Start von Platz acht, Platz acht auch im Ziel. Lewis Hamilton erlebte beim Formel-1-Rennen in Monaco 2022 einen nach dem mäßigen Qualifying typischen Grand Prix in den engen Straßen von Monte Carlo. Dass das Monaco-Ergebnis für den Mercedes-Fahrer nicht besser ausfiel, hatte vor allem zwei blaue Gründe. So geriet Hamilton im Rennverlauf wegen beiden Alpine-Piloten in Probleme. Erst durch eine Kollision mit Esteban Ocon, dann als in Monaco chancenloser Verfolger eines extrem stark Reifen managenden Fernando Alonso.

"Das war einer dieser Tage in Monaco. Ich hing die meiste Zeit des Rennens hinter anderen Autos fest und konnte am Ende nur vor mich hinfahren, aber nicht überholen. Ich war froh, als der Regen kam, denn das schafft normalerweise Möglichkeiten. Leider lief es nicht so, und wir kamen nicht an Ocon vorbei, als ich auf den Intermediates unterwegs war", klagt der Rekordsieger der Formel 1. Beim einzigen Überholversuch innen rein in Kurve eins kam es zur Kollision. "Er hat mich in die Mauer gedrückt", klagt Hamilton. Ich bin einfach dankbar, dass ich das Rennen da überhaupt noch beenden konnte. Ich bin überrascht, dass mein Auto das ausgehalten hat." Esteban Ocon bewertete den Unfall - und die resultierende Zeitstrafe - mit Lewis Hamilton ganz anders - durch den Punktverlust mit jeder Menge Wut im Bauch.

Formel 1 Monaco: Hamilton hängt hinter Alonso fest

Noch mehr als das schien Hamilton allerdings das rundenlange Festhängen hinter Alonso im letzten Stint des zuvor wegen eines heftigen Unfalls Mick Schumachers unterbrochenen Formel-1-Rennens zu frustrieren. "Ich verstehe nicht warum, aber Alonso ist so langsam", hieß es am Boxenfunk genauso wie: "Dieser Kerl ist echt langsam!" Im Interview nach dem Rennen will Hamilton von Frust darüber nichts mehr wissen. "Ich finde es nicht frustrierend, es ist halt so wie es ist. Das musst du in Monaco erwarten. Ich bin einfach hinter ihm herumgecruist", sagt Hamilton.

Genervter klingt Toto Wolff, adressiert mit seinem Ärger allerdings mehr die typische Streckencharakteristik Monacos als Alonso. "Das Rennen bot das übliche Monaco-Chaos und war wieder einmal ein Indiz dafür, dass wir uns die Streckenführung ansehen müssen, damit einige Piloten nicht fünf Sekunden langsamer fahren können und damit dennoch eine Prozession anführen", sagt der Mercedes-Motorsportchef. "Dies ist ein fantastischer Austragungsort und ein fantastisches Spektakel - aber es wäre toll, wenn das Racing auch auf dem gleichen Niveau wäre."

Wolff genervt von Monaco: Alonso mit Formel-2-Speed unangreifbar

Zeitweise fuhr Alonso nach der Wiederfreigabe des Rennens ab Runde 30 mehr als vier Sekunden langsamer als Norris direkt vor ihm - zur Spitze klaffte ein noch größeres Delta. "Fünf Sekunden [langsamer] sind wie ein Formel-2-Auto", klagt Wolff über die Unmöglichkeit, ausgerechnet jenen Fahrer, der sich bei McLaren-Honda einst über einen GP2-Motor beschwerte, trotz dieser langsamen Pace zu überholen. Wirkliche Vorschläge, das - spätestens seit Daniel Ricciardos Monaco-Sieg 2018 ohne 163 PS einer defekten MGU-K bekannte - Dilemma mit einem angepassten Layout aufzulösen, kommen dem Österreicher allerdings nicht in den Sinn. "Vielleicht könnten wir einfach die Schikane am Ausgang des Tunnels loswerden und so eine lange Gerade bis Tabac haben", grübelt Wolff. "Nein, Tabac wäre dann zu schnell. Da bräuchten wir dann einen Bremspunkt."

Fernando Alonso lässt die gesamte Thematik unterdessen völlig kalt. Frust bei Hamilton und Mercedes? "Nicht mein Problem", antworte der Spanier trocken auf Nachfragen und amüsierte sich, es sei sehr leicht gewesen, Hamilton hinter sich zu halten. Extrem leicht sogar, so Alonso.

Fernando Alonso erklärt Roadblock: Reifen hätten nicht gehalten

Weshalb der Spanier so langsam fuhr? Zu einem Zeitpunkt erweckte Alonso den Anschein, sich zunächst zurückzuhalten, um dann mit leichterem Auto und geschonten Medium-Reifen die schnellste Rennrunde erzielen zu wollen. Das hätte einen zusätzlichen Punkt gebracht, während eine Attacke nach vorne illusorisch war - Monaco eben. Genau das gelang dem Spanier sogar vorübergehend als er nach rund 15 Runden plötzlich wieder die Pace anzog. Allerdings hatte Alonso da bereits so viel Zeit auf den vorausfahrenden Lando Norris verloren, dass McLaren sich einen Reifenwechsel auf frische Reifen leisten konnte, ohne die Position zu verlieren. So ging der zusätzliche Punkt an Norris. Tatsächlich war Alonso allerdings nie darauf aus. "Wusste ich gar nicht", kommentiert Alonso seine zwischenzeitliche schnellste Rennrunde.

Stattdessen sei er schlicht aus Sorge um die Medium-Reifen derart langsam gefahren. "Wir hatten nicht die Reifen - oder das Reifenleben - um das Rennen zu beenden als es noch 33 Runden sein sollten. Das ist ein Sprintrennen. Wir hatten zwei Möglichkeiten: Entweder wir montieren wieder die harten Reifen von Rennbeginn oder wir ziehen den Medium-Reifen auf. Wir haben den Medium-Reifen gewählt, aber wir haben geschätzt, dass der weniger als 33 Runden halten würde", schildert Alonso. "Deshalb wussten wir nicht, ob wir das Rennen darauf beenden können. Deshalb habe ich die Reifen 15 Runden lang so sehr gemanagt."

Alonso zieht Tempo für Ocon wieder an

Wieder angezogen habe er das Tempo daraufhin nach der Information Alpines, dass Teamkollege Ocon - unmittelbar hinter Alonso und Hamilton - wegen einer Zeitstrafe einen Puffer nach hinten benötigte. Das brachte dem Franzosen allerdings nichts mehr. Dessen Verfolger waren zu schnell, Ocon fiel von P9 aus den Punkten, zurück bis auf P12. Alonso unterdessen fühlte sich nun plötzlich wohler. "Ich hatte vorne starkes Graining und die Reifen waren am Ende voll am Limit. Aber ich hätte wohl noch mehr Runden [vor Hamilton] fahren können", sagt Alonso. "Das hat Spaß gemacht."

Mit dem siebten Platz erzielte Alonso in Monaco sein bislang bestes Ergebnis der Saison. "Damit sind wir zufrieden", sagt Alonso. "Das ist eben Monaco. Selbst in einem chaotischen Rennen startest du als Siebter und kommst auch als Siebter ins Ziel. Wir hatten alle Bedingungen. Extrem nass, Intermediate und dann trocken. Es war ein schwieriger Nachmittag, sowohl von Fahrerseite als auch aus Teamperspektive. Aber wir hatten eine gute Strategie und ein gutes Auto. Ich bin happy."

Mercedes verlässt Monaco verbittert: Pace ist inakzeptabel

Bei Mercedes gilt nicht nur wegen des Resultats das Gegenteil. Zwar hatte Teamchef Wolff in Monaco bereits einen leichten Rückschlag erwartet, dennoch frustrierte die erneute Chancenlosigkeit gegen Ferrari und Red Bull. "Wir sind nicht Zweiter und nicht Vierter, sondern klarer Dritter. Wir müssen aus diesem Niemandsland heraus", fordert Wolff. "Wir haben zwei extrem starke Fahrer - immerhin wäre Hamilton ohne die bittere rote Flagge, den Ocon-Vorfall und die spanische Straßensperre voll und ganz auf Russell-Niveau gewesen, so Wolff -, aber es ist eine große Ernüchterung, dass die Lücke nahezu gleichgeblieben ist. Du kannst das optimistisch sehen und sagen, es sind fünf Zehntel. Aber wenn du es pessimistisch siehst, dann sind es eher acht Zehntel und das ist für alle von uns bei Mercedes ganz klar inakzeptabel."

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Hamilton sieht das ähnlich, lässt sich von der gegenwärtig neuen Realität bei Mercedes allerdings nicht aus der Ruhe bringen. "Es ist wie es ist. Ich kann daran sowieso nicht viel ändern", sagt Hamilton. "Die Leute in der Fabrik arbeiten hart und wir werden es beim nächsten Rennen wieder versuchen." Schon in Baku hoffen Hamilton und Mercedes auf schnelle Besserung und einen Anschluss auf die zuvor in Barcelona gestiegene Formkurve. War Monaco nur ein Ausreißer? "Ich hoffe, das Auto fühlt sich nie mehr so an wie hier. Hier war es wegen der unebenen Strecke wirklich am Schlimmsten bisher", meint Hamilton. "Ich hoffe das wird besser. Meine Zähne und mein Kiefer haben die ganze Zeit vibriert!"

Formel-1-WM-Tabelle: Mercedes im Niemandsland

Am 2022 berühmt berüchtigten Bouncing-Phänomen lagen die Probleme bei Mercedes in Monaco diesmal nicht einmal. "Unser Auto ist so hart abgestimmt, dass die Aufhängung die Vorderreifen nach den Schlägen auf den Asphalt hämmert", erklärt Hamilton. Daher geht der Brite davon aus, dass Mercedes zumindest das "Porpoising" seit Barcelona nun final im Griff hat. Hamilton: "Wenn es aber uneben ist, werden wir trotzdem Probleme in den Kurven haben."

In der Formel-1-WM-Tabelle 2022 sicherte Mercedes dank 14 Punkten für P8 Hamiltons und P5 durch Teamkollege George Russell den dritten Platz vor McLaren weiter ab. Mit 134 Punkten verfügen die Silberpfeile bereits über mehr als doppelt so viele Zähler. WM-Leader Red Bull ist Mercedes allerdings schon um mehr als 100 Punkte enteilt. Alpine dagegen robbte sich dank der sechs Punkte für Alonsos siebten Rang bis auf einen Punkt an das Gesamtsiebte Alfa Romeo F1 Team heran. Alonso kletterte nach seinem bitteren Saisonauftakt zumindest vom 16. auf den 13. WM-Platz.