Der Formel-1-Fahrermarkt ist auch nach der Bekanntgabe von Oscar Piastri bei McLaren noch nicht im Begriff sich zu beruhigen. Bei Alpine könnte schon die nächste Sensation bevorstehen: Noch-Alpha-Tauri-Pilot Pierre Gasly gilt als Favorit auf das zweite Cockpit neben Esteban Ocon bei dem französischen Team. Ein Wechsel, der noch vor wenigen Wochen quasi unvorstellbar war.

Red Bull bestätigte am Freitag Verhandlungen mit Alpine. Ein Wechsel Gaslys, der eigentlich vertraglich 2023 noch an AlphaTauri gebunden ist, würde den nächsten Dominostein in Gang setzen: Wer wird sein Nachfolger beim Schwesterteam der Bullen?

Warum hat Colton Herta keine Superlizenz?

Auch in dieser Diskussion fällt ein überraschender Name auffallend oft, nämlich Colton Herta. Der Indycar-Pilot, der im Juli noch Testfahrten für das Formel-1-Team von McLaren absolviert hatte, steht aber vor einem Problem: Er benötigt eine Superlizenz, um in der Königsklasse zu starten.

Derzeit kommt Herta mit seinen Platzierungen aus der Indycar-Meisterschaft der letzten Jahre nur auf 32 von 40 benötigten Superlizenz-Punkten. Demnach erfüllt er eigentlich nicht die Voraussetzungen, um in der Formel 1 zu starten. Dennoch prüft die FIA Berichten zufolge derzeit die Berechtigung für eine derartige Starterlaubnis.

Grundlage dafür ist eine Ausnahmeregelung, die einen Fahrer auch mit mindestens 30 Punkten die Starterlaubnis in der Königsklasse verleiht. Diese Regelung kann aber laut Reglement nur aus Gründen von "höherer Gewalt" oder "Umständen, die sich außerhalb der Kontrolle des Fahrers befinden", gezogen werden. Haas-Teamchef Günther Steiner sowie sein Alfa-Romeo-Gegenpart Frederic Vasseur sprachen sich im Rahmes des Niederlande-GPs in Zandvoort dagegen aus, dass dieser Paragraf bei Herta zum Einsatz kommen könnte.

Alfa Romeo und Haas dagegen: Keine höhere Gewalt

Vasseur sagte mit Bezug auf die Corona-Pandemie: "Meiner Ansicht nach, hat das nichts mit höherer Gewalt zu tun, denn überall in der Welt wurden Meisterschaften ausgetragen, in denen man Punkte sammeln konnte". Herta nahm in den letzten Jahren jeweils an der Indycar-Serie teil. 2020 fuhr die nordamerikanische Formelmeisterschaft zwar einen etwas verkürzten Kalender, aber abgesehen wurde sie auch in Coronazeiten wie geplant durchgeführt. Herta verpasste übrigens dabei kein einziges Rennen.

Vasseur deutete seine Sorge an, dass nun dennoch dieser Paragraf ausgenutzt werden könnte, um Herta in die Formel 1 zu hieven. "Wenn die FIA mit diesem Punkteprozess für eine Superlizenz-Qualifikation aufhören will, dann ist das eine andere Geschichte. Dann liegt das an ihnen, diese Entscheidung zu treffen", sagte der Sauber-Teamboss, ließ aber klar durchklingen, dass eine Ausnahme für Herta nicht im Rahmen des derzeitigen Reglements sei.

Günther Steiner schlug in dieselbe Kerbe: "Wenn wir unsere eigenen Regeln nicht respektieren und versuchen, Wege zu finden, um sie zu umgehen, dann ist das nicht korrekt. Denn dann könnte es andere Teams auch betreffen". Der Südtiroler betonte dass er nichts gegen eine etwaige Regelanpassung prinzipiell habe, aber "man kann diese Regeln nicht von heute auf morgen ändern".

"Wir hatten vor ein paar Jahren ein ähnliches Problem und wir haben nicht nach Regeln gesucht, um das zu umgehen. Wir haben mit dem gearbeitet was es gab und haben die Punkte geholt", erklärte er. Die Rede ist dabei von Nikita Mazepin, der bei seiner Formel-1-Bekanntgabe bei Haas 2020 noch nicht die benötigten Superlizenz-Punkte beisammen hatte. Er sammelte die noch benötigten Zähler aber im Laufe der damaligen Formel-2-Saison und erhielt deshalb die Starterlaubnis für die Formel 1.

McLaren-Teamboss: Herta ohne Zweifel Formel-1-Material

Bei Colton Herta geht sich das in diesem Jahr nicht mehr aus: In der Indycar liegt er schon zu weit zurück um die insgesamt zwölf noch ausstehenden Zähler zu sammeln (vier Punkte verfallen zu Saisonende). Auch die fehlenden Punkte durch FP1-Einsätze aufzuholen, geht sich nach dem Ende der Indycar-Saison zeitlich nicht mehr aus.

McLaren-Teamchef Andreas Seidl, wo Herta derzeit für F1-Tests unter Vertrag steht, widersprach allerdings in Zandvoort seinen Teamchef-Kollegen und sprach sich für eine Ausnahmeerlaubnis aus. Seidl: "Ich stehe etwas Flexibilität an dieser Stelle offen gegenüber und finde man sollte jemandem wie Colton Herta die Superlizenz geben. Was er in seiner bisherigen Karriere gezeigt hat, lässt keine Zweifel aufkommen, dass er in der Lage wäre, in der Formel 1 mitzufahren."