aerodynamik-Entwicklungskapazitäten angeboten hat. Horner kommentierte das nicht.

Formel 1 Rennleiter raus! FIA zieht personelle Konsequenzen: (09:51 Min.)

Gleichzeitig kündigte er aber an: "Wenn der Prozess vorbei ist, werden wir alles erklären. Es wird transparent sein, es gibt keinen geheimen Deal - es ist anders als in früheren Situationen." 2019, nachdem es Unregelmäßigkeiten am Ferrari-Motor gegeben hatte, lösten die Beteiligten das hinter verschlossenen Türen.

Horner rechnet vor: So wenig verbraucht Red Bull 2022

Schon jetzt beschwörte Horner aber gebetsmühlenartig: "Was sind relevante Kosten? Wir sind mit unseren relevanten Kosten unter der Grenze. Aber da kommen dann die Interpretationen. Wir hatten trotzdem absolut keinen Vorteil dadurch, wir hatten keinen Vorteil im Entwicklungsprozess oder sonst irgendetwas für 2021, 2022, 2023 oder wann auch immer. Wir hatten keinen Vorteil."

Der Brite sieht das Problem bei den komplexen und neuen Regeln. Und bei der FIA. "Wir haben unseren Zwischenbericht abgegeben und dann nichts mehr gehört. Dann haben wir im März unseren ganzen Bericht abgegeben und erst im September wieder etwas gehört. Wir können nicht bis Oktober oder November warten, um den Ausgang der vorherigen Saison zu kennen", forderte Horner. "Die FIA hat das Ausmaß und die Komplexität überrascht. Mit ihren Ressourcen haben sie das Beste daraus gemacht. Aber der Prozess muss viel schneller sein."

Obwohl Red Bull erst spät in die nächste Saison von den eigenen Verfehlungen erfuhr, erwartet man keine Probleme für das laufende Jahr. "Max hat am wenigsten Unfallschäden von allen, Sergio ist auch am unteren Ende. Bei den Entwicklungsschritten haben wir im Vergleich mit anderen Teams auch weniger und beim Frachtvolumen sind wir Siebter oder Achter. Ich kann nicht glauben - wenn ich mir die anderen Teams ansehe - dass wir außerhalb des Fensters sind."

Den ganzen Qualifying-Tag der Formel 1 heute in den USA gibt es hier im Liveticker.