Der Hauptdarsteller fehlte. Ausgerechnet Formel-1-Rückkehrer Fernando Alonso war nicht dabei, als Renault-Nachfolger Alpine in dieser Woche sein neu formiertes Team samt des neuen F1-Boliden A521 in völlig neuem Gewand der französischen Nationalfarben präsentierte. Hintergrund: Alonso hatte im Februar einen Unfall beim Radtraining in seiner Schweizer Heimat erlitten, soll sich voll auf seine Erholung für sein F1-Comeback konzentrieren .

Nicht einmal einen Einspieler des zweifachen Formel-1-Weltmeisters aus Spaniern lieferte Alpine. Während Alonso selbst sich also nicht - oder ausschließlich durch ein seitens Alpine vorproduziertes Q&A - äußerte, wurde über Alonso viel gesprochen. Der 39-jährige Hoffnungsträger war auch in Abwesenheit omnipräsent.

Renault-Boss: Alonso bringt Stolz, aber auch Verantwortung

„Fernando Alonso ist Nachhause gekommen. Er bringt uns Speed, Hartnäckigkeit, Willen, Talent, Erfahrung und Engagement“, schwärmte etwa Renault-CEO Luca de Meo. „Es ist ein großer Stolz, diesen fantastischen Fahrer zu haben, aber auch eine große Verantwortung.“ Damit zielte der Italiener mehr darauf, Alonso ein ordentliches Paket zu stellen, als auf dessen gesundheitliches Wohlbefinden.

Darauf konzentrierte sich stattdessen Alpine-Chef Laurent Rossi. „Fernando geht es sehr gut. Er hatte einen üblen Unfall. Ein Radunfall ist selten eine Kleinigkeit, aber er hatte Glück, bis auf seinen Kiefer eben“, berichtete Rossi und lieferte ein Update: „Abseits der notwendigen Operation seines Kiefers ist er komplett in Ordnung. Fernando ist vollkommen fit und voll beweglich.“

Fernando Alonso nach Unfall fast vollständig genesen

Wer dem Spanier im Social Web folgt, konnte das längst anhand diverser Videos und Fotos selbst erahnen. Wie schnell die Genesung verlief, habe Alpine überrascht, so Rossi. „Er uns nahezu direkt nach dem Unfall bestätigt, dass er in Bahrain sein wird. Die Ärzte haben das auch bestätigt. Es sieht so aus, als hätte er da voll und ganz richtig gelegen, denn er ist voll und ganz fit und wir freuen uns darauf, ihn nächste Woche im Auto zu sehen“, ergänzte der 45-Jährige.

Alonso startet also erst mit den offiziellen Wintertestfahrten in Bahrain. „Es ist wichtiger, ihn vollkommen fit beim Test zu haben, als hier für den Launch oder für den Shakedown“, erklärte Executive Director Marcin Budkowski Alonsos fehlen. Den Shakedon am Tag nach der Präsentation fuhr deshalb Teamkollege Esteban Ocon. Noch dazu wäre es wegen Einreisebestimmung durch die Corona-Krise ohnehin zusätzlich kompliziert gewesen, Alonso nach Enstone einzufliegen. „Das ist nicht die beste Situation“, sagte der Pole.

Alonso betont: Sogar besser in Form denn je

Alonso selbst versicherte in genanntem Q&A, zum Start der Formel-1-Saison 2021 wieder vollständig genesen und bereit zu sein. Nein, mehr sogar. „Ich fühle mich großartig und in der besten Form, in der ich jemals gewesen bin, sowohl physisch als auch mental“, betonte der Spanier. Unfall? Gar kein Thema mehr. Bloß eine Schwäche nicht einmal andeuten. „Ich bereite mich jetzt schon eine ganze Weile auf dieses Comeback vor und bin neu motiviert. Ich bin bereit!“

Keinen Zweifel daran hegt einer, für den Alonsos Rückkehr ganz besonders entscheidend ist, Teamkollege Ocon. Der Franzose geht 2021 in seine zweite Saison mit dem Team, ist also eingespielt, auf gewisse Weise der Platzhirsch und muss sich nicht nur deshalb gut aus der Affäre ziehen. Unterliegt er dem noch dazu schon 39-jährigen Rückkehrer, wäre das pures Gift für das Standing und den Marktwert des Franzosen. Das weiß Ocon selbst am besten.

Esteban Ocon: Alonso wird ein harter Gegner

„Fernando ist ein zweifacher Weltmeister und ich werde zum ersten Mal neben einem Weltmeister fahren. Das wird interessant. Ich erwarte, dass er bereit ist“, sagte Ocon. Ohnehin werde Alonso von Start weg stark auftreten. „Er hatte letztes Jahr ja viele Tests und hat insgesamt viel Erfahrung. Er wird vom ersten Rennen an da sein. Ich erwarte einen harten Gegner, aber ich freue mich darauf, es mit ihm aufzunehmen!“

Besser vorbereitet als im Vorjahr fühle er sich. Deshalb will Ocon die Saison diesmal auf dem Niveau beginnen, auf dem er die vorherige beendet hatte. „Ich wüsste auch nicht, warum mir das nicht gelingen sollte“, sagte der Franzose. Zumal er von Alonso auch lernen könne. Ohnehin sprach Ocon mehr von einer Zusammenarbeit als teaminterner Rivalität. Das funktioniere mit dem Spanier ohnehin gut. „Wir sind schon 2018 gegeneinander gefahren. Da war es immer sehr eng, aber auch sehr fair.“

Alonso freut sich seinerseits nicht minder und erinnert sich ebenfalls an einige Duelle vor drei Jahren. Genau wie der Franzose redet der Spanier seinen Teamkollegen stark. „Er hatte eine starke Vorsaison, besonders in der zweiten Hälfte“, lobte Alonso Auch er könne da lernen, so der Spanier. Dennoch komme er als kompletterer Rennfahrer zurück in die Formel 1 als er bei seinem Abschied von McLaren Ende 2018 gewesen sei.

Le Mans, WEC und Dakar hätten ihn Einiges gelehrt. „Du lernst immer, wenn du dich selbst an neue Limits treibst und auch mal deine Komfortzone verlässt. Ohne Zweifel bin ich jetzt kompetenter als vor zwei Jahren“, sagte Alonso. Drei oder vier Rennen werde allerdings auch er brauchen, um alles zu optimieren, so der Spanier. „Das gilt für jeden. Ich hatte auch noch diesen kleinen Rückschlag mit dem Radunfall vor ein paar Wochen. Aber zum Glück wird die Vorbereitung und meine Fitness davon nicht beeinträchtigt sein.“

Neuer Alpine-Rennleiter: Alonsos Ansprüche gerade gut

Nach der kurzen Eingewöhnung erwartet Alonso 2021 von sich selbst dann nahezu Perfektion: „Das müssen wir an den Renntagen schaffen, und dafür habe ich mich vorbereitet.“ Sein Ziel ist klar: Alonso will mit Alpine besser abschneiden als Renault im Vorjahr. „Sie waren in einer sehr engen Meisterschaft kurz davor dritter zu werden. Drei Podien waren auch ein großer Schritt zu den Vorjahren, aber wir müssen es dieses Jahr noch besser machen“, forderte Alonso.

Diese Einstellung ist es, die Alpine jedoch auch fürchten kann. Alonso ist bekannt davon, viel zu verlangen. Der neue Renndirektor Davide Brivio begrüßt jedoch genau das. „Ja, er ist sehr anspruchsvoll. Aber das mag ich. Wir brauchen diesen Typ Fahrer, der darauf aus ist, das absolute Maximum zu holen“, sagte der ehemalige Suzuki-Mann. Einen schwierigen Umgang erwartet Brivio deshalb nicht. „Er ist ein normaler Kerl, nur extrem motiviert. Er kommt nicht nur zurück, um Auto zu fahren, sondern für gute Ergebnisse. Fernando ist einer der entschlossensten Fahrer, den ich je getroffen habe.“

Renault & Alpine glauben an Esteban Ocon

„Fernandos Motivation ist unglaublich“, bestätigte Budkowski. Das sei bereits beim Test in Abu Dhabi im vergangenen Jahr klar ersichtlich gewesen. Doch auch Ocon müsse sich nicht verstecken. „Er arbeitet sehr hart und ich erwarte, dass er diese Saison noch einen Schritt macht“, sagte der Pole. Die zweite Geige für Alonso spielen lassen will Alpine Ocon mitnichten. Einen Status als Nummer Eins gibt es für den Spanier jedenfalls nicht. „Auf keinen Fall. Das ist auch nicht gesund. Es gibt keine Instruktionen und keinen Nummer-Eins-Fahrer“, versicherte CEO Rossi.

Langfristig setzt der Konzern offensichtlich ohnehin mehr auf die Karte des Franzosen im französischen Team. „Esteban Ocon ist ein Star in der Mache“, sagte Big Boss de Meo. Mit Platz zwei in Bahrain habe Ocon dieses Potential im Vorjahr bereits nachgewiesen. „Und wir können von ihm noch ein paar tolle Podestplätze erwarten.“ Renndirektor Brivio erwartet, dass Ocon nun den nächsten Schritt gehen und es so – hoffentlich - mit Alonso aufnehmen kann.

„Esteban ist jung, aber genauso hungrig. Er ist sehr schnell. Das haben wir durch sein Podium in Bahrain gesehen und daran, wie nah er gegen Saisonende an Daniel dran war. Jetzt sind die Ecken geschliffen, er ist fokussiert auf die Details und gibt zielgerichtetes Feedback, ist nicht mehr so selbstkritisch“, sagte der Italiener. „Ich freue mich darauf, sie sich gegenseitig pushen zu sehen. Das ist die beste Kombination, die du haben kannst. Deshalb hoffe ich, dass wir in dieser Situation sein können.“