Max Verstappen sorgte in der FIA-Pressekonferenz nach dem Qualifying zum heutigen Formel-1-Rennen in Spielberg für großes Schmunzeln. Auf eine Nachfrage, ob der in der steirischen Höhenluft traditionell starke Turbolader des Honda-Antriebs im Heck seines Red Bull erneut seinen Beitrag zur gerade erzielten Pole Position geleistet habe, reagierte der Niederländer mit einem unerwarteten Kommentar.

Klar, die Leistungen der japanischen Motorenschmiede lobte Verstappen. Doch nicht nur das. Verstappen bezog die Frage auf etwas anderes. Auf etwas, das seit dem Frankreich-GP vor einer Woche als thematischer Dauerbrenner durch die F1-Szene geht: Warum scheinen die Bullen ausgerechnet seit dem Einbau der zweiten Motorencharge des Jahres in Le Castellet auf den Geraden derart verbessert? Weil Honda an der Leistungsschraube drehen konnte?

Formel 1: Neuer Honda-Motor trotz Homologation besser?

Das schien Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nach Verstappens Sieg in Frankreich nahezulegen. Dort sagte der Österreicher, Red Bull sei mit der Power Unit ein großer Schritt nach vorne gelungen. Darauf angesprochen reagierte Christian Horner verblüfft. Wie soll das gehen? Immerhin sind Performance-Upgrades in der Formel-1-Saison 2021 verboten. Mit Saisonbeginn wurden die Aggregate homologiert, einzig für die Zuverlässigkeit relevante Änderungen sind bei einer neuen Spezifikation gestattet.

Eine Woche später, am ersten Rennwochenende in Österreich, stellte Wolff daraufhin klar, ohnehin nicht gemeint zu haben, Honda hätte ein Performance-Upgrade eingeführt. Lewis Hamilton hingegen gab sich - wie schon in Frankreich - weiterhin argwöhnischer. Das nahm am Freitag in der Steiermark wiederum Horner zum Anlass, gegen Hamilton zu sticheln - obwohl dessen Teamchef gerade zurückgerudert, respektive nur etwas klargestellt hatte.

Red-Bull-Teamchef Horner: Wundere mich über Hamiltons Theorien

"Ich höre mit Interesse zu und manchmal sind ein paar der Theorien, die Lewis hat, weit weg von der Realität", sagte Horner. "Wir fahren mit weniger Luftwiderstand und fahren einen flacheren Flügel. Als Resultat dessen tendierst du eben dazu, manchmal etwas schneller auf den Geraden zu sein."

Das hatte Horner bereits in Frankreich erklärt. Verstappen ebenso. In Österreich nun erneut mit einer Motorenfrage konfrontiert, wenngleich einer anderen, konnte der Niederländer daraufhin nicht anders, als sich seinerseits über das Thema zu mokieren. "Ich glaube das nächste Mal bringe ich einen Ausdruck des Heckflügel-Unterschieds mit, den wir [jetzt] fahren, und dann werde ich den jedem einzelnen Journalisten aushändigen", sagte Verstappen, irgendwo zwischen genervt und belustigt.

Max Verstappen genervt: Drucke euch unseren Heckflügel aus!

"Denn ich bekomme jetzt seit zwei oder drei Wochen diese Fragen, dass wir echt schnell auf den Geraden sind - und ja, das sind wir. Aber guckt euch unseren Heckflügel an! Ich denke nicht, dass er genau derselbe ist [wie zuvor]", sagte Verstappen. Schon in Baku hatten die Bullen die flacheren Flügel eingesetzt, das letzte Rennen, bei dem noch keine verschärften Biegetests für die Heckflügel galten. Deshalb erscheint der neue Flügel als eine direkte Antwort der Bullen auf die neuen Vorgaben.

Und der scheint zu funktionieren, vielleicht besser als der vorherige Biegeflügel. Am Motor liege es jedenfalls nicht, betonte Verstappen erneut. "Klar hat Honda verglichen mit dem vergangenen Jahr einen guten Job gemacht. Aber von unserem ersten Motor zu dem Motor, den wir jetzt im Auto haben, geht es nur um Verbesserungen der Zuverlässigkeit und keinen klaren Vorteil bei roher Power", betonte Verstappen. "Deshalb werde ich nächstes Mal meinen Drucker anwerfen und ein paar Schnappschüsse austeilen!"

Mercedes überrascht von lautstarker Red-Bull-Reaktion

Diese Reaktionen scheinen nun auch bei Mercedes-Leiter Wolff wieder einen gewissen Argwohn zu erregen. "Ich wundere mich, warum das so ein Thema ist, da wir alle wissen, dass die Power Units homologiert sein müssen und bin sehr überrascht, dass die Red-Bull-Leute sich weiter so laut über die Power-Unit-Geschichte beschweren. Das ist etwas seltsam", sagte Wolff am Samstagabend in Spielberg. "Die Regeln sind sehr klar, es ist homologiert, du kannst Zuverlässigkeitsreparaturen bringen und das war es. Es sollte keinen Power-Vorteil als solchen geben."

Das wäre immerhin ein klarer Regelverstoß. Anders als noch in der Saga um die biegsamen Heckflügel formulierte Wolff diesen Vorwurf in der neueren Saga um den Honda-Motor nicht aus. Im Gegenteil. Der Österreicher verwies ebenfalls schlicht auf den Heckflügel. "Wir haben schon in [Paul] Ricard gesehen, dass sie einen kleineren Flügel fahren konnten, ohne viel in den kurvigen Teilen zu verlieren", erinnerte Wolff.

Wolff stimmt Red Bull: Liegt am Heckflügel

Einzig mit dem Heckflügel würden die gegenwärtigen Vorteile Red Bulls allerdings auch wohl kaum zusammenhängen. "Speed ist immer eine Interaktion zwischen Power und absolutem Level des Luftwiderstands. Das ist Fakt. Und deswegen verlieren wir Speed über die ganze Länge der Geraden. Das siehst du vom Kurvenausgang weg und es wird am Ende ganz besonders stark", berichtete Wolff.

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"Alles spielt dabei eine Rolle, es spielt die Aerodynamik dabei eine Rolle, es spielt die Motorleistung dabei eine Rolle, und zwar nicht nur das reine Drehmoment, sondern natürlich auch wie du deine Energie einsetzt." Genau in diesem Punkt soll die Kombination Red Bull und Honda ebenfalls schlicht den Einsatz des vorhandenen Materials optimiert haben.