AlphaTauris Formel-1-Rookie Yuki Tsunoda debütiert 2021 im Schatten seiner ehemaligen Formel-2-Rivalen. Mick Schumacher wird als Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher bei seinem Einstand mit Haas die größte Aufmerksamkeit zuteil. Sein Teamkollege Nikita Mazepin steht aufgrund seines umstrittenen Auftretens im Fokus. Doch Red Bulls Youngster könnte der Geheimtipp unter den Neueinsteigern sein. Sein Karriereweg unterscheidet sich grundlegend von denen seinen Rivalen. Eine lange Lernphase gestattet er sich nicht.

"Wir erwarten, dass er eine steile Lernkurve haben wird. Er sollte in der Lage sein, ziemlich schnell eine gute Performance zu erreichen", sagt AlphaTauri-Teamchef Franz Tost. Angesichts der überschaubaren Erfahrung im Formelsport rechnet er jedoch auch mit den üblichen Rookiefehlern: "Natürlich wird er ein paar Unfälle haben, aber das ist Teil des Entwicklungsprogramms."

Bei seinen ersten Einsätzen für AlphaTauri hinterließ Tsunoda einen fehlerfreien sowie starken Eindruck. "Seine Fahrzeugbeherrschung ist außerordentlich, genau wie seine Stärke auf der Bremse und sein Speed in schnellen Kurven", lobt Tost. "Wenn er so weitermacht wie bei den Tests in Imola und Abu Dhabi, werden wir einige fantastische Rennen sehen."

Tsunoda will so schnell wie möglich Resultate zeigen

"Mein Hauptziel für diese Saison ist, schnell zu lernen und so schnell wie möglich Resultate abzuliefern. Ich muss immer mein Bestes geben, dann werden wir sehen, wie es läuft", kündigt Tsunoda an. Der 20-Jährige hat zweifelsohne die schwerste Aufgabe aller Rookies. Als Teamkollege von Rennsieger Pierre Gasly hat er einen etablierten Teamleader als Messlatte, während die anderen Neueinsteiger bei Haas unter sich sind.

"Das erste Ziel eines jeden Fahrer ist, den Teamkollegen zu schlagen. Aber er wird sehr schwer zu bezwingen sein", so Tsunoda angesichts dieser Herausforderung. Gleichzeitig kann er vom 26-jährigen Franzosen auf eine Weise profitieren, die Schumacher und Mazepin in ihrer ersten Saison nicht gewährt wird.

"Pierre ist ein sehr fähiger Fahrer und hat auch die nötige Erfahrung, um das Team und Yuki zu führen", sagt Tost. Der Schüler ist sich dessen trotz seiner hohen Ambitionen bewusst. "Er ist unglaublich talentiert und ich freue mich darauf, diese Saison alles mögliche von ihm zu lernen. Ich habe schon gesehen, wie gut er ins Team integriert ist", so Tsunoda.

Tost erhofft sich eine gesunde Rivalität, von der beide Piloten gleichermaßen profitieren: "Alle Fahrer vergleichen sich mit ihrem Teamkollegen. Je besser dieser ist, umso mehr pushst du, um dich zu verbessern. Yuki kann in allen Aspekten viel von Pierre lernen. Wenn du einen starken und erfahrenen Teamkollegen hast, kannst du viele Parameter vergleichen, die dir helfen, deine eigene Performance zu verbessern."

Tsunoda im Formelsport aus dem Stand erfolgreich

Was die Entwicklung von Tsunoda angeht, ist Honda-Motorsportchef Toyoharu Tanabe ob der Vorzeichen optimistisch. "Er kam in der F3 und F2 schnell zurecht. Deshalb glaube ich, dass er sich in der Formel 1 von Rennen zu Rennen steigern wird", sagt er. Nach seiner Aufnahme ins Red-Bull-Juniorprogramm im Jahr 2019 brauchte er nur zwei Jahre in den beiden höchsten Nachwuchsserien, um die Beförderung zu erhalten.

Tsunodas Karriereweg steht im vollen Gegensatz zu dem von Mick Schumacher. Der Ferrari-Junior erhielt im Nachwuchsbereich jeweils zwei Jahre Zeit und wurde in aller Ruhe ausgebildet. Der F2-Champion will diesen Ansatz auch bei Haas in der Formel 1 verfolgen. Sein japanischer Rennfahrerkollege kennt diesen Ansatz nicht. Er absolvierte zu Beginn seiner Laufbahn zwei volle Saisons in der Formel 4, die er als Dritter respektive als Meister abschloss.

Danach zog es ihn nach Europa. Dort ging alles ganz schnell. Auf eine Saison in der Formel 3, die er mit einem Sieg als Neunter beendete, folgte der Aufstieg in die Formel 2. Dort überzeugte er mit drei Triumphen und Platz drei in der Gesamtwertung. Einzig die Ferrari-Junioren Mick Schumacher und Callum Ilott landeten im F1-Unterhaus vor ihm, blickten jedoch beide bereits auf eine Saison Erfahrung zurück.

Red-Bull-Youngster kennt keine Lehrjahre

"Ich musste in allen Rennserien sehr schnell eine starke Pace entwickeln, deshalb war ich von Beginn meiner Karriere an darauf fokussiert, mich sofort gut anzustellen", erklärt Tsunoda sein Erfolgsrezept. Dass dies auch in der Formel 1 aufgehen kann, bewiesen unlängst drei mittlerweile etablierte Namen.

2018 stieg Charles Leclerc nach nur einer Saison in der Formel 2 und dem Titelgewinn auf. Vor zwei Jahren lösten gleich zwei Fahrer das Expressticket. George Russell und Lando Norris hatten in der F2 auf Anhieb die Plätze eins und zwei der Gesamtwertung belegt und gaben sich als Rookies im Wettbewerb gegen die arrivierten F1-Größen von Beginn an keine Blöße.

"Ich habe schon einige der Rennstrecken gesehen und auch viel über das Reifenmanagement gelernt. Die F2 verleiht dir ein gutes Verständnis, auf hohem Niveau mit einem Team zu arbeiten", so Tsunoda, der sich ebenfalls gut für den großen Schritt gewappnet fühlt. "Es gibt immer viel zu lernen und die F2 war eine nützliche Erfahrung und ein gutes Warm-up, um mein nächstes Abenteuer in der F1 zu starten."

Tsunoda hat Respekt vor der Formel 1

Die ersten F1-Kilometer sammelte er im vergangenen November in Imola, wo er einen Toro Rosso STR13 aus dem Jahr 2018 pilotieren durfte. In Abu Dhabi stieg er einen Monat später für einen Test in den AT01. "Die Geschwindigkeiten sind ein riesengroßer Unterschied. Auch was die Technik angeht, gibt es viele Unterschiede. Es ist ein sehr großer Schritt", so Tsunoda.

Er will sich in der Lernphase ranhalten. "Es gibt viele komplexe Abläufe, die ich so schnell wie möglich lernen muss. Außerdem ist das Team viel größer und es gibt mehr Ingenieure, mit denen man arbeitet", sagt er. Doch auch das große Ganze an der Spitze des Sports verlangt ihm Respekt ab.

"Die Saison ist viel länger. Es wird für mich wichtig sein, gut trainiert und stark zu sein, sowohl physisch als auch mental, um die 23 Rennen mit wenig Erholungszeit über die Bühne zu bringen", erklärt er. Im vergangenen Jahr absolvierte er lediglich zwölf Rennwochenenden, von denen neun auf europäischem Boden stattfanden. Das doppelte Pensum inklusive Interkontinentalreisen ist für ihn ein Novum: "Das wird auch ein großer Unterschied zur Formel 2."