Max Verstappen war nach dem Belgien Grand Prix selbst der Meinung: Das war mein größter Sieg. Für den mittlerweile 28. Grand Prix Erfolg des Weltmeisters gingen den Beobachtern die Superlative aus. Von Platz 14 gestartet war Verstappen bereits zur Rennhälfte souverän in Führung und demontierte die Konkurrenz Runde für Runde.

Red-Bull-Teamchef Christian Horner versuchte Verstappens Überlegenheit in Worte zu fassen: "Ich denke Max war in einer eigenen Liga unterwegs und das nicht nur am Sonntag, sondern das ganze Wochenende über. Er hat bei allen Bedingungen geglänzt. Er war aus dem Stand heraus voll da. Er hat eine schnellste Runde auf Mediums gedreht, obwohl Charles [Leclerc, Anm. d. Red.] am Ende einen Angriff auf Soft startete. Er hat sich die Pole mit nur zwei Reifensätzen im ganzen Qualifying gesichert. Er musste nicht einmal den letzten Run antreten. Es war schlichtweg eine riesige Leistung von ihm an diesem Wochenende."

In den Prognosen der Teamstrategen war eine Aufholjagd Verstappens vorgesehen, doch das Ausmaß sprengte die Erwartungshaltung des Kommandostands: "Laut unseren Rennprognosen sah es so aus, als würden wir nach dem letzten Boxenstopp um ein Podest kämpfen können. Schon in Runde 18 zu führen war vollkommen jenseits jeglicher Vorhersagen." In seinem Sturmlauf zu Spitze fuhr der 24-Jährige teilweise bis zu 1,5 Sekunden schneller als der Rest des Feldes.

Höhere Temperaturen? Schlechter Startplatz? Kein Problem für Verstappen

Dabei konnte auch der Unsicherheitsfaktor von veränderten Bedingungen am Rennsonntag dem Holländer nicht das Geringste anhaben: "Max ging unglaublich selbstbewusst in das Rennen. Wir hatten uns für den weichen Reifen am Start entschieden, obwohl die Temperatur viel höher war. Wir wussten nicht, wie sich das auf die Leistung des Autos auswirken würde. Es war 10 bis 15 Grad heißer als am Samstag und wir wissen, wie sensibel diese Reifen sind. Das war also kaum vorherzusehen. Der Vorteil aus dem Qualifying konnte dennoch mit ins Rennen genommen werden."

Obwohl der RB18 wie maßgeschneidert für das Überholen auf der Ardennen-Achterbahn schien, zeigte sich Horner beeindruckt von der Art und Weise, wie Verstappen in Windeseile durch das Feld pflügte: "Diese Strecke ist unseren Stärken entgegengekommen. Wir haben ein sehr effizientes Auto und haben ein sehr gutes Setup gefunden. Max war seit der ersten Runde im Training in einer phänomenalen Form. Es war eine strategische Entscheidung hier die Motorenstrafe zu ziehen. Effektiv startete er von Platz 13, wenn man alle Strafen miteinbezieht, aber dennoch musste sich Max immer noch durch das Feld kämpfen. Er hat das sehr effizient schon in den ersten paar Runden erledigt."

Christian Horner durfte in Spa mit seinen Piloten feiern, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool
Christian Horner durfte in Spa mit seinen Piloten feiern, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Verstappen auf Niveau wie zu Vettels-Glanzzeiten

Für Horner knüpfte Verstappen mit seiner Glanzleistung an die besten Zeiten der Teamgeschichte an: "Wir haben eine der dominantesten Auftritte unseres Teams seit 2013 oder gar 2010 nach Hause gebracht. Ich denke die Dominanz ist mit dieser Periode vergleichbar. Ich glaube nicht, dass wir jemals ein Rennen von Startplatz 14 gewonnen haben." Von 2010 bis 2013 gewann Red Bull vier Weltmeisterschaften in Folge. Sebastian Vettel fuhr die Konkurrenz damals phasenweise in Grund und Boden, allerdings zumeist von Pole-Position aus. Den Hausrekord für den Sieg vom schlechtesten Startplatz hatte Verstappen zuletzt beim Ungarn-Grand-Prix von P10 aus aufgestellt. Nur ein Rennen später hat er diese Bestleitung erneut getoppt.

Horner wollte die Rekordjagd seines Ausnahmefahrers aber nicht nur als Einzelleistung verstehen und schickte ein Lob nach Hause in die Fabrik: "Ein großer Teil des Erfolges geht auf die Leute hinter den Kulissen zurück. Natürlich müssen die Fahrer ihr Produkt dann bestens nutzen, aber hinter den Kulissen gibt es so viele unbesungene Helden in Milton Keynes. Sie haben mit diesem Auto und dem Motor eine außerordentliche Arbeit geleistet."

Horner: WM-Kampf von 2021 hat Verstappen gestählt

Der mentale Grundstein für Verstappens Dominanz in der Saison 2022 mit nunmehr bereits neun Saisonsiegen wurde laut Horner bereits im Vorjahr gelegt: "Seit Max im letzten Jahr die Weltmeisterschaft gewonnen hat, hat er einen weiteren Schritt nach vorne gemacht. Auf viele Art und Weisen hat ihn das freier gemacht. Er fährt auf einem unglaublichen Niveau." In einem erbitterten Duell mit Mercedes-Star Lewis Hamilton wurde der Holländer also für weitere Aufgaben gestählt. 2021 ging das Duell um die Weltmeisterschaft bis in die letzte Runde des letzten Rennens. 2022 wird Verstappen dies aller Voraussicht nach nicht so spannend gestalten.