Ferrari sinnt nach vier Niederlagen in Folge auf Revanche gegen Max Verstappen. Beim Formel-1-Wochenende im königlichen Park von Monza trauten allerdings nur die wenigsten der Scuderia ein Ende ihrer Misere zu. Red Bull galt als haushoher Favorit und das nicht zuletzt aufgrund der drückenden Überlegenheit beim Belgien-GP.

Doch im Qualifying strafte Leclerc alle Kritiker Lügen. Dass der Ferrari-Pilot die Pole Position holen würde, war so gut wie klar nachdem beide Red-Bull-Piloten sowie Carlos Sainz eine Startplatz-Strafe zogen. Doch dass Leclerc sich auch auf der Strecke gegen Verstappen durchsetzen konnte, grenzt an eine faustdicke Überraschung. Das ganze Rennen der Formel 1 heute in Monza gibt es hier im Liveticker.

Kann Charles Leclerc die Tifosi jubeln lassen?

Das sah auch Leclerc so. "Hier zuhause ist das eine gute Überraschung. Vor allem nach Spa hatten wir nicht erwartet, hier um die Pole zu kämpfen", freute sich der Monegasse. Vor allem das Handling wurde von Leclerc und Sainz in höchsten Tönen gelobt. "Das Auto fühlt sich sehr vorhersehbar an. Ich bin sehr glücklich über das Gefühl, das ich vom Auto bekomme", jubelte beispielsweise Leclerc.

Doch wie schaut es mit der Rennpace der Roten aus? Denn genau das war ja bei den letzten Rennen die große Schwachstelle bei der Truppe aus Maranello. Sowohl in Ungarn als auch in Belgien und den Niederlanden knickten deutlich früher als bei der Konkurrenz die Reifen ein. Gebetsmühlenartig wiederholte man bei Ferrari in den letzten Wochen, dass man genau an diesem Punkt ansetzen wolle.

Die Longruns am Freitag sahen solide aus, aber nicht überragend. Gegenüber Max Verstappen verlor Carlos Sainz beispielsweise auf den Medium-Reifen durchschnittlich eine halbe Sekunde pro Runde. Leclerc war auf den Softs der Schnellste, allerdings fehlte abgesehen von Hamilton ein direkter Vergleichswert im Spitzenfeld.

Nach seiner achten Pole der Saison hat Leclerc Blut geleckt und gibt sich kämpferisch. Der Monza-Sieger von 2019 kündigte an: "Was auch immer in Runde 1 passiert, ich denke, dass wir immer noch die Pace haben, um das Rennen zu gewinnen" und fügte hinzu: "Wir müssen das morgen zu Ende bringen, ansonsten ist die Pole wertlos". Leclerc weiß, wovon er spricht: In seiner Formel-1-Karriere startete er 17 mal von der Pole Position, nur viermal verwandelte Leclerc diesen Startplatz in einen Sieg.

Leclercs größter Trumpf ist definitiv die Startaufstellung. Mit Max Verstappen geht der wohl gefährlichste Anwärter auf den Sieg nur von Platz 7 ins Rennen. Außerdem bildet Ferrari an diesem Wochenende zum ersten Mal in dieser Saison einen starken Gegenpol zum Red-Bull-Topspeed. Der F1-75 hatte an diesem Wochenende an der Messstelle sogar einen Vorteil gegenüber dem RB18, nur Williams wurde mit höheren Geschwindigkeiten geblitzt.

Max Verstappen: Kommt der nächste Red-Bull-Coup?

Auf der anderen Seite hat Verstappen in den letzten Rennen bewiesen mit welcher Leichtigkeit erin der Lage ist einen Startplatz-Nachteil in einen Sieg zu verwandeln. In Ungarn gewann er von Startposition 10, in Spa siegte er sogar von P13 aus. Dementsprechend lässt er sich auch von einer Rückversetzung von fünf Plätzen in Monza nicht aus der Ruhe bringen.

"Meine Rennsimulationen haben sich super angefühlt, ich war sehr glücklich mit der Pace", kalkulierte Verstappen nach dem Qualifying am Samstag. Mit Blick auf die starken Longrun-Zeiten vom Freitag scheut man bei den Bullen nicht vor Kampfansagen gegenüber der Scuderia zurück. "Der Druck liegt bei Ferrari. Die Leute vor uns sind nicht die Schnellsten", sagte Motorsportchef Dr. Helmut Marko.

Genau ihren leichten Topspeed-Verlust bauen Verstappen und Co am Rennsonntag. "Wir haben uns für mehr Abrieb entschieden. Auf eine Runde ist das vielleicht nicht das Beste, aber für morgen haben wir ein starkes Paket", behauptete etwa Verstappen am Samstag. Außerdem wähnt man sich auch mental in der besseren Ausgangsposition - für die WM. "Zur Not werden wir Zweiter, das reicht auch", sagte Marko.

George Russell: Das Fragezeichen Mercedes

Dann fehlt nur noch die große Unbekannte für den Monza-Sieg: Mercedes. Die Silberpfeile waren in den letzten Grands Prix unabhängig von der Freitags- oder Samstags-Performance immer ein ernstzunehmender Gegner. In Zandvoort wäre mit einer besseren Startposition und etwas weniger Safety-Car-Pech wohl der Sieg drinnen gewesen, in Spa und Ungarn waren die Silberpfeile mindestens auf Ferrari-Niveau.

Beim Italien-GP flog Mercedes bislang etwas unter dem Radar. Auf eine Runde waren die Mannen aus Brackley wie so häufig nicht vorne anzutreffen, doch auch in den Longruns am Freitag sahen sowohl Hamilton als auch Russell alles andere als überzeugend aus. Die nähere Vergangenheit hat aber gezeigt: Das muss am Ende des Tages nicht viel heißen.

Da Hamilton aus der letzten Reihe ins Rennen geht, liegen hier alle Hoffnungen auf George Russell. So unscheinbar Mercedes an diesem Wochenende bislang auch war, mit Startplatz 2 ist der ehemalige Williams-Pilot so etwas wie ein Geheimfavorit auf den Rennsieg - es wäre sein erster in der Formel 1.