Das Budgetlimit der Formel 1 liegt dieses Jahr bei 140 Millionen Dollar. Die FIA hatte es vor allem aufgrund der finanziellen Folgen der Corona-Krise geschafft, das Limit deutlich unter den, von den Top-Teams angestrebten, 175 Millionen des ursprünglichen Vorschlags festzulegen. Aufgrund der starken Inflation seit einigen Monaten, u.a. durch den Ukraine-Krieg hervorgerufen, schlagen die Top-Teams nun Alarm. Red-Bull-Teamchef Christian Horner warnte vor kurzem, manche Teams müssten die letzten vier Rennen sogar auslassen, um unter dem Budgetlimit zu bleiben.

"Alle großen Teams werden über das Limit kommen," warnt Horner. "Wir sind schon bei 30 Millionen weniger, als eigentlich geplant war. Als wir die Zahlen festgelegt haben, hat niemand diese Inflation vorhergesehen. Wir wissen noch nicht einmal, wie sie in der zweiten Saisonhälfte ausfallen wird. Die FIA muss hier früh reagieren", drängt der Red-Bull-Boss den Verband einzuschreiten.

Unterstützung erfährt Horner ausgerechnet vom WM-Rivalen Ferrari. Teamchef Mattia Binotto sieht ebenfalls die Inflation als unüberwindbares Hindernis an: "Wir konnten uns auf die Reduktion von 145 auf 140 Millionen Dollar einstellen. Wir konnten uns darauf einstellen, keine Teile aus dem letzten Jahr zu übernehmen. Aber wir konnten uns nicht auf eine Inflation von 6% vorbereiten." Ferrari und Red Bull sind sich einig: Es liegt ein Fall von höherer Gewalt vor.

"Viele Teams werden das Limit überschreiten und das ist schlecht für die finanziellen Regeln. Wenn das viele tun, wird es auch mehr Diskussionen darüber geben. Der einzige Weg das zu vermeiden, ist, uns jetzt etwas mehr Luft zu geben und für nächstes Jahr bessere Arbeit in Sachen Budgetlimit zu leisten", argumentiert Binotto. Christian Horner bringt auch die Arbeitsplätze der Belegschaft ins Spiel: "Wir wollen auch gegenüber unseren Mitarbeitern zuverlässig sein. Wir mussten uns schon von einigen unserer langjährigen Mitarbeiter trennen." Der Brite ist überzeigt: "Ein Krieg ist höhere Gewalt."

Ausgerechnet Ferrari-Teamchef Mattia Binotto springt Christian Horner im Budgetstreit zur Seite., Foto: LAT Images
Ausgerechnet Ferrari-Teamchef Mattia Binotto springt Christian Horner im Budgetstreit zur Seite., Foto: LAT Images

Vasseur und Szafnauer schmettern Red-Bull-Vorstoß ab

Davon zeigt sich Alfa-Romeo-Teamchef Frederic Vasseur als Verfechter des Budgetlimits jedoch völlig unbeeindruckt. "Es ist kein Fall von höherer Gewalt, denn Inflation ist keine höhere Gewalt. Die Teams müssen entscheiden: Das Auto ein ganzes Jahr entwickeln und vier Rennen verpassen, oder die Entwicklung stoppen und dann alle Rennen fahren", erwidert der Franzose im Bezug auf Horners Warnung von vor einigen Tagen.

Günther Steiner und Frederic Vasseur zeigen keinerlei Sympathien für das Anliegen von Red Bull und Ferrari., Foto: LAT Images
Günther Steiner und Frederic Vasseur zeigen keinerlei Sympathien für das Anliegen von Red Bull und Ferrari., Foto: LAT Images

Vasseur schildert die knallharten Folgen des Budgetlimits anhand seines eigenen Teams: "Wenn die Energie teuer ist, dann ist es das einfachste, den Windkanal abzuschalten. Wir kommen an diesen Punkt und dann müssen es die anderen eben auch machen." Auch Alpine-Chef Otmar Szafnauer lässt die Inflations-Erklärung nicht gelten: "Man budgetiert die Saison im November zuvor, da hatten wir schon 7% Inflation. Wir haben das einkalkuliert - auch wenn die Fracht noch etwas teurer ist als gedacht." Auch der Amerikaner beharrt auf dem Limit: "Es ist machbar. Wir haben ein Limit gesetzt, also bleiben wir jetzt auch dabei."

Steiner ruft zum Sparen auf, Seidl bleibt diplomatisch

Das Haas-F1-Team operiert laut Teamchef Günther Steiner sogar unter dem Limit: "Natürlich steigen die Kosten, aber unser Problem ist nicht die Budgetgrenze. Unser Problem ist das Budget selbst, weil wir nicht mehr Geld zusammenbekommen. Es ist wie in jedem Unternehmen: Wenn du finanzielle Probleme hast, dann schnallst du den Gürtel etwas enger. Wir müssen bis zum Ende der Saison durchhalten, das ist unser Geschäft."

An Christian Horner richtet der Chef von Mick Schumacher eine klare Botschaft: "Du musst jetzt anfangen zu sparen. Wir haben immer noch fünf Monate Saison vor uns. Du kannst nicht einfach das Geld innerhalb von vier Rennen ausgeben, das wird nicht funktionieren. Wenn die [Red Bull, Anm. d. Red.] es nicht zu den letzten vier Rennen schaffen, dann sind neun andere Teams sehr glücklich darüber. Dann bekommen sie fürs nächste Jahr kein Geld und wir können es unter uns aufteilen."

Andreas Seidl fordert eine starke Führung der FIA, da alle Teams egoistisch handeln., Foto: LAT Images
Andreas Seidl fordert eine starke Führung der FIA, da alle Teams egoistisch handeln., Foto: LAT Images

Nur McLaren-Teamchef Andreas Seidl positioniert sich im Budgetlimit-Streit etwas neutraler und fordert die Verantwortlichen zum Handeln auf: "Es ist klar, dass unterschiedliche Meinungen zu erwarten waren, denn jedes Team denkt opportunistisch. Deshalb brauchen wir in diesen Situationen eine starke Führung durch die Formel 1 und die FIA, um die beste Lösung im Sinne des Sports zu finden." Der Bayer lässt die Tür für Red Bull und Ferrari aber einen Spalt offen: "Wir als McLaren haben uns immer für das Budgetlimit eingesetzt und für diese Zahlen, aber unter diesen Umständen muss immer auch eine Möglichkeit für gesunden Menschenverstand da sein, um gute Lösungen zu finden."