Pierre Gasly sammelte im Qualifying zum Formel-1-Rennen in Imola 2020 weitere Argumente für eine Ernennung zum F1-Fahrer des Jahres in diversen Rankings. Mit Platz vier egalisierte der Franzose nicht nur sein eigenes bestes Qualifying-Ergebnis der Karriere (P4 beim Deutschland GP 2019 mit Red Bull), sondern erzielte für AlphaTauri damit auch das beste Resultat in einem Zeittraining seit Sebastian Vettels berühmter Pole für Toro Rosso im Regen von Monza der Saison 2008.

Abgezeichnet hatte sich dieser starke Auftritt in Imola sofort. Schon im einzigen Training des verkürzten Rennwochenendes am Vormittag hatte der Franzose die Top-5 geentert, genauso im Q1 und Q2. Daniil Kvyat bestätigte mit Platz acht für die Startaufstellung, dass es sich nicht nur um einen erneuten Sahnetag Gaslys handelte, sondern AlphaTauri den AT-01 beim Emilia Romagna GP generell in eine Waffe verwandelt hat. P8 war der erste Q3-Einzug des Russen in der laufenden Saison überhaupt.

AlphaTauri fuhr Imola-Test im Juni

„Ich habe einige starke Quali-Runden zusammenbekommen und mein bestes Qualifying-Ergebnis in der F1 eingestellt - P4 ist echt cool und ich bin zufrieden, dass es mir hier in Imola gelungen ist“, jubelte Gasly im Hinblick auf die nur 15 Kilometer entfernte Heimat seines Teams in Faenza. „In Italien scheinen wir schnell zu sein“, ergänzte der Sieger des diesjährigen Italien GP in Monza.

Die Nähe zu Faenza war es auch, die AlphaTauri im Juni dieses Jahres auf die Idee brachte, im Autodromo Enzo e Dino Ferrari einen Filmtag abzuhalten, um vor dem Coronavirus-bedingt weit nach hinten verschobenen Saisonstart den Rost abzuschütteln. Gasly und Kvyat pilotierten dabei nicht nur den aktuellen AT-01 mit der im Reglement verankerten Begrenzung von 100 Kilometern, sondern auch einen älteren Boliden der Scuderia, dem STR13. Hier gilt keine Kilometerbegrenzung.

Pierre Gasly: Test hat natürlich geholfen

Steckt genau dieser Test - zum Zeitpunkt des Filmtags stand noch nicht fest, dass Imola in den Rennkalender aufgenommen werden würde - hinter der starken Form des Teams nun am Rennwochenende? „Natürlich hat es uns geholfen. Einfach, um ein Gefühl für die Strecke zu bekommen“, gestand Gasly. „Es ist eine sehr schwierige Strecke. Du musst sehr stark über die Kerbs fahren und musst wirklich das richtige Gefühl im Auto bekommen, um alles herauszuholen.“ Allerdings sei auch der Teil im AT-01 nicht mit einem Performance-Setup erfolgt, berichtete Gasly. „Wir waren also viel langsamer und es waren ja sowieso nur 15 Runden“, relativierte Gasly den Effekt. „Aber wir nehmen schon alles, was wir können, mit und ich denke, dass es eine gute Entscheidung war, den Shakedown zu machen.“

Kvyat erachtet die Hilfe durch den Shakedown als noch kleiner. „Ich denke nicht, dass es ein großer Vorteil war. Ich denke nicht, dass das mit den paar Runden und den speziellen Reifen [bei Filmtagen stehen die regulären Pirelli-Pneus nicht zur Verfügung] sonderlich repräsentativ war“, sagte der Russe. „Aber es war schon gut für die Jungs [Ingenieure], zumindest etwas über die Strecke zu wissen, Das Setup und alles weitere mussten wir aber heute erst erarbeiten. Alle haben einfach einen guten Job gemacht, wir waren sofort nicht weit weg und das Auto fühlte sich sofort gut und schnell an.“

Darum ist AlphaTauri in Imola so stark

Gasly sieht den Shakedown ebenfalls längst nicht alleinverantwortlich für die starke Performance im Qualifying. „Es ist eine Mischung aus einigen Dingen. Das Auto fühlte sich im Training aus dem Stand gut an. Wir haben unsere Lehren aus Portimao und den vorherigen Rennen gezogen und das Paket scheint auf dieser Strecke auch gut zu funktionieren“, analysierte Gasly. „Heute gab es keinen Wind und wir wissen, dass das Auto dann gut funktioniert. Ich habe auch richtig gute Runden zusammenbekommen. Es war ein sehr enger Kampf, aber wir sind vorne gelandet.“

Letzteres galt für Kvyat mit Abstrichen. „Es war ein enges Qualifying und ich denke, dass vielleicht eineinhalb Zehntel gefehlt haben, um ein tolles Resultat zu bekommen. Aber mit meiner Runde mit ich trotzdem noch zufrieden“, sagte der Russe. Eineinhalb Zehntel hätten tatsächlich für Startplatz sechs statt acht gereicht, keine zwei, um sich auch an Daniel Ricciardo vorbei, direkt hinter Gasly zu schieben.

Konkurrenz verblüfft: Plötzlich hinter AlphaTauri

Ricciardo unterdessen verpasste Gasly wiederum nur haarscharf - um zwei Hundertstelsekunden. Obwohl nur so knapp, ärgerte sich der Australier kaum. „Das war die beste Q3-Runde des Jahres. Es war Wow! Ich lächle noch immer“, jubelte Ricciardo. „Ich würde auf keinen Fall sagen, dass ich es verbockt habe oder irgendwo auch nur irgendwas liegengelassen haben.“ Gasly habe deshalb sicher nicht den Unterschied gemacht, feixte der Honeybadger: „Er hatte einfach ein besseres Auto!“ Nein, so Ricciardo, die Gasly-Runde sei ganz sicher auch on top gewesen.

So sahen es die McLaren-Piloten und Charles Leclerc, zuletzt in der Regel davor, nun allesamt von Gasly überflügelt. „Er hat einen tollen Job gemacht, eine tolle Runde“, lobte der Ferrari-Pilot. AlphaTauri insgesamt fiel der Konkurrenz allerdings auch auf. „Letztes Wochenende war nur Pierre sehr stark, jetzt scheinen beide Autos sehr stark, deshalb sind wir diesmal zwei Plätze weiter hinten“, sagte der neuntplatzierte Lando Norris.

Gasly widmet Top-Qualifying Ayrton Senna

Gasly unterdessen widmete sein bestes Karriere-Ergebnis im Qualifying niemand geringerem als Ayrton Senna. In Imola fährt der Franzose mit einem gelben Tribute-Helm für den dort vor 26 Jahren verstorbenen Brasilianer. „Ich habe diesen besonderen Helm für Ayrton gemacht, weil ich immer ein großer, großer Senna-Fan war. Er war eines meiner Idole und es war mir wichtig, das hier zu machen.“

Im Rennen sieht Gasly angesichts des extrem engen Mittelfelds noch alles offen. Gewonnen sei noch nichts. „Aber es ist ein sehr guter Auftakt in das Wochenende“, sagte Gasly. „Es wird wichtig sein, die Position jetzt am Start zu behalten. Ich erwarte einen harten Kampft mit Charles, Daniel und den anderen, aber wir sind jetzt in einer guten Position. Wir müssen das halten und versuchen, so viele Punkte wie möglich zu ergattern!“

Formel 1 verurteilt Track Limits in Imola: Töten das Racing!: (13:56 Min.)