In der Formel 1 wird seit Wochen über eine mögliche Erhöhung der Budgetgrenze von aktuell 140 Millionen US-Dollar je Team in der Saison 2022 diskutiert. Insbesondere die noch immer größeren Teams, also Mercedes, Ferrari und Red Bull, machen sich für ein höheres Limit stark. Grund dafür ist die hohe Inflation im Euroraum. Insbesondere Energie- und Frachtkosten hätten sich massiv erhöht, so die Argumentation.

Allen voran Red Bulls Christian Horner wird beim Thema Budget Cap und Inflation besonders deutlich. Wolle man das derzeitige Maximum von 140 Millionen US-Dollar einhalten wollen, so würde das manche Teams sogar die letzten vier Rennen kosten, behauptet der Teamchef der Bullen aufmerksamkeitswirksam. Deshalb müsse sich die FIA nun dringend um eine Anpassung kümmern - und die anderen Teams endlich ihren Segen geben.

Streit um höhere Formel-1-Budgetgrenze: Mittelfeld-Team befürchten Nachteil

Doch gleich mehrere Teams aus dem Mittelfeld stellen sich weiter quer. Teams wie Haas, Alfa Romeo, Williams oder Alpine, die teils ohnehin noch unter dem Kostendeckel operieren und somit wenig bis nicht zu befürchten haben, die Latte zu reißen. Noch dazu fürchten diese Teams bei einer Erhöhung des Limits einen Teil des gerade erst verlorenen Ressourcen-Vorteils der Top-Teams wieder aufgeben zu müssen.

"Die F1 sollte den Budgetdeckel nicht ändern, denn er ist ja tatsächlich gut für das Racing im Mittelfeld", sagt etwa Haas-Teamchef Günther Steiner. Alpine-Hardliner Otmar Szafnauer geht sogar noch weiter und betont, die Teams würden ihre Kalkulationen ohnehin schon Ende des Vorjahres anstellen - und da sei die Inflation bereits derart hoch gewesen. Man habe also durchaus mit den aktuellen Kosten rechnen können, so der US-Amerikaner. Deshalb stelle sich Alpine komplett quer.

Haas, McLaren und Aston Martin kompromissbereit

Mehr Kompromissbereitschaft herrscht bei Haas. Zumindest gut zu überwachende Zugeständnisse für Frachtkosten seien denkbar, heißt es aus dem US-Team. Ähnlich sehen es McLaren und Aston Martin. Selbst werde man zwar eher nicht in Probleme geraten, dennoch unterstütze man die Initiative, den Budgetdeckel aufgrund der Inflation zu erhöhen, so Mike Krack. "Der Grund ist hauptsächlich, weil der Anstieg der Kosten real ist. Inflation ist ja kein neues Problem", sagte der Aston-Teamchef. Bedingung wie bei Haas: "Solange die Regulierung der Inflation in den Regeln vernünftig ist, werden wir diesen Ansatz unterstützen." McLaren will schlicht den gesunden Menschenverstand entscheiden lassen.

Diesen Ball nimmt nun Mercedes auf. "Der Cost Cap wurde aus dem bestimmten Grund eingeführt, es den kleinen Teams zu erlauben genauso viel auszugeben wie die großen - und das sollte nicht jedes Jahr verhandelt werden, um den Cost Cap zu erhöhen", betont Teamchef Toto Wolff zunächst. "Aber wir sehen uns der ganz besonderen Situation ausgesetzt, dass wir eine reale Inflation haben, die gerade bei mehr als sieben Prozent liegt. Die Energiepreise in Brackley haben sich verdreifacht, unsere Frachtkosten auch und da reden wir über einen hohen einstelligen Millionenbetrag."

Mercedes meldet dreifach höhere Energie- und Frachtkosten

Das müsse unbedingt berücksichtigt werden. Zumal gerade die großen Teams ohnehin gerade erst große interne Umstrukturierungen hätten stemmen müssen. So mussten sich Ferrari, Mercedes und Red Bull zur Saison 2021, der ersten mit Budget Cap, von Budgets mehrerer hundert Millionen schrumpfen, ja fast halbieren. "Wir wollen unter allen Umständen verhindern, dass wir die großen Teams wieder umstrukturieren müssen", sagt Wolff. Dabei denke er nicht nur an die resultierenden Schäden für das Team, sondern auch die gesamte Industrie. Auch der Krieg in der Ukraine, Hauptverantwortlicher für die explodierenden Energiepreise, sei ja wohl nur als höhere Gewalt zu bewerten, so Wolff. "Das hätte niemand vorhersehen können", entgegnet der Wiener etwa Szafnauer.

Mercedes will acht Millionen: Können höhere Kosten nachweisen

Deshalb wirbt nun auch Wolff für einen Kompromiss. Dabei schwebt dem Mercedes-Teamchef genau das vor, was Haas oder Aston Martin durchaus noch gutheißen würden. Spezifische Ausnahmen für Fracht und Energie, unter strenger Kontrolle. "Wir können sehr leicht vorweisen, dass unsere Energiekosten in Brackley von 2,5 Millionen Pfund auf 6,5 Millionen Pfund gestiegen sind und unsere Frachtkosten auf ähnliche Weise von zwei auf sechs Millionen", sagt Wolff. Diese zusammen acht Millionen Pfund könne man sofort auf den Konten des Teams nachvollziehen. Genau diesen Betrag fordert Mercedes deshalb als Anpassung der Budgetgrenze ein.

Dabei geht es Wolff nicht nur darum, nur so das Limit einhalten zu können, sondern auch der Verantwortung für seine Mitarbeitenden gerecht zu werden. "[Die Erhöhung] würde es uns dann erlauben, einen Teil davon dafür zu nutzen, die Gehälter anzupassen", sagt Wolff. "Wir wollen ja nicht mehr Profit herausschlagen. Es geht buchstäblich einfach darum, dass die Leute mit ihrem Gehalt für die herausragende Inflation, unter der sie leiden, kompensiert werden", betont der Mercedes-Leiter.

Wolff: Wollen Geld auch für Löhne nutzen

Vermeiden wolle er zudem eine ungesunde Situation, in der einige störrische kleine Teams eine Position vertreten, die großen Teams hereinzureiten, während gleichzeitig einige der großen Teams versuchen würden, einen Vorteil zu gewinnen. "Das wäre das Schlimmste für den Sport", sagt Wolff. "Wir wollen das Limit gar nicht anheben. Ich als Teambesitzer will das Limit nicht anheben, um den Cost Cap zu erhöhen und das eigentliche Konzept zu umschiffen", versichert der Wiener. "Aber ich will, dass meine Leute gut bezahlt werden, gerade in so harten Umständen."