Nach einem guten Rennwochenende für das Mercedes Formel-1-Team in Barcelona mit einem Podium für George Russel und einem 5. Platz für Lewis Hamilton glaubten einige schon an eine Wiederauferstehung des achtmaligen Gewinners der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Mit dem Update-Paket schien eine Lösung für das heftige Bouncing des W13 gefunden zu sein, um nach turbulenten ersten Rennen wieder auf die Siegerstraße zurück zu gelangen.

In Spanien kämpfte George Russel noch gegen Max Verstappen um den Rennsieg mit. Auf dem unebenen Untergrund in Monte Carlo in Kombination mit einem harten Setup hatten beide Piloten allerdings wieder mit den (körperlichen) Folgen des Hüpfens der Autos zu kämpfen. Dabei handelte es sich jedoch nicht um das berüchtigte Porpoising des Silberpfeils, stattdessen war es die harte Abstimmung des Autos, die zum Springen und den Problemen mit der Fahrhöhe führte. Das führte dazu, dass es in den letzten Rennen für den amtierenden Konstrukteurs-Champion auch abseits des holprigen Stadtkurses sportlich auf und ab ging.

Sonderfall Barcelona: Mercedes doch auf dem Weg zurück an die Spitze?

James Vowles, Chefstratege bei Mercedes, versuchte bereits nach dem GP von Spanien die Erwartungen nicht übermäßig hochzuschrauben: "Wir hatten bisher ein Rennen (......), bei dem sich das Auto gut angefühlt hat." Zudem gilt Barcelona schon seit Jahren als Mercedes-Strecke, das Team konnte sieben der letzten zehn Rennen für sich entscheiden. sechsmal hieß der Sieger Lewis Hamilton, 2015 gewann Nico Rosberg den Gran Premio de España. "Wir müssen unsere Erwartungen dämpfen", warnte Vowles vor frühzeitiger Euphorie.

Nach Barcelona sah Vowles den folgenden schwierigen Stadtkursen in Monaco und Baku optimistisch entgegen, der W13 sei nicht weit weg von der Geschwindigkeit der beiden Führungsteams Ferrari und Red Bull. "Wir haben beim Verständnis und der Entwicklung des Autos definitiv einen Schritt gemacht." Chefingenieur Andrew Shovlin sagte nach dem Rennen auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya sogar mit Blick auf die kommenden Straßenkurse voraus: "Wir haben einige Teile in der Pipeline, die hoffentlich in dieser Hinsicht helfen können." Stattdessen fielen sie in ihre gewohnte Rolle der dritten Kraft zurück.

Wolff: Mercedes hält an Fahrzeugkonzept fest

Seit dem Saisonstart musste sich Teamchef Toto Wolff immer wieder Fragen stellen, ob sich sein Team mit dem Fahrzeugkonzept verrannt habe und dieses noch im Laufe des Jahres geändert werden müsse. Barcelona galt hierfür als eine Art Indikator. Das gute Ergebnis samt der neuen Teile stimmte Wolff danach jedoch zuversichtlich. Nach dem Rennen im Fürstentum betonte er abermals, dass man das ursprüngliche Konzept des Autos nicht verändern werde. "Wenn du ein Konzept verändern willst, musst du verstehen wie man ein schnelleres (...) baut. Und ich glaube das hätten wir gemacht, wenn wir gewusst hätten wie."

Hamilton und Ocon auf Kollisionskurs, Foto: LAT Images
Hamilton und Ocon auf Kollisionskurs, Foto: LAT Images

"Im Moment glauben wir an die Struktur unserer Organisation und versuchen, durch Entwicklung und Verständnis das Auto schneller zu machen", Mit einem kleinen Augenzwinkern fügte der Österreicher hinzu, dass das schwache Abschneiden in der ersten Saisonhälfte auch eine kleine Sonnenseite mit sich bringe: Schließlich erhält die Mannschaft aus Brackley dadurch in der zweiten Jahreshälfte zusätzliche Zeit im Windkanal.

Aussichten für Aserbaidschan: Wieder schwieriges Wochenende für Mercedes?

Für das Rennen in Baku ist Mercedes trotz des Rückschlages in Monaco bei Mercedes vorsichtig optimistisch. "Ich denke, dass wir bei jeder Rennstrecke dazulernen. Jeder abgespulte Kilometer ist eine wichtige Lektion wie wir das Auto verbessern können, um aus diesem Niemandsland, in dem wir uns gerade befinden, herauszukommen", meint Toto Wolff. Für das kommende Rennen in Baku sieht er sein Team als dritte Kraft. "Wir haben zwei extrem starke Fahrer", optimistisch gesehen sei der Abstand zur Spitze fünf Zehntel, pessimistisch mehr als acht, so der Teamboss (Zweikampf: Russell gegen Hamilton).

Andrew Shovlin, Trackside Engineering Director bei Mercedes zieht sein Fazit nach dem Rennen: "In Monaco mussten wir um einiges härter arbeiten, um das Auto zum Laufen zu bringen als in Barcelona. In Barcelona konnten wir zeigen, dass wir eine gute Rennpace haben. Trotzdem wird es noch viel Arbeit sein, die Lücke zu Red Bull und Ferrari zu schließen. Die Challenge der Strecke in Monaco ist seine niedrige Geschwindigkeit, zudem ist es eine sehr unruhige Strecke und wir hatten Probleme mit dem Set-up." Das wiederum beeinflusste das Vertrauen der Fahrer in das Auto, in Spanien hingegen konnten die Ingenieure den W13 näher am optimalen Fenster operieren.

Genau das sieht Shovlin als Aufgabe bis zum nächsten Stadtkurs in Aserbaidschan. Neben dem Performancegewinn hat Mercedes eine weitere Priorität: "Wir müssen das Auto über eine breitere Spanne an Rennstrecken zum Funktionieren bringen. Aber an alldem arbeiten wir sehr hart, das Team und die Fahrer wollen unbedingt zurück an die Spitze zu gelangen."

Denn das kleine Erfolgserlebnis von Barcelona hat der Weltmeistertruppe zusätzlichen Auftrieb verliehen. Schon in Spanien sagte Shovlin: "Wir sind fest entschlossen, im Kampf um beide Weltmeisterschaften mitzumischen, und der heutige Tag hat uns den Glauben gegeben, dass wir genau das tun können." Jetzt gilt es, diese Aussage auf allen Streckentypen mit Leistung zu untermauern.