Während das Fahrerkarussell sich in der Formel-1-Saison 2022 bei Alpine zu einem rechtlichen Kampf rund um Oscar Piastri entwickelt, verkündete am Mittwoch Williams mit Alexander Albon seinen ersten Piloten für 2023.

Doch wer erhält den zweiten Platz bei der Mannschaft aus Grove? Lange Zeit galt Oscar Piastri als Favorit auf einen Einstieg bei dem Hinterbänkler-Team, doch mit den Ereignissen der letzten Tage ist diese Option wohl endgültig Geschichte. Je nachdem, wie die Posse rund um das Nachwuchs-Talent ausgeht, wird er für Alpine oder McLaren an den Start gehen. Wer könnte stattdessen den zweiten Williams pilotieren?

Formel 1 2023: Alle Williams-Kandidaten im Überblick

Nicholas Latifi: Natürlich muss an erster Stelle in diesem Artikel der Pilot genannt werden, der derzeit das Williams-Cockpit innehat. Nicholas Latifi gilt fahrerisch nicht als Riesentalent und seine Resultate in seiner bisherigen Formel-1-Karriere unterstreichen das auch. Gegen George Russell sah er zwei Jahre lang kein Land, war im Qualifying nur einmal vor ihm und fuhr lediglich zweimal in die Punkte.

Im direkten Duell gegen Alexander Albon sieht es 2022 auch nicht viel besser aus. Sein Rückstand auf eine Runde beträgt durchschnittlich sechs Zehntel. Seine Fehler- und Unfallserie von Saisonbeginn konnte Latifi aber in den letzten Grands Prix etwas abstellen. Nichtsdestotrotz bleibt Latifi ein Paydriver. Die große Frage bei Williams lautet deshalb vielmehr, ob sich Williams von dem Geld, das die Familie Latifi in die Teamkassen spült, trennen kann und trennen will.

Nyck De Vries: Formel-2-Champion und Formel-E-Weltmeister. Der Lebenslauf von Nyck De Vries liest sich wie ein fettes Bewerbungsschreiben an die Königsklasse. Bei Williams wurde er in den letzten Monaten als heißer Kandidat gehandelt. Bereits in der vergangenen Saison gab es Gerüchte, um einen Formel-1-Einstieg von De Vries, doch am Ende fiel die Wahl bei Williams auf Albon. Dieses Jahr ist die Situation jedoch eine andere: Mercedes steigt am Ende der laufenden FE-Saison aus der Elektroserie aus und die Zukunft des Niederländers ist noch offen.

De Vries absolvierte in dieser Saison zusätzlich zu seinem Formel-E-Engagement und seiner Anstellung als Test- und Ersatzfahrer bei Mercedes auch noch zwei Trainings-Sessions: In Frankreich für die Silberpfeile und in Barcelona für Williams. Was könnte es also Logischeres geben, als dass der 27-Jährige mit Unterstützung der Silberpfeile zu dem Mercedes-Kundenteam in die Formel 1 kommt?

Nyck De Vries im , Foto: LAT Images
Nyck De Vries im , Foto: LAT Images

Ob er eben jene Unterstützung erhält, erscheint jedoch im Moment fraglich. Denn am vergangenen Rennwochenende der FE in London verweigerte De Vries eine Teamorder und ließ WM-Leader Stoffel Vandoorne nicht überholen. Der 27-Jährige war in der Formel E 2022 außerdem in zahlreiche Zwischenfälle involviert und wurde mehrfach bestraft. Mit noch zwei zu fahrenden Rennen liegt er nur auf P8 in der Meisterschaft. Ob das Williams überzeugt? De Vries wird derzeit bei FE-Neueinsteiger Maserati gehandelt.

Logan Sargeant: Williams könnte aber auch aus seinem eigenen Nachwuchskader einen Nachfolge-Kandidaten für Nicholas Latifi wählen. Dabei sticht vor allem Logan Sargeant ins Auge. Der US-Amerikaner ist nach drei soliden bis guten - aber kaum überragenden - Jahren in der Formel 3 eine der großen Überraschungen der laufenden Formel-2-Saison. Als Rookie hatte ihn eigentlich kaum jemand auf der Rechnung. Doch im bisherigen Saisonverlauf sicherte er sich bereits zwei Siege (jeweils im Hauptrennen), sowie zwei Pole Positionen. Im Moment belegt er damit Rang 3 in der Meisterschaft.

Was den Juniorpilot außerdem auszeichnet ist seine saubere Fahrweise: Sowohl 2021 als auch im bisherigen Saisonverlauf erhielt er keine einzige Strafe, was in den turbulenten und hitzigen Nachwuchs-Formeln alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist. "Ich bin mir sicher, dass Logan in der Zukunft in der Formel 1 sein wird", zeigte sich Williams-Boss Jost Capito von ihm überzeugt. Ob er schon 2023 befördert wird, steht noch in den Sternen. Bei seinem Heim-GP in den USA bestreitet Sargeant auf jeden Fall schon einmal das 1. Freie Training für Williams.

Mick Schumacher: Wird Mick eine Vertragsverlängerung von Haas vorgelegt? Wenn ja, dann sollte sich das Kapitel Williams eigentlich erledigt haben. Denn es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Schumacher von sich aus nach Grove wechseln würde. Falls Schumacher jedoch nicht bei Haas verlängert wird, wäre er ein logischer Kandidat für Williams.

Zwei Jahre Formel-1-Erfahrung hat er auf dem Buckel und die Lernkurve zeigt auch in die richtige Richtung. Die einzige Frage wäre, ob er dann Ferrari-Junior bleiben kann. 2022 konnte sich Williams aber auch mit Red-Bull-Pilot Albon arrangieren, kurz- und mittelfristig ist ein Ferrari-Aufstieg für Schumacher sowieso nicht realistisch.

Daniel Ricciardo: Für Ricciardo gilt eigentlich dasselbe wie für Schumacher: Falls ihm kein anderer Vertrag vorgelegt wird, wäre Williams die letzte Alternative. Derzeit deutet allen Dementis zum Trotz alles auf ein Aus bei McLaren hin, allen voran die Personalie Piastri. Er steht bei Alpine, die nach dem Abgang von Alonso und (wahrscheinlich auch) Piastri händeringend nach einem zweiten Fahrer suchen, hoch im Kurs. Eine Rückkehr an alte Wirkungsstätte bei der Renault-Marke erscheint als schlüssige Option, was einen Williams-Wechsel umso unwahrscheinlicher erscheinen lässt.

Felipe Drugovich: In der Formel-2-Saison 2022 lief der Brasilianer zur Höchstform auf und führt derzeit die Meisterschaft an. Dennoch fällt sein Name eher selten, wenn es um Formel-1-Cockpits geht. Drugovich hat keine Verbindungen zu irgendwelchen Teams in der Königsklasse und konnte bislang auch keine Erfahrung mit den Formel-1-Boliden sammeln.

Seine Leistungen in den Nachwuchs-Klassen waren solide, aber ein Titel in der Formel 2 ist im dritten Jahr in den Augen der Formel-1-Teams kaum mehr etwas wert. Auch wenn der Brasilianer versucht, sich als F1-Kandidat zu positionieren, ist er höchstens ein krasser Außenseiter. Als wahrscheinlicher gilt derzeit ein Wechsel in die Indycar, wo er bei einigen Teams hoch im Kurs steht.