Alexander Albon tritt bei Williams in große Fußstapfen. Drei Jahre lang zehrte das seit Jahren in die Krise gestürzte Traditionsteam der Formel 1 zumindest noch von den Fähigkeiten George Russells. Der 2022 zu Mercedes wegbeförderte Nachwuchsstar stellte seine Teamkollegen Robert Kubica und Nicholas Latifi klar in den Schatten und bescherte Williams trotz des schwachen Gesamtpakets insbesondere im Qualifying zumindest das eine oder andere Highlight.
Die Kombination Russell/Williams funktionierte. Genau deshalb fokussiert sich Albon bei seinem Einstieg in Grove zunächst darauf, zu verstehen, wie genau Russell mit dem Team arbeitete und das Team mit Russell. Alle Abläufe seiner bisherigen F1-Stationen Toro Rosso und Red Bull ließen sich immerhin nicht 1:1 auf Williams übertragen. "Es ist sehr wichtig, die gesamte Philosophie des Teams zu verstehen. Ich bin bis auf heute nur im Simulator gefahren und ich kann sagen, dass sich die Autos ganz anders anfühlen. Dinge, die bei Red Bull funktionieren, funktionieren hier nicht und vice versa", berichtet der 25-Jährige beim Shakedown des FW44.
Albon: Werde natürlich Wissen von Red Bull bei Williams nutzen
Dabei geht es nicht nur Albon, sondern auch Williams ohnehin darum, auch neue Akzente zu setzen. Immerhin war der Brite thailändischer Herkunft 2021 als Simulatorfahrer für das Top-Team aus Milton Keynes tätig - und dabei auch am neuen Auto für 2022, dem RB18 beteiligt. "Natürlich bis zuletzt", verrät Albon. "Ich habe eine ganze Weile am RB18 gearbeitet. Wenn er sofort ordentlich läuft, könnt ich mich gerne dafür verantwortlich machen! Aber andererseits ... Wenn er nicht läuft, dann bin dafür nicht verantwortlich", scherzt Albon.
Ganz bewusst soll und will der Williams-Mann dieses Wissen nun bei seinem neuen Team nutzen. "Natürlich werde ich alles nutzen, das ich weiß", sagt Albon. "Das hilft sehr. Ich weiß mehr oder weniger wie sich das Auto anfühlt, aber es ist schon immer schwer zu vergleichen. Die Simulationen selbst sind auch anders, wie sie funktionieren und wie sich die Bewegung anfühlt", schildert der F1-Rückkehrer.
Geheimnisverrat? Albon: Bin kein Aerodynamiker!
Zu einem Verrat großer Geheimnisse werde es allerdings kaum kommen können. "Gleichzeitig bin ich kein Aerodynamiker. Ich weiß nicht, wie der Heckflügel am RB18 aussieht oder so. Ich habe nur ein Gefühl dafür. Der Simulator ist recht einfach. Du hast zwei Reifen vor dir und bist in einem Monocoque. Deshalb ist es in der Hinsicht schwierig", beschreibt Albon. Im Vorjahr hatte es im Vorfeld des Wechsels noch Ärger gegeben - allerdings genau andersherum. Mercedes fürchtete, Albon könne bei seinem Motorenkunden Williams Wissen über die Power Unit an Red Bull weitergeben.
.Mehr Input könne er da schlicht hinsichtlich der Arbeitsweise eines Top-Teams wie Red Bull geben. "Was ich Williams bringen kann, ist einfach ihre Arbeitsweise und wie sie ihr Geschäft aufziehen", sagt Albon. Darauf baut auch sein neuer Arbeitgeber. "Er bringt ein paar Erfahrungen von anderen Teams mit sich, die uns auch helfen, vielleicht effizienter zu werden und zu einer anderen Struktur zu finden", sagt Jost Capito. Auch selbst will der Williams-Teamchef nach nun zwölf Monaten in Grove bereits einige "kritische Änderungen" vorgenommen haben, um das einstige Familienteam zu optimieren.
Williams hofft auf wertvollen Top-Team-Input
Zusätzlicher Input ist dennoch gerne gesehen. "Er bringt eine völlig andere Expertise von einem Team ein, das Meisterschaften gewonnen hat", freut sich Teamkollege Nicholas Latifi. "Davon werden sehr stark profitieren, denke ich."
Zumindest in den Grundzügen will Albon auch bei der generellen Philosophie des Boliden helfen. "Autos haben Charakteristika, die sie immer tendieren mitzunehmen, selbst wenn sich die Regel dermaßen stark ändern wie vom letzten Jahr auf dieses", meint Albon. "Und ich denke, ich habe ein gutes Gefühl dafür, warum der Red Bull so schnell war und weiß, wie sie ihre Rundenzeit aus dem Auto holen konnten. Gleichzeitig weiß ich, warum der Williams an einigen Stellen schnell war. Diese Dinge kann ich dann abgleichen."
Albon fühlt sich nicht als Red-Bull-Leihgabe
So will Albon Williams unterstützen, konkurrenzfähiger zu werden. "Ich lege große Priorität darauf, wirklich zu helfen, uns im Grid nach vorne zu bringen. Ich denke, dass ich in Sachen Entwicklung von letztem Jahr die nötige Erfahrung habe, weil ich das Auto letztes Jahr etwas entwickelt habe", sagt Albon. Im Austausch mit den Ingenieuren in der Fabrik könne er Williams so wissen lassen, woran es dem eigenen Auto noch fehle.
All dieses Engagement verdeutlicht: Nur wie an Williams ausgeliehen - es soll bei Bedarf eine Rückholoption geben - fühlt sich der Brite nicht. "Du musst dich als vollständiger Williams-Fahrer sein", sagt Albon. "Für mich ist es sehr einfach. Ich will dieses Jahr einen bestmöglichen Job für Williams machen. Ich arbeite hart mit den Jungs zusammen und schaue nicht so auf die Zukunft, sondern konzentriere mich auf mich als Williams-Fahrer."
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