Hinter Mercedes und Red Bull tobt auch beim zweiten Formel-1-Rennen 2021 in Imola wieder ein enger Fight im Verfolgerfeld. In Bahrain kristallisierte sich mit McLaren und Ferrari an der Spitze ein erstes Kräfteverhältnis heraus. Dahinter blieben Aston Martin, Alpine und AlphaTauri hinter den Erwartungen zurück. Für die Herausforderer gibt es diverse Baustellen zu bewerkstelligen. Doch selbst die Favoriten des Best of the Rest haben Nachholbedarf ausgemacht.

"So wie dieses Jahr, habe ich das Mittelfeld eigentlich noch nie gesehen", sagt F1-Experte Christian Danner im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Vor allem in Imola erwartet der ehemalige Grand-Prix-Pilot noch mehr Unvorhersehbarkeit: "Wenn man sich im Zehntelsekundenbereich voneinander entfernt aufhält, hat eine Strecke wie Imola für die Fahrer schon die eine oder andere Stelle dabei, wo man wirklich etwas bewirken kann."

McLaren mit starkem Paket in der Favoritenrolle

In der Favoritenrolle steckt derzeit McLaren. Durch die Plätze vier und sieben für Lando Norris und Daniel Ricciardo machte das Team beim Auftakt zunächst dort weiter, wo es 2020 aufgehört hatte - auf Platz drei der Weltmeisterschaft. Der MCL35M ist nicht nur aerodynamisch ein gelungener Wurf, sondern profitiert auch vom Wechsel des Motorenlieferanten.

"Ich denke, das Auto ist gut. Es hat viele Stärken und ein paar Schwächen sowie Dinge, an denen wir arbeiten müssen, was den Motor und all das angeht. Das ist nicht einfach, aber da ist leicht noch Rundenzeit drin, und Dinge, die uns das Leben als Fahrer einfacher machen", so Norris. Vor allem im Qualifying erhofft er sich durch die Power Unit von Mercedes einen Schritt.

Was ist mit Sebastian Vettel los? Danner spricht Klartext! (33:06 Min.)

"Samstag ist für uns schwierig, ein bisschen wie letztes Jahr", sagt er. In Bahrain gelang es sowohl Ferrari als auch AlphaTauri, die McLaren-Boliden im Zeittraining hinter sich zu lassen. "Charles war sogar letztes Jahr im Qualifying vor uns und Ferrari kann im Qualifying sehr schnell sein", so Norris. "Aber in den Rennen haben sie Probleme."

Etwas, das beim Auftakt auch für seinen Teamkollegen galt. An Ricciardos Boliden wurde zwar auch ein Heckschaden in Folge einer Kollision festgestellt, doch der Australier sieht auch bei sich noch Luft nach oben: "Ich habe mir während des Rennens einige Dinge gemerkt, und wie sie mich im Auto ausgebremst haben. Ich bin mir sicher, dass wir in Imola besser in Form sein werden."

Ferrari wartet weiter auf Standortbestimmung

Eine bessere Form trotz eines gelungenen Saisonstarts wünscht sich auch sein McLaren-Vorgänger Carlos Sainz. Der Spanier kam bei seinem ersten Auftritt für Ferrari hinter Ricciardo ins Ziel fühlte sich ebenfalls noch nicht ganz auf der Höhe. "Ich war in den ersten Runden mit Ferrari vielleicht etwas zu vorsichtig. Ich wollte nur sichergehen, dass ich dieses Rennen beende", sagt er rückblickend.

Die Positionen fünf und acht für ihn und Leclerc waren für das Team hingegen ein Erfolg, nachdem die Scuderia 2020 aus eigener Kraft nie den Anschluss an die Spitze des Mittelfeldes herstellen konnte. "Wir wussten, dass wir verglichen mit dem Vorjahr ein besseres Auto haben, relativ zu unseren Konkurrenten", so Ferrari-Teamchef Mattia Binotto.

Imola wird für die Italiener in erster Linie eine weitere Prüfung, um die in Bahrain verzeichneten Fortschritte zu bestätigen. "Die nächsten drei oder vier Rennen werden einen Indikator liefern, wie es um die wahre Performance und das Potential unseres Autos verglichen mit den anderen steht", sagt der Teamchef.

AlphaTauri greift schon mit Updates an

Als dritter Anwärter auf den Titel des Best of the Rest tritt AlphaTauri auf. Red Bulls Schwesterteam gelang es in Bahrain nicht, das offenbar große Potential des AT02 zu entfalten. Teamleader Pierre Gasly verlor durch einen Fahrfehler früh die Chance auf ein gutes Resultat. Rookie-Teamkollege Yuki Tsunda holte mit einer beherzten Fahrt zu Platz neun das einzige zählbare Resultat.

Zwei WM-Punkte entsprechen nicht dem Anspruch des italienischen Teams, das in Faenza unweit der Rennstrecke von Imola beheimatet ist. "Ich denke, mit der Pace die wir das gesamte Wochenende gezeigt haben, sind wir mit McLaren und Ferrari auf Augenhöhe. Wir werden auf allen Rennstrecken gegen sie kämpfen können", so Gasly voller Zuversicht.

Dabei helfen sollen dem Franzosen und seinem jungen Stallgefährten erste Updates am AlphaTauri. "Wir werden in Imola, Portugal und Spanien ein paar neue Teile haben. Wir entwickeln Schritt für Schritt. Bis Spanien sollten wir einen guten Schritt vorwärts machen", kündigte Technik-Direktor Jody Eggington an.

Aston Martin und Vettel im Wettlauf gegen die Zeit

Zwei der stärksten Mittelfeld-Teams aus dem Vorjahr präsentierten sich in Bahrain ohne Glanz. Allen voran Aston Martin. Im Vorjahr mit dem pinken Mercedes unter dem Racing-Point-Banner noch über weite Strecken das schnellste Auto hinter den Top-Teams, war der Auftakt mit dem AMR21 für Sebastian Vettel und Lance Stroll ein Reinfall.

Wie Partner Mercedes kämpfen die Ingenieure mit der für 2021 angepassten Aerodynamik. "Wir haben im Windkanal und im CFD ein paar Dinge gefunden. Wir werden sie bald an die Rennstrecke bringen", kündigt Teamchef Otmar Szafnauer an. "Es geht nur darum, das Defizit aufzuarbeiten, das uns durch die sicherheitsrelevanten Regeländerungen der FIA eingebrockt wurde."

Während die Ingenieure in Silverstone versuchen, den Anpressdruck der Heckpartie des AMR21 zu verbessern, muss auch im Cockpit des Boliden nachgearbeitet werden. Vettel wurde mit seinem neuen Arbeitsgerät bisher nicht warm. "Wir haben im Rennen viele Dinge gelernt, die wir angehen müssen. Wir werden sehen, wie schnell wir sie in den Griff kriegen. Aber ich fühle mich im Auto nicht zuhause", so der viermalige Weltmeister.

Alpine und Alonso mussten nachsitzen

Weniger dramatisch aber dafür genauso erfolglos präsentierte sich Alpine bisher. Die Franzosen blieben in Bahrain ohne WM-Punke, nachdem Rückkehrer Fernando Alonso durch ein technisches Problem gestoppt wurde und Teamkollege Esteban Ocon bei einer farblosen Vorstellung nie im Einzugsbereich der Top-10 unterwegs war. Doch Abhilfe ist für Imola bereits auf dem Weg.

"Wir haben für Imola ein ziemlich ordentliches Update-Paket, also werden wir neue Teile und mehr Performance an das Auto bringen", kündigte Alpines Executive Director Marcin Budkowski an. In der Wüste sollen es vor allem die heißen Temperaturen gewesen sein, die dem A521 den Elan nahm.

"Uns fehlen ungefähr zwei oder drei Zehntel auf die Teams, gegen die wir kämpfen wollen", so der Pole mit Blick auf McLaren und Co. Dennoch schaffte Alonso es vor zweieinhalb Wochen ins Q3. Der Spanier rechnet nicht damit, allzu bald gegen seine Ex-Teams zu kämpfen. "Ich denke, Ferrari wird dieses Jahr einen guten Schritt machen, mit seinen Ressourcen. Ich denke nicht, dass wir gegen sie kämpfen. Andernfalls würde das für sie schlechte Neuigkeiten bedeuten", so der 39-Jährige.

Den Anschluss an die Scuderia vielleicht doch herzustellen, liegt allerdings nicht allein in den Händen der Alpine-Ingenieure. Alonso selbst war mit seiner bisherigen Performance nicht ganz zufrieden. Er sieht Spielraum für Verbesserungen: "Ich war noch nicht bei 100 Prozent. Ich muss mehr Pace in mir und mehr Selbstvertrauen finde, und auch mehr aus dem Auto herausholen, auf der Bremse und am Start."