Williams hat die zweite Hälfte der Formel-1-Präsentationen 2022 eröffnet. In einem Live-Stream auf seiner Website enthüllte das Traditionsteam aus dem britischen Grove am Dienstag zunächst allerdings nicht seinen echten F1-Boliden für die neue Saison, den FW44. Stattdessen gab es, wie schon bei Red Bull, lediglich ein an das 2021 gezeigte F1-Modell angelehntes Show-Car zu sehen - immerhin mit einer völlig neuen Lackierung.

Auf das echte Auto mussten wir allerdings noch ein paar Stunden warten: Im regnerischen Silverstone bestritt Williams gleich auch einen zunächst unangekündigten Shakedown mit dem neuen Auto und lieferte am späten Nachmittag Bildmaterial des FW44 in Action. Das hatte Teamchef Jost Capito schon kurz zuvor in einer Medienrunde versprochen. Das Showcar habe man zuvor nur deshalb genutzt, um die neue Lackierung in Perfektion vorführen zu können. Das sei auf dem echten Auto aus Zeitgründen nicht möglich gewesen. Den Shakedown eröffnete Nicholas Latifi ehe Neuzugang Alexander Albon übernahm.

Formel-1-Präsentation in zwei Teilen: Erst Lackierung, dann Auto

Computer-Renderings oder gar Studiobilder des echten FW44 hat Williams unterdessen, Stand Dienstagabend, nicht bereitgestellt oder nachgeliefert. Es finden sich lediglich diverse Perspektiven des beim Launch gezeigten Showcars. Anhand der Bilder von der Strecke lassen sich allerdings bereits erste Auffälligkeiten des neuen Boliden für Albon und Latifi erkennen, die sich deutlich von dem zuvor gezeigten Showcar abheben.

Der FW44 kurz vor seiner ersten Ausfahrt, Foto: Williams
Der FW44 kurz vor seiner ersten Ausfahrt, Foto: Williams

So fällt zunächst eine leicht klobig anmutende Nase auf, am Frontflügel ist das untere Element durchgehend, die oberen drei münden seitlich in die Nase. Damit folgt Williams dem Trend der meisten bislang gezeigten Boliden. Die Seitenkästen und der Bereich der Motorabdeckung erinnern unterdessen ansatzweise an den am Freitag enthüllten McLaren. Eine Folge der Vorgaben durch die Architektur der Power Unit von Mercedes?

Williams 2022 mit neuer Lackierung

Die neue Lackierung sticht ebenfalls sofort ins Auge. "Es ist eine wahre Schönheit", meint Capito. Deutlich dunkler präsentiert sich Williams in der Saison 2022, weiße Elemente fehlen völlig. Dafür gibt es verschiedene Blautöne. Ein dunkles Blau dominiert, hinzu kommt ein hellerer Ton. "Das Design spiegelt die Marken-Neudefinition, die wir letztes Jahr vorgenommen haben. Besonders wenn du dir die verschiedenen Blautöne ansiehst und das Diamant-Schema, das wir auch im Logo haben", erklärt Capito.

Abgerundet wird der Look durch rote Akzente. "Das ist britisch. Wir sind ein britisches Team, ein stolzes britisches Team", kommentiert Capito die "Spur" Rot. Ebenfalls neu: Ein Logo des neuen Partners Duracell vor dem Einlass der Seitenkästen."Ich bin so stolz auf diese Partnerschaft zwischen Williams und Duracell", sagt Capito. "Ihren Namen auf der Seite unseres Autos zu sehen, ist für mich auch ein persönliches Highlight, weil mein Spitzname über 30 Jahre Duracell gewesen ist, da mir nie die Energie ausging. Ich freue mich sehr darauf, zusammenzuarbeiten."

Nicht mehr zu finden ist auf dem neuen Auto das berühmte S von Ayrton Senna. "Neue Ära, neues Auto. Wir haben das Museum auf Vordermann gebracht und einen besonderen Bereich eingerichtet, um Ayrton zu feiern. Aber wir müssen in die Zukunft blicken und wollen nicht, dass die Fahrer, immer wenn sie ins Auto steigen, daran denken, was passiert ist. Wir müssen weitermachen", erklärt Capito.

Ein ausführlicher Technikcheck des neuen Boliden folgt auf Motorsport-Magazin.com, sobald ausreichendes Material des tatsächlichen FW44 vorliegt.

Vor allem am Frontflügel kommen die neuen roten Akzente gut zur Geltung, Foto: Williams
Vor allem am Frontflügel kommen die neuen roten Akzente gut zur Geltung, Foto: Williams

Albon & Latifi begeistert von neuem Williams-Look

"Wow, okay! Das ist echt anders. Ich mag es. Das ist mehr Williams", kommentierte Neuzugang Alexander Albon schon vorab in einem geheimnisvollen Teaser-Video zur Lackierung den neuen Look. "Es ist in Sachen Farbschema einfacher. Es ist schön, es ist sauberer, schnittiger", ergänzte der Nachfolger von George Russell.

Teamkollege Nicholas Latifi stimmte zu. "Es ist anders, das ist echt richtig cool. Fresh! Ich glaube, ich habe dieses Wort schon letztes Jahr benutzt, aber dieses Jahr passt es besser", sagte der Kanadier, schon 2018 bei DAMS in der Formel 2 Teamkollege Albons. "Ein etwas anders Muster als das, was wir normalerweise benutzt haben." Besonders die neuen roten Akzente sagen Latifi zu: "Es ist eine neue Farbe dabei, davon bin ich ein Fan. Ich denke, dass sie ein paar sehr coole Features am Auto betont."

Williams will sportliches Comeback in Formel-1-Saison 2022

Vor allem geht es für Williams 2022 allerdings nicht um coole Features und einen schnittigen Look, sondern die sportliche Performance. Seit Jahren fährt das mit neun Konstrukteurstiteln nach Ferrari noch immer zweiterfolgreichste Team der Formel-1-Geschichte den eigenen Ansprüchen meilenweit hinterher. Der bislang letzte Sieg - Pastor Maldonado in Barcelona - jährt sich in diesem Jahr zum zehnten Mal, der letzte WM-Titel - Jacques Villeneuve 1997 - liegt bereits ein Vierteljahrhundert zurück.

Die Frontansicht der neuen Lackierung, Foto: Williams
Die Frontansicht der neuen Lackierung, Foto: Williams

Dank überlegener Power Units von Mercedes mischte Williams zu Beginn der Hybrid-Ära letztmals zumindest noch in der erweiterten Spitzengruppe mit, fiel allerdings mit jedem Jahr weiter zurück. Nach zwei dritten Gesamträngen 2014 und 2015 folgten so noch zwei fünfte Plätze, ehe Williams 2018 auf den letzten Platz abstürzte und diesen Rang ganze drei Jahre hielt. 2020 blieb der 114-malige GP-Sieger sogar punktlos.

Bringt Jost Capito Williams zurück in die Erfolgsspur?

In genau diesem Jahr folgte eine (erzwungene) Neuausrichtung des Rennstalls. Durch die Corona-Pandemie in finanzielle Schieflage geraten verkaufte die Gründerfamilie das Team an die US-Investmentfirma Dorilton Capital, kurz darauf sogen sich der im vergangenen Jahr verstorbene Gründe Sir Frank Williams und Tochter Claire aus dem operativen Geschäft zurück. Nach einer Interimslösung mit Simon Roberts auf dem Posten des Teamchefs besetzten die neuen Eigentümer diese Stelle letztendlich mit Jost Capito, gleichzeitig CEO des Williams-Teams.

Der neue Look von schräg hinten, Foto: Williams
Der neue Look von schräg hinten, Foto: Williams

Der ehemalige Erfolgschef von Volkswagen Motorsport in der Rallye-WM soll das dank seiner Investoren finanziell nun wieder gesunde und investitionsfähige Team aus der Krise befreien. Dafür integrierte Capito auch einige alte Bekannte aus VW Tagen ins Team, allen voran Volkswagens WRC-Stardesigner Francois-Xavier "FX" Demaison als neuen Technischen Direktor.

Neuausrichtung, Regeln, Mercedes-Kooperation: Williams kann hoffen

Gleich im ersten Jahr nach der Neuaufstellung gelang Williams der erste Erfolg. 2021 erzielte das Team mehr Punkte als in allen drei Vorjahren zusammen und befreite sich so vom letzten Rang der Konstrukteurswertung. Dank Big Points an den chaotischen Wochenenden von Belgien und Ungarn übertrumpfte Williams in der WM-Wertung nicht nur Haas, sondern auch Alfa Romeo und belegte im Endklassement Rang acht. "Es war eine tolle Saison für uns. Vor allem der Schritt von 2020 auf 2021 war echt klasse. Diese Ergebnisse und das Podium waren ein toller Boost für das Team. Nicht nur an der Strecke, sondern auch in der Fabrik", sagt Capito. "Ich hoffe, dass sich dieser Buzz anhand der Performance des FW44 zeigen wird."

Dank dieser neuen Aufstellung, einer noch engeren Zusammenarbeit mit Mercedes - Williams bezieht nun auch das Getriebe von seinem Power-Unit-Zulieferer - und den neuen Technischen Regularien ab 2022 solle nun alle Zutaten zusammen sein, um endgültig das Dasein als Hinterbänkler hinter sich zu lassen und an die glorreichen Zeiten des Teams anzuknüpfen.

Füllt Alexander Albon die Russell-Lücke?

Kompensieren muss Williams allerdings erst einmal den zu Mercedes abgewanderten George Russell. Der Brite sorgte in den vergangenen drei Jahren für einige Ausrufezeichen und sorgte für nahezu alle selten gewordenen Williams-Highlights. Seine Teamkollegen Robert Kubica und Nicholas Latifi stellte Russell deutlich in den Schatten. Gelingt Latifi keine Leistungssteigerung, ist es an Neuzugang Alexander Albon, diese Lücke zu füllen. Nach einem Jahr auf der Ersatzbank bei Red Bull kehrt der ehemalige Fahrer von Toro Rosso und Red Bull 2022 zurück in die Formel 1.

"Es fühlt sich auch an, als wäre ein Jahr vergangen, und es juckt mich, loszulegen - es macht dich hungrig, wieder ins Cockpit zu steigen", sagt der Brite. "Ein Jahr raus zu sein war eine Möglichkeit, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen, auf eine Weise, die sich nicht nur auf die Fahrerseite konzentriert. Dies ist ein Team, das wirklich auf dem Vormarsch ist, hoffentlich können wir mein Wissen nutzen, um ihm auf seinem Weg zu helfen."

Von einer echten Unterstützung ist Williams überzeugt. "Alex hat einige Podien gesammelt, jede Menge Erfahrung. Sein Charakter und seine kämpferische Einstellung passen perfekt zum Team", sagt Capito. Auch an Latifi glaubt der Williams-Boss. "Nicky muss im Team sein, weil wir beide Nutella lieben", scherzt der Siegerländer. "Nein, Nicky ist schon zwei Jahre bei uns und verdiente defintiv ein drittes Jahr. Er hat Ende letzten Jahres echt tolle Leistungen gezeigt, als er wirklich in den Rhythmus gekommen ist. Da war er nah dran an George. Wir erwarten dieses Jahr viel von ihm!"

Formel 1 2022: Neuer Look für Williams! Aber auch schnell?: (17:20 Min.)

Dennoch dürfe man auch insgesamt nun nicht allzu viel erwarten. Von heute auf morgen könne man Williams nicht an die Spitze bringen. "Ich bin erst seit Februar 2021 hier, das ist nur ein Jahr. Die Entwicklung des neuen Autos hatten schon angefangen und als FX im April oder Mai kam, war bereits ein Viertel der Entwicklung [für 2022] fertig. Man konnte aber noch Anpassungen vornehmen und die gab es auch", sagt Capito. "Ich übernehme die volle Verantwortung, aber von da, wo wir 2020 waren, ist es ein langer Weg. Das kann man nicht in einem Jahr aufholen."

Formel-Präsentationen 2022: Alle Termine

Mit der sechsten Formel-1-Präsentation 2022 durch Williams nähert sich die Launch-Saison dieses Jahres allmählich ihrem Ende. Die nächsten Programmpunkte zählen allerdings zu den absoluten Highlights. Nach einem Tag Pause am morgigen Mittwoch enthüllt Ferrari am Donnerstag den F1-75, ehe am Freitag Konstrukteursweltmeister Mercedes nachzieht. Der W13 wird zudem gleich auf der Strecke zu sehen sein - als viertes Auto nach Aston Martin am vergangenen Freitag, heute Williams und dem durchgesickerten Shakedown Alfa Romeos in Fiorano. Zumindest sofern heute nicht auch noch Bilder des AlphaTauri AT03 auftauchen. Das Team bestreitet heute seinen Filmtag in Misano, lieferte allerdings schon in der Vergangenheit kein Material, um keine Geheimnisse zu verraten.

Formel 1 2022: AlphaTauri mit Red-Bull-Teilen?: (16:08 Min.)

Den vorläufigen Abschluss der F1-Launch-Wochen bildet am Montag Alpine mit der A522. Den neuen Alfa Romeo sehen wir erst beim dreitägigen Shakedown-Test in Barcelona (23.-25. Februar) in Testlackierung. Das vollständige Design enthüllt das Sauber-Team erst am darauffolgenden Sonntag, den 27. Februar. Vom 10. bis 12. März steigen in Bahrain die zweiten und letzten Testfahrten vor dem Saisonstart. An selber Stelle startet die Formel 1 vom 18. bis 20. März mit ihrem ersten Grand Prix des Jahres in die Saison 2022.

Formel 1 2022: Präsentationstermine der neuen Autos

Team Datum Ort/Form
Haas 4. FebruarOnline + Barcelona-Shakedown am 21.2.
Red Bull 9. Februar, 17:00 UhrMilton Keynes, Livestream (Lackierung)
Aston Martin10. Februar, 15:00 Uhr Gaydon, Livestream
McLaren 11. Februar, 20:00 UhrWoking, Livestream
AlphaTauri14. Februar, 12:00 UhrOnline
Williams15. Februar, 14:00 UhrLivestream plus Silverstone-Shakedown
Ferrari 17. Februar, 14:00 UhrOnline
Mercedes 18. Februar, 10:00 UhrOnline plus Silverstone-Shakedown
Alpine21. Februar, 18:30 Uhr Paris, Livestream
Alfa Romeo 27. FebruarOnline (Lackierung)