Ferrari fährt schon das ganze Wochenende in Frankreich Top-Zeiten, und Charles Leclerc stellte den F1-75 im Qualifying mit über drei Zehnteln Vorsprung auf Max Verstappen auf die Pole. Doch die Geschichte für das Formel-1-Rennen heute ist eine andere. Alle News zur Formel 1 heute in Frankreich gibt es im Liveticker.

Verstappen und Red Bull geben sich nämlich seit dem Freitag betont kühl und abgeklärt. Pole? Kein Interesse. Nach der Schlappe von Österreich arbeitete das Team primär nur mehr an der Rennpace. Wohl wissend, dass es dank der Motorstrafe von Carlos Sainz im Qualifying sicher für die Plätze zwei für Verstappen und drei für Sergio Perez reichen würde. Bei Ferrari schrillten hingegen nach einem unterirdischen Freitag, an dem sogar Mercedes gefährlich war, die Alarmglocken.

Wo die Ferrari-Probleme in Frankreich liegen

Die Longruns im 2. Training sprachen eine sehr deutliche Sprache. "Red Bull schien sehr schnell in den Rennsimulationen", äußerte Leclerc mehrmals im Lauf der letzten zwei Tage Sorgen. Verstappen war Leclerc im Schnitt um neun Zehntel pro Runde davongefahren. Und Carlos Sainz war selbst auf deutlich jüngeren Reifen im Schnitt immer noch fast eine halbe Sekunde langsamer.

Obendrauf steht Red Bull in Frankreich heute wieder mit einem auf Topspeed getrimmten Auto am Start. Das Bild aus der frühen Saison 2022 ist zurück: An der schnellsten Stelle der Strecke waren Verstappen und Sergio Perez mehr als fünf km/h schneller als Leclerc. Und trotz weniger Downforce schont der Red Bull die Reifen besser als der Ferrari. Kurzum: Selbst wenn Leclerc den Start gewinnt, wäre er basierend auf diesen Daten sehr schnell sehr leichte Beute für die Red Bulls.

Wie Ferraris Hoffnungen aussehen

Die Hitze könnte das Bild in Frankreich jedoch noch auf den Kopf stellen. Die Longruns am Freitag fanden spät statt, die Wetterprognose für das Rennen heute kündigt noch heißere Temperaturen an. Am Freitag kamen die Teams mangels Zeit außerdem nicht wirklich an den Punkt, an dem die Medium-Reifen signifikant begannen abzubauen. Das ist ein Unsicherheitsfaktor, der bei einer echten Hitzeschlacht mit fast 60 Grad Asphalttemperatur das Bild heute schnell drehen könnte.

Die Asphalttemperatur soll heute in Frankreich sich den 60 Grad nähern, Foto: LAT Images
Die Asphalttemperatur soll heute in Frankreich sich den 60 Grad nähern, Foto: LAT Images

Ferrari hofft, dass die Probleme im Longrun behoben werden konnten. "Wir haben ein bisschen am Auto gearbeitet", bestätigt Leclerc. "Ich glaube, wir haben einen signifikanten Schritt gemacht, was die Performance angeht. Hoffentlich können wir das im Rennen zeigen." Pirelli prognostiziert eine Zweistopp mit Hard-Medium-Kombination. Eine Einstopp gilt als nicht unmöglich, aber schwierig.

Wieso Red Bull im Rennen gute Chancen hat

Red Bull scheint so oder so in der bestmöglichen Position. Die Pace im Training sah gut aus, die Handling-Probleme im Qualifying spielen bei vollen Tanks keine Rolle. Da verschwindet üblicherweise die Eigenheit des RB18, zwischen zu viel Unter- und Übersteuern zu schwanken.

Zusätzlich hat das Team zwei Autos vorne. Verstappen auf zwei, Perez auf drei. Leclerc ist strategischer Einzelkämpfer - Teamkollege Carlos Sainz muss nach einem Motorwechsel von ganz hinten losfahren. Er wird im Kampf um den Sieg aller Voraussicht nach keine Rolle spielen, muss vielmehr den Schaden minimieren.

Wie einfach es mit der neuen Autogeneration auf dem Circuit Paul Ricard zu überholen geht, wird sich morgen offenbaren. Im Vorjahr gab es hier zwar viele Überholmanöver, aber die gingen oft auf große Reifen-Unterschiede zurück. Man braucht hier einen doch substantiellen Pace-Vorteil, um eine Attacke fahren zu können.

Was Mercedes nach der Quali-Klatsche ausrichten kann

Hinter den Top-3 wartet Mercedes. Nicht ganz, denn zwischen Lewis Hamilton (P4) und George Russell (P6) steht der McLaren von Lando Norris. Der W13 performte im Qualifying nach den Maßstäben von Mercedes unterirdisch, nachdem es sich in den letzten Tagen kurz vor dem Durchbruch wähnte. Warum, das kann sich das Team nicht erklären.

Es gilt aber auch festzuhalten, dass Hamilton und Russell in den Longruns am Freitag auf dem Niveau von Ferrari fuhren. Der Mercedes schont Reifen, das kann bei extremen Asphalttemperaturen heute helfen. Eine schwache Qualifying-Performance macht noch kein schwaches Rennen. Nur zwingt es das Team eben einmal mehr, sich beim Start im Mittelfeld zu prügeln. Und natürlich ist eines nach den ersten 11 Rennen der Saison genauso sicher: Der Mercedes ist kein wirklich berechenbares Auto.

Wer im F1-Mittelfeld in Frankreich den Ton angibt

Norris, der Mercedes-Splitter, wird im Rennen vorne keine Rolle spielen, das ist sicher. Die Mittelfeld-Teams sind hier so weit weg wie üblich. Und so eng beieinander wie üblich: McLaren, Alpine und AlphaTauri führten das Feld im Qualifying an, sie werden wohl die Punkte unter sich ausmachen.

Hoffnungen darf sich trotzdem auch Sebastian Vettel machen. Der Aston Martin sah hier im Renntrimm stark aus, nur hat das Team die Qualifying-Probleme noch immer nicht im Griff. Vettel selbst hofft in Frankreich auf Hitze, um seinen Pace-Vorteil im Kampf um Punkte maximal ausspielen zu können. Haas steht am anderen Ende des Feldes: 17. Startplatz für Mick Schumacher, 20. für Kevin Magnussen. Die Pace sah bisweilen nur auf eine Runde gut aus. Eine Aufholjagd wird schwer.