Lange sah es nach Red Bull Porsche aus, geworden ist dann nichts daraus. Nach geplatztem Deal mit der deutschen Automarke ist Red Bull in Sachen Motor auf sich allein gestellt. Das Team aus Milton Keynes hat hohe Ambitionen: Ab 2026 eigenständig Motoren herstellen und in weiterer Folge nicht nur Red Bull und AlphaTauri, sondern bis zu vier Kundenteams ausrüsten. Vom Motto 'Red Bull gives you engines' hält Toto Wolff nicht viel, und meldet erste Zweifel an Red Bulls großen Plänen an.

Wolff warnt Red Bull vor zu viel Mut

"Das hat Williams bei BMW damals auch gedacht", gab sich Toto Wolff in Monza skeptisch, ob Red Bull die Mammutaufgabe Motor allein bewältigen kann. 2005 wollte BMW mehr Mitspracherecht, anstatt nur Motoren zu liefern. Williams nicht, es folgte die Trennung und der britische Traditionsrennstall schlitterte in ein Tief. "Es ist definitiv eine sehr mutige Strategie", meint Wolff.

Toto Wolff ist skeptisch, ob das Motorenprojekt von Red Bull gelingt, Foto: LAT Images
Toto Wolff ist skeptisch, ob das Motorenprojekt von Red Bull gelingt, Foto: LAT Images

"Natürlich ist es keine einfache Aufgabe. Einige Leute bezeichneten uns als komplett verrückt!", erzählt Christian Horner. "Es mit Ferrari, Mercedes und Renault aufnehmen zu wollen." Red Bull ist dafür bekannt, die riskante der sicheren Option vorzuziehen. Nicht nur bei Boxenstopps, auch bei der Entscheidung, Honda nach ihrem McLaren-Fiasko als Motorenhersteller zu engagieren. Auch ein 17-Jähriger Max Verstappen war zu Beginn sicher nicht die risikoärmste Variante für das österreichische Team. "Das ist der Red-Bull-Weg. Das Unmögliche möglich zu machen!", meint Horner.

Viele dieser Entscheidungen waren von Erfolg gekrönt. "Wir stehen voll hinter dem Investment, das wir mit Red Bull Powertrains getätigt haben. Wir haben rund 300 Leute dort, die am Motor für 2026 arbeiten", gibt sich Christian Horner zuversichtlich. Skeptiker gab es auch beim ersten hausinternen Chassis aus Milton Keynes. "Die Leute zweifelten auch zuerst als wir ankündigten, unser eigenes Chassis zu designen und zu bauen."

Red Bull pocht auf Selbstständigkeit

"Wir haben eine Fabrik, die voll im Zeitplan liegt. Unser erster Motor ist schon gelaufen", berichtet Helmut Marko. "Wir wollen einfach unabhängig sein." Für Mercedes ist es selbstverständlich, eigene Motoren zu bauen und vollkommen autark zu operieren. Nicht so bei der österreichischen Konkurrenz.

Die Ehe zwischen Renault und Red Bull nahm kein gutes Ende, Foto: Sutton
Die Ehe zwischen Renault und Red Bull nahm kein gutes Ende, Foto: Sutton

Vor allem die Zuverlässigkeit der Renault-Motoren sorgte für Brennstoff, nicht nur zwischen Cyril Abiteboul und Christian Horner. "Der Schlüssel nach dem Honda-Ausstieg ist, dass wir unsere Zukunft selbst unter Kontrolle haben, sowohl bei der Power Unit als auch beim Chassis", meint Red-Bull-Teamchef Christian Horner.

"Sie wollten schon immer selbstständig sein", weiß auch Toto Wolff. "Eine eigene PU haben, von keinem anderen Hersteller abhängig sein." Daraufhin hätte Red Bull diese Strategie gewählt. Der Mercedes-Teamchef sieht die folgenden Jahre als richtungsweisend. "Wir werden sehen, was 26, 27, 28 passiert."

Runde 1: Mercedes vs. Porsche - abgesagt

Bis 2025 liefert Honda noch die Red-Bull-Motoren. Danach ist Red Bull Powertrains offiziell ein neuer Formel-1-Hersteller. Wie es danach mit den Japanern aus Sakura weitergeht, ist unklar. "Ich bin nicht im Detail involviert, ob Porsche oder Honda noch irgendwas mit den Motoren-Branding zu tun haben werden", meint Toto Wolff. Der Österreicher bedauert den geplatzten Deal mit Porsche: " Für mich als Mercedes-Mitarbeiter ist das sehr schade. Ich hätte gerne mit Porsche gekämpft!"

Honda ist 2022 nur klein mit dem Honda-Racing-Corporation-Logo auf dem RB18 vertreten, Foto: LAT Images
Honda ist 2022 nur klein mit dem Honda-Racing-Corporation-Logo auf dem RB18 vertreten, Foto: LAT Images

"Red Bull Porsche wäre ein Mega-Einstieg gewesen", hadert Toto Wolff weiter. Aus ihm unbekannten Gründen hätte es nicht funktioniert. "So ist es ja auch nicht schlecht. Aber es wäre wirklich großartig für die Formel 1 und uns alle gewesen, wenn sie sich zusammengeschlossen hätten. Allein wegen der Attraktivität des Sportes."

Runde 2: Horner vs. Wolff

Christian Horner werden die Kommentare von Toto Wolff eher kalt lassen. Wie das Verhältnis der beiden Teamchefs, das in der letzten Saison seinen Tiefpunkt erreichte. 2022 hat Mercedes im Kampf um den Titel nichts mitzureden, Red Bull dominiert wie einst Mercedes in der Turbo-Hybrid-Ära. "Ich kann mir nur wünschen, dass Toto über die nächsten acht Jahre dieselben Schmerzen empfinden muss", scherzte Christian Horner in Monza bei Sky F1.

Der Teamboss des österreichischen Energy-Drink-Herstellers muss aber zugeben: "Das ist sehr unwahrscheinlich." Red Bull hätte bis jetzt ein tolles Jahr, aber die Konkurrenz schläft nicht. "Ferrari sind schnell und Mercedes kommt gerade wieder auf die Beine." Bei den Silberpfeilen ist ein Rennsieg noch immer das Ziel. Zugleich wirft das Team aus Brackley aber auch schon ein Auge auf den WM-Kampf 2023.

2020 holte Mercedes seinen letzten Titel in der Fahrer-WM, Foto: LAT Images
2020 holte Mercedes seinen letzten Titel in der Fahrer-WM, Foto: LAT Images

"Wir wollen versuchen, diese Saison noch ein Rennen zu gewinnen - oder idealerweise mehrere", meint Mike Elliot. "Das Wichtigste ist aber, dass wir wieder auf den richtigen Kurs kommen, um nächstes Jahr wieder um die WM zu kämpfen." Das sei laut dem Technischen Direktor das ultimative Ziel. "Wir wollen um Titel kämpfen, darum geht es uns." Einen Vorteil hat Mercedes schon gegenüber Red Bull: Mehr CFD-Versuche und Zeit im Windkanal.