Aston Martin Martins AMR22 war eine der größten Enttäuschungen der Formel-1-Saison 2022. Bislang. In Barcelona kam der Rennstall von Sebastian Vettel mit einem komplett überarbeiteten Auto an. Das Problem an der Sache: Der Seitenkasten sieht dem des Red Bull RB18 nicht nur ähnlich, sondern wie aus dem Karbon geschnitten.

Genau aus diesem Grund untersuchte die FIA das Auto bereits im Vorfeld. Der Automobilweltverband überwacht die Entwicklungsschritte aller Teams und erkannte dabei schon früh die Ähnlichkeit zum Red Bull. Bei der Untersuchung kam die FIA aber zu dem Schluss, dass alles mit rechten Dingen zuging.

Zur Erinnerung: Kopieren wäre bis zu einem gewissen Grad erlaubt. Sogenanntes Reverse Engineering ist seit dem Copygate rund um Racing Point in der Saison 2020 verboten. Dabei erstellen Ingenieure aus Fotos 3D-Modelle und bauen die Vorlage fast eins zu eins nach.

Red Bulls RB18 wurde in dieser Form erst beim Test in Bahrain der Öffentlichkeit vorgestellt. In zwei Monaten könnte ein Team aber einen so großen Umbau gar nicht umsetzen. Es geht nicht nur um die aerodynamischen Oberflächen, auch unter dem Karbonkleid musste umgebaut werden.

Formel-1-Streit: Früher Entwicklungsstart bei Aston Martin

Von Red Bull geklaut?! Aston Martin AMR22 eine illegale Kopie? (09:10 Min.)

"Wir haben mit diesem Konzept schon Mitte 2021 angefangen", erklärt Aston Martin Technik-Chef Andrew Green. Daraus leitet sich die Frage ab, ob zwei Teams unabhängig voneinander auf eine so ähnliche Lösung kommen können. "Es war ein Schock und eine Überraschung, als Red Bull mit einem ähnlichen Konzept kam", so Green.

Befeuert wurde die Debatte von Red Bull. Der Rennstall aus Milton Keynes verlor einige Ingenieure an Aston Martin - nicht nur Aerodynamik-Chef Dan Fallows. Als die FIA bei Red Bull wegen der großen Ähnlichkeit anklopfte und den Fall untersuchte, stieß man bei den Bullen auf Unregelmäßigkeiten.

Formel-1-Datenleck bei Red Bull?

Laut eigenen Aussagen fand man heraus, dass Daten vom Server heruntergeladen wurden. Von wem genau und was damit angestellt wurde, das ließ der Rennstall noch offen. "Aber wir müssen klären, ob wir irgendwo ein Leck bei unserem geistigen Eigentum haben", fordert Chef-Ingenieur Pierre Wache.

"Ich war ziemlich überrascht, diese Kopie zu sehen", gesteht der Franzose. "Für uns ist der wichtigste Aspekt, dass es innerhalb des Reglements gemacht wurde, danach sieht es aus. Für mich als Ingenieure ist es aber ziemlich befriedigend, kopiert zu werden."

Vorerst will Red Bull keine erneute Untersuchung der FIA anstoßen. "Wir müssen intern etwas unternehmen, damit es keine Lecks gibt", so Wache. Sollte man intern auf Ungereimtheiten stoßen, könnte der Fall aber neu angestoßen werden. "IP-Transfer hat es in der Vergangenheit schon gegeben, das darf es aber nicht geben", weiß der Red-Bull-Mann.

Aston Martin enttäuscht: Anschuldigungen entbehren jeglicher Grundlage

McLaren bezahlte den Dokumententransfer eines Ferrari-Ingenieurs 2008 teuer. 100 Millionen US-Dollar und der Abzug aller Punkte in der Konstrukteurs-WM lautete die Strafe damals. Andrew Green will davon nichts wissen: "Zu keinem Zeitpunkt haben wir irgendwelche Daten von irgendwem bekommen."

Für Aston-Martin-Mann ist die Sache damit gegessen: "Die FIA kam und hat eine Untersuchung angestellt und dabei alle Daten angesehen. Sie haben alle involvierten Leute befragt. Ich bin von den Anschuldigungen enttäuscht, denn die FIA hat ein Statement abgegeben und erklärt, dass es rechtmäßige und unabhängige Arbeit war. Nur sie sehen alle Daten von allen Teams und nur sie können ein Urteil fällen. Für mich ist die Sache damit beendet."

Allein schon der zeitliche Ablauf, so Green, spricht gegen eine Kopie. "Dieses Auto wurde Mitte des letzten Jahres konzipiert. Die Mehrheit der Teile wurde schon in Auftrag gegeben, ehe irgendjemand von Red Bull hier angefangen hat. Die Anschuldigungen entbehren jeglicher Grundlage."