Große McLaren-Show im zweiten Sprintrennen der Formel-1-Saison 2021: In Monza traute sich der Traditionsrennstall um Teamchef Andreas Seidl als einziges Team in den Top-10 einen Start auf weichen Reifen zu. Damit gewannen Daniel Ricciardo (P3) und Lando Norris (P4) am Start Positionen und brachen gegen Rennende nicht einmal ein. Selbst Weltmeister Lewis Hamilton fand nach verpatztem Start keinen Weg vorbei. Jetzt träumt Ricciardo vor seinem ersten Start aus der ersten Reihe seit drei Jahren sogar vom Sieg beim Italien-GP.

"Es ist lange Zeit her, dass ich in dieser Position war! Gut, zurück zu sein", jubelte Ricciardo nach seinem dritten Platz im 18 Runden langen Sprint von Monza. Daraus wird im morgigen Rennen sogar der zweite Startplatz. Sprint-Sieger Valtteri Bottas rückt wegen einer Motorstrafe von der Pole bis auf den letzten Startplatz zurück. "Danke an Valtteri für die erste Reihe! Sorry, aber ich denke, ich sollte dir danken", scherzte Ricciardo in der Pressekonferenz nach seinem Sahnetag in Richtung des Finnen.

Daniel Ricciardo lässt seiner Wut freien Lauf

Zum ersten Mal seit dem Mexiko-GP 2018 darf Ricciardo am Sonntag wieder von vorne in der Startaufstellung beginnen - wie vor drei Jahren erneut neben Max Verstappen, damals noch sein Teamkollege bei Red Bull. Den Niederländer will Ricciardo dann auch noch abfangen. Voller Euphorie kündigt Ricciardo Großtaten für das Rennen an. "Morgen heißt es volle Attacke! Seguramente! Volle Attacke, das hat mir auch heute die Chance gegeben", sagte Ricciardo. "Heute habe ich meinen Job gemacht und mir einen besseren Startplatz geholt."

Und das nach noch großer Wut über die Niederlage gegen Lando Norris im traditionellen Qualifying am Freitag. "Der Zorn ... ich habe den Raum dieses Mal aber in einem Teil gelassen", scherzte Ricciardo. "Max weiß, dass ich manchmal nicht so cool bleibe. Und den Rest lasse ich dann morgen raus. Ich bin hungrig. Ich war lange nicht mehr in dieser Position."

Ricciardo brilliert am Start: Fast noch Verstappen geschnappt!

In die da noch virtuelle erste Reihe katapultierte sich Ricciardo dank weicherer Reifen direkt am Start. Lewis Hamilton und Lando Norris waren schon bis zur ersten Kurve ausbeschleunigt, dort wollte sich Ricciardo gleich auch noch Verstappen schnappen. "Ich hatte einen guten Start. Ich wusste es sofort. Wenn du die Kupplung kommen lässt, weiß du, ob es klappt. Und dann hatte ich einen guten Windschatten, so konnte ich tief rein in Kurve eins", berichtete Ricciardo.

"Für eine Sekunde dachte ich, dass ich da auch noch an Max vorbeikomme, aber er hatte in Kurve eins die Innenbahn und in Kurve zwei wäre dann nicht genug Platz gewesen. Und Gasly hat mich von hinten auch noch berührt, wie man mir eben gesagt hat. Es war eng! Aber gutes Racing, und ich habe Lando und Lewis bekommen. Eine gute erste Runde für mich!"

McLaren verzichtet auf DRS-Hilfe für Norris

Von da an war es ein ruhiges Rennen für Ricciardo. Bottas und Verstappen zogen vorne zügig weg, seinen Teamkollegen hielt der Australier in der Regel um gut zwei Sekunden auf Distanz. An eine Hilfe für Norris dachte McLaren nie. Immerhin hätte man Ricciardo zurückpfeifen können, um dem Briten zur Verteidigung gegen Hamilton DRS zu spendieren. "Dafür ist das Rennen zu kurz und das Risiko, dass du beide Positionen verlierst, ist zu hoch", erklärte Andreas Seidl bei Motorsport-Magazin.com.

Das Ergebnis gibt der Entscheidung Recht. Norris hielt sich vor Hamilton, nicht einmal einen einzigen Angriff ritt der Weltmeister. Selbst gegen Rennende bestand nie eine Chance. Die weichen Reifen bei McLaren kamen über die Distanz. "Das war die einzige Chance am Start und wir dachten, dass sie gut genug sind, uns dann zu verteidigen", sagte Seidl. "Kalkuliertes Risiko mit Chance." Kurzzeitig war dennoch Zittern angesagt. Seidl: "Wenn du aber siehst, dass es da vorne alle anders machen, geht dein Puls schon kurz hoch. Aber ich hatte Vertrauen in meine Strategen."

Hamilton Patzer! Hat er damit den Sieg schon verschenkt?: (10:10 Min.)

Soft-Reifen perfekt für Sprint: Safety Car hilft mit

Für die Fahrer war der Reifen komfortabel. "Die waren in Ordnung", sagte Ricciardo. "Wir hatten ja auch noch ein Safety Car, was dem Rennen ein paar Runden weggenommen hat. Aber es war ordentlich." Zwölf Sekunden fehlten am Ende dennoch auf Verstappen vor Ricciardo. "Aber da weiß man nicht, ob es der Reifen war oder einfach der Speed ihrer Autos", sagte der Australier. "Aber ich bin auf jeden Fall komfortabel ins Ziel gekommen. Ich konnte ziemlich locker Dritter bleiben, auch wenn es nicht genug für Max und Valtteri war."

Für das Rennen nimmt sich Ricciardo nun vor, das Top-3-Ergebnis zu bestätigen. "Ich will morgen nutzen, um in diesem Raum hier zu bleiben", sagte Ricciardo. Insgeheim erhofft sich der McLaren-Fahrer sogar den Sieg. "Heute Nacht träume ich ein wenig davon! Aber damit es Realität wird ... Für McLaren ist es lang her und für mich auch. Aber es ist erfrischend, hier zu sein. Ein paar Dinge müssen uns dann aber schon noch entgegenkommen. Aber ich bin gespannt. Und letztes Jahr waren wir hier auch Zweiter", erinnert Ricciardo an Carlos Sainz' Vorjahresergebnis. Ricciardos Geheimwaffe nach der positiven Soft-Erfahrung heute: "Morgen starte ich auf Supersoft!"