Charles Leclercs Monaco-Fluch hält an. In seinem vierten Formel-1-Rennen auf heimischem Boden sah der Ferrari-Pilot diesmal zwar erstmals die Zielflagge, das allerdings auf einem nach Pole Position und souveräner Führung zu Rennbeginn höchst unbefriedigenden vierten Rang. Dementsprechend groß ist der Ärger bei Leclerc, vor allem, weil gleich mehrere grobe Fehler seines Teams den Monegassen um den Lohn eines fahrerisch makellosen Wochenendes brachten. Hier direkt zum Formel-1-Ergebnis in Monaco 2022.

Hat Ferrari seinen WM-Anwärter in Monaco im Stich gelassen? Auf diese Frage muss Leclerc im Interview nach dem Rennen erst einmal schlucken. Offensichtlich, um sich zu einer diplomatischen Antwort durchzuringen. So leicht wie nach dem Motorschaden – ebenfalls nach souveräner Führung -vor einer Woche in Barcelona fällt Leclerc das nach dem neuerlichen Rückschlag diesmal nicht. „Im Stich gelassen ist nicht das richtige Wort. Fehler können passieren“, sagt Leclerc dann nach kurzer Bedenkzeit. „Aber heute waren es zu viele Fehler.“ Weitere Reaktionen zum Formel-1-Rennen in Monaco im LIVE-TICKER.

Formel 1 Monaco: So verlor Charles Leclerc das Rennen

Diese erfolgten binnen weniger Runden – und hingen allesamt miteinander zusammen. In Runde 17 wechselte mit Sergio Perez der erste Fahrer aus der Spitzengruppe von Regenreifen auf Intermediates und legte darauf sofort mit schnellen Zeiten los. Zwei Runden später reagierte Ferrari, Leclerc kam parallel mit Max Verstappen ebenfalls zum Wechsel auf Intermediates. Zu spät. Beide kamen hinter Perez zurück auf die Strecke.

Damit nicht genug: Nur drei Runden später kam Leclerc erneut an die Box. Die Zeit für Slicks war gekommen. Diesmal stoppte Leclerc gemeinsam mit Teamkollege Carlos Sainz, der sich zuvor den Wechsel auf Intermediates gespart hatte. Doch der Abstand zwischen den Teamkollegen war zu knapp für einen Doppelstopp. Im letzten Moment hatte Ferrari das noch erkannt. Zu spät. Leclerc war schon in der Boxengasse, musste warten, verlor Zeit und so auch den dritten Platz an Verstappen.

Charles Leclerc über Ferrari-Fehler in Monaco: Das war ein Desaster!

„Das war ein Desaster heute. Wir hatten den Sieg klar in der Hand. Wir hatten die Performance und alles. Ich habe den Call, den ich bekommen habe, nicht verstanden und brauche dafür eine Erklärung“, schimpft Leclerc. „Ich konnte nicht viel machen, wurde kurz vor der letzten Kurve reingerufen. Dann konnte ich nicht mehr reagieren oder nach Antworten fragen“, kommentiert Leclerc die letzte und bitterste fatale Szene. „Aber das war ganz klar die falsche Wahl. Da müssen wir besser werden!“

Der größte Fehler geschah allerdings schon zuvor – vor dem ersten Stopp. „Ich wurde gefragt, ob ich von den Regenreifen direkt auf die Slicks wechseln will. Ich habe gesagt ja, aber nicht jetzt. Es sollte dann etwas später im Rennen sein“, berichtet Leclerc. Doch es kam anders. Plötzlich sollte Leclerc doch noch auf Intermediates gehen. „Ich verstehe nicht, was die Meinung bei uns geändert hat, dann doch auf den intermediate zu gehen und den Undercut zu kassieren“, rätselt Leclerc. „Und dann habe ich noch hinter Carlos gestoppt. Es gab so viele Fehler! Wir können uns das nicht leisten“, schimpft Leclerc.

Mattia Binotto ringt um Erklärungen und gesteht Fehleinschätzung

Teamchef Mattia Binotto versucht sich in Erklärungen. „Wir haben den Speed der Intermediates unterschätzt. Das hat uns überrascht. Wir hätten ihn also eine Runde früher reinholen sollen oder ganz auf die Slicks warten müssen“, sagt der Italiener bei F1 TV. „Das müssen wir jetzt zusammen analysieren, wie wir zu dieser Entscheidung kommen konnten. Es ist enttäuschend, das hätten wir besser machen müssen“, gesteht Binotto. „Wir haben das Rennen angeführt. Und wenn Charles ein Rennen anführt und Vierter wird, dann waren einige Entscheidungen natürlich nicht richtig. Wir haben ihn auf diesen vierten Platz gebracht. Er hatte ja mit Vorsprung geführt.“

Wo zumindest ein Fehler lag, ist für Leclerc klar. „Diesmal ist es keine Fehlkommunikation, es ist einfach gar keine Kommunikation gewesen“, poltert der Monegasse. „Das ist ein großer Unterschied. Da müssen wir sicherstellen, dass das in Zukunft nicht mehr passiert. [...] Bei diesen Bedingungen bist du darauf angewiesen, was das Team sieht. Denn du siehst nicht, was die anderen machen - mit Intermediates oder Trockenreifen.“ Was Leclerc genau meint? Erneut die Geschichte mit dem Sinneswandel, plötzlich doch nicht direkt auf Slicks zu stecken. „Aber mir hat niemand etwas davon gesagt“, behauptet Leclerc. „Ich bin zum ersten Stopp gekommen und plötzlich waren da Intermediates drauf. Das tut weh.“

Leclerc sauer: Fehlkommunikation? Gar keine Kommunikation!

Letzteren Drei-Wort-Satz äußert Leclerc nach seinem erneut bitteren Heimrennen noch mehrfach. „Natürlich ist es ein sehr wichtiges Rennen für mich. Und ich habe an diesem Wochenende alles getan, damit alles passt. Ich war immer stark, ich hatte das Selbstvertrauen. Wir haben im Nassen die Pace gemanagt, hatten sechs, sieben Sekunden Vorsprung“, schildert Leclerc. „Ich kämpfe noch immer damit zu verstehen, dass wir es geschafft haben, dieses Rennen zu verlieren. Es tut weh. Aber ... es tut weh.“

Trotz der Zielankunft schmerze der vierte Platz genauso wie seine verhexten Vorjahre im Fürstentum. „Ich gewöhne mich daran, enttäuscht nachhause zu gehen“, sagt Leclerc sarkastisch. „Wir können das einfach nicht bringen. Gerade da wir momentan so extrem stark sind. Unsere Pace ist stark. Da müssen wir diese Gelegenheiten nutzen!“

Formel-1-WM-Tabelle: Leclerc jetzt gegen zwei Red Bulls!

Vollständig anziehen will sich Teamchef Binotto den Schuh für die bittere Niederlage jedoch nicht. So sei auch Pech beteiligt gewesen. Nach dem ersten Stopp etwa habe Leclerc eine ganze Runde lang hinter Alexander Albon festgesteckt und so viel Zeit verloren. „Das hat ihn vielleicht die Position gegen Verstappen gekostet“, sagt Binotto.

Garantiert gekostet hat der Monaco-GP den Monegassen drei weitere Punkte in der Formel-1-WM-Tabelle 2022 gegen Verstappen. Neun Punkte rangiert Leclerc (116) nach den ersten sieben Saisonrennen nun hinter dem Niederländer (125). Noch dazu ist Monaco-Sieger Sergio Perez plötzlich voll drin im WM-Kampf. 110 Zähler weist der Mexikaner nach Monte Carlo auf.

Ferrari-Protest! Warum bekam Red Bull keine Strafe? (21:35 Min.)