Der Pierre-Gasly-Schock sitzt in der Formel 1 nach Monza tief - zum ersten Mal seit 2013 hat ein Fahrer, der nicht für Mercedes, Ferrari oder Red Bull antritt, ein Rennen gewonnen. Mercedes-Pilot Lewis Hamilton musste sich dafür in der zweiten Rennhälfte nach einem Neustart von ganz hinten durch das Feld kämpfen.

Aufgrund der Unterbrechung mit der roten Flagge ähnelte die zweite Hälfte des Italien-GPs von 2020 auf gewisse Weise einem Sprintrennen mit umgedrehter Startaufstellung. Ross Brawn, Sportchef der F1-Eigentümer Liberty Media, sieht darin nun den Beweis: Rennen mit einem durchgemischten Grid funktionieren. Nachdem er mit dem Plan im Frühjahr noch bei den Teams abgeblitzt war, will er ihn jetzt wieder auf die Tagesordnung bringen.

Formel 1 und FIA: Zweiter Anlauf zum Reverse Grid?

Ursprünglich hatte die Formel 1 in der Zwangspause versucht, Reverse-Grid-Qualifyingrennen einzuführen. An ausgewählten Wochenenden hätte am Samstag ein verkürztes Rennen stattgefunden, bei dem die Startaufstellung die umgekehrte WM-Reihenfolge gewesen wäre. Das Ergebnis dieses Sprints hätte den Grid für das eigentliche WM-Rennen am Sonntag festgelegt.

"Monza war ein Kandidat für ein Reverse-Grid-Sprintrennen, als wir überlegt haben, dieses Format in diesem Jahr zu testen", bestätigt Ross Brawn in seiner Kolumne auf der offiziellen F1-Website. "Leider konnten wir es nicht durchbringen."

Die Idee war bis zur Abstimmung mit den Teams gelangt. Dort aber war Einstimmigkeit vonnöten, um so eine Regeländerung einzuführen. An dieser Hürde scheiterte es. Mercedes legte sich auch öffentlich quer. "Aber das Konzept ist noch immer etwas, das wir und die FIA in den nächsten Monaten durcharbeiten und mit den Teams für nächstes Jahr diskutieren wollen", meint Brawn.

Die politische Landschaft in der Formel 1 hat sich nämlich geändert. Mit dem neuen Concorde Agreement hat sich die Regierungs-Struktur verändert, mit einher ging das Ende des Einstimmigkeits-Zwanges für so eine Änderung. Wenn die Formel 1 für 2021 Reverse-Grid-Rennen will, reicht eine sogenannte 'Super-Mehrheit'.

Das sind 28 von 30 Stimmen der Beteiligten. Von den 30 gehören zehn der FIA, und zehn den Formel-1-Inhabern Liberty Media. Die verbleibenden zehn sind die Teams. Einfach gesagt: Stimmen acht von zehn Teams zu, ist die 'Super-Mehrheit' erreicht.

Brawn sieht Monza als Beweis für Reverse-Grid-Potential

"Wir glaube, dass das Rennen gestern die Spannung gezeigt hat, die ein durchgemischtes Feld erzeugen kann", meint Brawn. "Und mit den nächstjährigen Autos, die gleich bleiben - da könnten unsere Fans ähnliches Drama sehen, wie wir es an diesem Wochenende in Monza hatten."

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"Natürlich müssten die Teams bei einem Reverse-Grid-Sprintrennen ihre Autos anders abstimmen", erklärt Brawn. "Gegenwärtig stimmt Mercedes ihre Autos so ab, um die schnellste Runde zu erreichen und dann das Rennen an der Spitze zu kontrollieren. Wenn sie wissen, dass sie überholen müssen, müssen sie diesen Ansatz ändern."

"Wir werden weiterhin neue Formate evaluieren", verspricht Brawn. "Mit dem Ziel, die Show zu verbessern aber immer die DNA der Formel 1 zu erhalten." Daran schieden sich in der Vergangenheit die Geister. Mit Fahrer-Kommentaren wie von Sebastian Vettel im Vorjahr: "Kompletter Bullshit."