Lob von allen Seiten für Formel-1-Neuling Yuki Tsunoda: Der junge Japaner in Diensten AlphaTauris begeisterte bei seinem F1-Debüt am vergangenen Wochenende in Bahrain (Ergebnis: P9 im Rennen, P5 im Fahrerranking von Motorsport-Magazin.com) die Expertenwelt. Formel-1-Sportchef Ross Brawn spricht vom besten Rookie seit mehreren Jahren, Teamchef Franz Tost sieht in dem 20-jährigen Youngster einen kommenden Weltmeister.

„Von Yuki Tsunoda bin ich richtig begeistert. Ich habe ihn am Wochenende zum ersten Mal getroffen, er hat einen wirklich beeindruckenden Charakter“, schreibt Brawn in seiner obligatorischen Nachbesprechung des Grand Prix. „Er ist ziemlich unterhaltsam - und seine Sprache im Auto kann ein wenig schlüpfrig sein!“

Yuki Tsunoda: Rohrspatz statt Japaner-Klischee

Damit zielt der Brite vor allem auf das erste Freie Training. Gleich in der seiner ersten Session sorgte Tsunoda dort für Begeisterung, indem am Boxenfunk direkt einmal sein Temperament zum Vorschein kam. „Come on! Ich hatte verdammt nochmal Verkehr“, fluchte der Japaner wegen einer so ruinierten Runde. Nichts da Klischee vom höflichen Japaner.

„Ich versuche immer, in jeder Session ruhiger zu werden, denn das ist fast schon mein schwächster Punkt“, scherzte Tsunoda später auf Nachfrage mit einem Lachen. „Vergangenes Jahr habe ich jede Menge geflucht und so meinen Fokus verloren. Deshalb versuche ich, ich zu trainieren, um nicht mehr so viel zu fluchen. Aber da im ersten Training war ich zu emotional.“

Tsunoda schwächelt im Qualifying & am Start: AlphaTauri übernimmt Verantwortung

Wenn das bereits die größte Schwäche sein soll, ist fast schon alles gesagt. Tsunoda überzeugte am Wochenende fast auf ganzer Linie. Einzig im Qualifying ließ der Japaner mit seinem Ausscheiden im Q2 viel liegen. Teamkollege Pierre Gasly qualifizierte sich als Fünfter, Tsunoda nur auf P13. Allerdings mutete AlphaTauri seinem Neuling aus dem Stand viel zu. Tsunoda sollte sich wie Gasly gleich einmal mit Medium-Reifen für das Q3 qualifizieren. Dass das misslang, wirft man intern mitnichten dem Japaner, sondern sich selbst vor.

Dasselbe gilt für die direkte Folge - einen mäßigen Rennstart. „Er hat im Startgetümmel etliche Plätze verloren, aber das hängt auch damit zusammen, dass wir ihm gesagt haben, er sollen schauen, die ersten Runde zu überleben“, berichtet Teamchef Franz Tost im AvD Motor & Sport Magazin auf SPORT1. Tsunoda wollte davon schon zuvor nichts wissen, übernahm dennoch selbst die Verantwortung. „Das war heute mein großer Fehler“, sagte der Japaner.

Ross Brawn: Tsunoda bester Rookie seit Jahren

Alles danach überzeugte jedoch auf ganzer Linie. „Er hat im Rennen einige brillante Momente geliefert, was sehr ermutigend ist, da es sein erstes F1-Rennen war“, lobt Brawn und legt mit einer gewagten These nach: „Er ist der beste Rookie, den die F1 seit Jahren hatte. Er war ziemlich atemberaubend, in welcher Serie er auch immer angetreten ist.“

Sehr viel größer könnte ein Lob kaum sein. Je nachdem wie Brawn „seit Jahren“ definiert, hebt der Brite den 65. Fahrer der Formel 1, der gleich bei seinem Debüt punktete (zuletzt gelang das 2016 Stoffel Vandoorne ebenfalls in Bahrain), damit immerhin über das Niveau von Kalibern wie George Russell, Lando Norris, Alexander Albon (Debüt bei allen 2019), Charles Leclerc (Debüt 2018) und Mick Schumacher (Debüt 2020)

Formel-1-Weltmeister Tsunoda: Tost ist sich sicher

Für Tost steht ohnehin fest: Tsunoda wird ein ganz Großer. „Yuki wird in der Formel 1 sehr erfolgreich sein und viele Rennen gewinnen. Er wird Weltmeister eines Tages, da bin ich sicher“, prognostiziert der Teamchef des mit 20 Jahren jüngsten Punktesammlers Japans überhaupt. Gleichzeitig war Tsunoda der erste Japaner in den Punkten seit Kamui Kobayashi beim Japan GP 2012.

„Seine Beförderung durch Red Bull scheint ein brillantes Manöver gewesen zu sein“, sagt Brawn. Der Brite hofft bereits auf einen Boom der in Japan auch ohne eigenen Piloten ohnehin schon beliebten Formel 1. „Wir können uns alle an die glorreichen Tage mit vollen Tribünen in Suzuka und die Leidenschaft der japanischen Fans erinnern“, sagt Brawn. „Ich denke, dass wir das erneut haben werden - was unglaublich aufregend ist.“

Franz Tost skizziert: Was Tsunoda zum Top-Talent macht

Was Tsunoda so gut macht, wie er bis dato scheint, weiß keiner besser als Franz Tost. „Seine fahrerischen Fähigkeiten muss man auf allerhöchstes Niveau heben. Er ist sehr zielstrebig, sehr fokussiert und mental sehr stark“, beschreibt der Österreicher bei SPORT1. „Er ist erst vor zwei Jahren von Japan nach Europa gekommen. Das sind völlig andere Kulturen. Und sich so durchzusetzen - da muss man schon sehr, sehr stark sein im Kopf.“

Tost weiter: „Er kann den Speed sehr gut abschätzen. Er ist stark auf der Bremse. Und er ist ein Kämpfer. Dieses Selbstbewusstsein ist wichtig. [...] Seine Lernkurve ist sehr gut und er setzt das sofort um. Und ich hoffe, dass er sich weiterhin so entwickelt.“