Trotz einer schlechten Ausgangsposition - Startplatz vier im überholfeindlichen Monaco - hat Max Verstappen seine Führung in der WM-Tabelle der Formel 1 2022 vor Charles Leclerc beim Formel-1-Rennen in Monaco ausgebaut. Dafür reichte dem amtierenden F1-Weltmeister ein dritter Platz hinter Sieger und Red-Bull-Teamkollege Sergio Perez und Ferrari-Pilot Carlos Sainz, weil die Scuderia Verstappens großen WM-Rivalen Leclerc strategisch schwach vom souveränen ersten bis auf den vierten Platz zurückwarf.

Strategisch stark aufgelegt präsentierte sich dagegen Red Bull Racing. Ganz anders als Leclerc, der sich über völlig ausbleibende Kommunikation seitens Ferrari entrüstete, fühlte sich Verstappen in der entscheidenden Phase des Rennens ab Runde 17 von seinem Team perfekt durch den nachlassenden Regen und die abtrocknende Strecke navigiert. "Heute ging es nur um die Strategie und darum, die richtigen Calls zu machen. Das Team war da sehr entspannt und bestimmt. Es gab keine Zweifel", lobt Verstappen. "Sie haben gesagt, 'komm' jetzt an die Box, wir gehen auf diesen Reifen.' [...] 'Komm' jetzt wieder, wir gehen auf diesen Reifen.' Da haben sie einen echt guten Job gemacht."

Marko adelt Red Bulls Strategiechefin für Monaco-Taktik

Dr. Helmut Marko lenkt das Lob in genauere Bahnen und hebt insbesondere Red Bulls Chefstrategin Hannah Schmitz hervor. "Die Strategie war Können. Unsere Hannah hat das souveränst gemacht. Das Ziel war, vor Sainz zu sein. Das haben wir geschafft", lobt der Motorsportchef der Bullen bei Motorsport-Magazin.com. "Das uns Ferrari geholfen hat, dann auch noch den Max vorbeizubringen, das nehmen wir natürlich dankend an!"

Damit zielt Marko auf den zweiten Boxenstopp des Rennens von Intermediates auf Slicks. Leclerc verlor bei einem Doppelstopp Ferraris in Runde 21 eine Sekunde mehr hinter Sainz als Verstappen bei einem Doppelstopp Red Bulls in der folgenden Runde hinter Perez. Eine Leistung, die Red Bulls Teamchef Christian Horner ganz besonders hervorhob. Noch dazu hatte es Ferrari schon zuvor versäumt, bei Leclerc analog zu Sainz auf Anhieb von Regenreifen auf Slicks umzustecken.

Max Verstappen: Kritische Boxenausfahrt einziges Highlight in Monaco

Für Verstappen interessant wurde es allerdings erst unmittelbar nach dem zweiten Stopp. Nur ganz knapp rettete sich der Niederländer aus der Boxenausfahrt vor Leclerc auf die Strecke. "Ich musste [da ans Limit gehen]. Sonst wäre an mir vorbei", schildert Verstappen jene Szene, die Red Bull nach dem Rennen noch Ärger mit den Stewards einbrachte. Ferrari hatte protestiert, weil sowohl Verstappen als auch Perez nach ihren Stopps am Boxenausgang die gelbe Linie überfahren haben sollen. Das hätte eine nachträgliche Zeitstrafe zur Folge gehabt - doch die Stewards schmetterten den Ferrari-Protest gegen Red Bull ab, mit einer komplexen Begründung aus dem Paragrafen-Dschungel der Formel-1-Regeln.

Max Verstappen setzt sich am Boxenausgang knapp vor Charles Leclerc, Foto: LAT Images
Max Verstappen setzt sich am Boxenausgang knapp vor Charles Leclerc, Foto: LAT Images

Ohne Wissen von dem noch ausstehenden Ärger zeigt sich Verstappen von dieser Szene begeistert. "Vielleicht war das der größte Spaß, den ich das ganze Rennen hatte. Einfach mein Boxenausgang und der Versuch, da vorne zu bleiben", sagt Verstappen. "Und das fasst mein Rennen dann auch recht gut zusammen." Nach dem mit P4 mäßigen Qualifying-Ergebnis ging für Verstappen abseits dieser Meter im gesamten Rennen nichts vor noch zurück. Typisch Monaco eben. "Wenn du hier als Vierter starten musst, weißt du schon, dass dein Rennen beeinträchtigt ist. Dann geht es nur noch darum, dein Ergebnis zu maximieren - und das ist uns als Team heute gelungen."

Verstappen fürchtete Schlussstint auf Medium-Reifen

Nur einen Moment des Zweifels habe es gegeben - als sich Red Bull beim Re-Start nach dem heftigen Crash Mick Schumachers in Monaco für Medium statt harter Reifen entschied. "Am Ende auf den Medium zu gehen, war echt riskant", sagt Verstappen. "Einfach im Vergleich dazu, auf dem Hard zu bleiben, weil wir ja nicht einmal genau wussten, wie viele Runde es noch sein würden." Bei Perez - ebenfalls auf Medium - habe man die Gefahr durch starkes Graining an der Front klar sehen können, so Verstappen.

Der Niederländer selbst kam allerdings besser zurecht als selbst erwartet. "Meine Balance war gut, ich konnte dranbleiben. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich Carlos in der Haarnadel ein paar Mal anstupsen können! Vielleicht hätte ihm das gefallen", witzelt Verstappen. "Aber zu überholen, war hier einfach unmöglich."

Verstappen erleichtert: Stehender Start wäre unfair gewesen

Bei einem stehenden statt des letztlich fliegenden Restarts - diese Entscheidung schien Red Bull zum Zeitpunkt der Reifenwahl noch nicht bewusst - wäre der Medium dagegen womöglich die bessere Wahl gewesen, so Verstappen. "Einfach; weil sie etwas besseren Grip bieten. Bei einem stehenden Start hätte das natürlich einen Unterschied machen können", meint Verstappen. Zu dem kam es allerdings nicht, weil die Rennleitung die wegen stellenweiser Nässe unterschiedlichen Griplevel von der linken und rechten Seite der Startaufstellung als unfair bewertete.

"Das wäre nicht fair gewesen", meint auch Verstappen. "Deshalb war es ein guter Call, fliegend zu starten. Aber als ich die Mediums an meinem Auto gesehen habe, habe ich schon gedacht 'Puhhh, das wird echt knifflig bis zum Ende!' Aber letztlich waren die Reifen noch immer ordentlich. Natürlich nicht in bester Verfassung, aber in Ordnung."

Formel 1 WM-Tabelle 2022: Verstappen und Red Bull bauen Vorsprung aus

Durch seinen dritten Platz hat Verstappen seinen WM-Vorsprung auf Leclerc um drei auf nun neun Punkte ausgebaut. Bei den Konstrukteuren rangiert Red Bull nun 36 Zähler vor Ferrari. "Wir sind mehr als zufrieden, wir haben beide Meisterschaftsführungen ausgedehnt. Mehr kann man nicht erwarten", jubelt Marko.

Mit Monaco-Sieger Perez hat sich nun allerdings ein neuer Gegner für Verstappen von hinten angeschlichen. Dem Mexikaner fehlen lediglich 15 Punkte auf Verstappen. Droht Red Bull nun also auch intern ein heißer Kampf? Speziell nach den augenscheinlichen Unstimmigkeiten über Teamorder schon in Barcelona? "Das haben manche Journalisten nur falsch verstanden", winkt Marko ab.

Max Verstappen: Sergio Perez jetzt neuer WM-Rivale

Verstappen sieht jedenfalls kein Eskalationspotential. "Ich denke nicht, dass sich unsere Beziehung verändert. Warum denn jetzt? Wir können akzeptieren, wenn einer einen guten oder besseren Job macht und ich denke, das ist auch sehr wichtig. Denn so gehst du respektvoll miteinander um. Möge der Bessere gewinnen!"