Red Bull und Honda - bislang gleicht diese Partnerschaft einer Traumbeziehung. Nach Jahren der McLaren-Prügel fanden die Japaner zunächst mit Toro Rosso das perfekte Auffangbecken und in der aktuellen Formel-1-Saison mit Red Bull sogar den Partner, nach dem man sich so lange gesehnt hatte.

Nach einem Podium zum Auftakt drohte die Euphorie etwas zu verblassen, doch in den letzten Rennen vor der Sommerpause mauserte sich Red Bull Honda zum Geheimfavorit. Siege in Österreich und Deutschland, Pole Position in Ungarn, Rang drei in der Fahrer-WM: Manch einer glaubt zumindest noch an Außenseiterchancen im WM-Kampf.

Jacques Villeneuve gehört nicht dazu. "Das Problem ist, dass Honda in der zweiten Saisonhälfte Strafen kassieren wird", begründet der Kanadier seine Skepsis gegenüber Motorsport-Magazin.com und fügt an: "Sie haben einen Motor, der nur drei oder vier Rennen hält. Nur deshalb haben sie diese Power. Sie versuchen gar nicht, sieben Rennen zu schaffen. Mercedes und Ferrari könnten das, und hätten dann 30 PS mehr."

Marko antwortet auf Villeneuve-Aussagen: Blödsinn

Auf die Villeneuve-Aussagen angesprochen, kontert Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko nur mit einem Wort: "Blödsinn." Doch was steckt hinter dem Vorwurf, der Honda-Antrieb würde nur wenige Rennen schaffen?

Bislang musste Red Bull noch keine Strafversetzung in Kauf nehmen. Größere Technik-Probleme auf Motorenseite gab es noch nicht. Allerdings haben die Japaner auch schon drei Motoren eingesetzt, jedes weitere Exemplar von Verbrennungsmotor, Turbolader und MGU-H bringt Strafversetzungen mit sich.

Drei Motoren auf zwölf Rennen, das ergibt im Schnitt vier Rennen pro Motor. Doch die bisherigen Motoren sind nicht kaputt, befinden sich noch immer im Pool und können weiterhin eingesetzt werden. Das Problem: Wenn Honda zusätzliche PS im Motor findet, kommt dieser Entwicklungsschritt meist nur auf die Strecke, wenn auch neue Komponenten eingesetzt werden. Größere Entwicklungsschritte gehen fast immer mit Änderungen an der Hardware einher.

Honda ist nach der Zwangsehe mit Renault bislang eine Traumbeziehung für Red Bull, Foto: LAT Images
Honda ist nach der Zwangsehe mit Renault bislang eine Traumbeziehung für Red Bull, Foto: LAT Images

Weil Honda 2019 schon Ausbaustufen brachte, waren auch neue Motorkomponenten nötig, um sie auf die Strecke zu bringen. Gleichzeitig ist es kein Geheimnis, dass Red Bull von Honda etwas mehr Risiko bei den Motormodi forderte. Nach der Zusammenarbeit mit McLaren und den immensen Zuverlässigkeitsproblemen waren die japanischen Ingenieure gebrannte Kinder. Sie trauten sich nicht mehr, die aggressivsten Modi ihrer Power Unit zu nutzen.

Honda: Haben das Limit nicht verschoben

Spätestens seit Österreich scheint die konservative Herangehensweise aber Vergangenheit zu sein. Verstappen forderte über weite Strecken des Rennens 'Engine Mode 11', der ihm die entsprechende Leistung brachte, um am Ende an Charles Leclerc vorbeizugehen. War das zu viel des Guten für den Motor? "Wir haben das Limit nicht geändert, aber wir versuchen, exakt das Limit zu nutzen", erklärt Motorenchef Toyoharu Tanabe.

Groß an Zuverlässigkeit soll die Power Unit deshalb nicht eingebüßt haben. Trotzdem ist zumindest ein unplanmäßiger Motorwechsel sehr bald einkalkuliert. Laut Red Bull soll in Monza die nächste große Ausbaustufe aus Japan kommen. Weil sich die Bullen auf der Power-Strecke ohnehin keine großen Chancen ausrechnen, nimmt man dort die Strafen noch am ehesten in Kauf.

Die Frage ist aber, ob es dabei bleiben wird. Theoretisch würde ein neuer Motor in Monza für den Rest der Saison reichen. In den Trainings werden ohnehin ältere Triebwerke eingesetzt, auf weniger leistungsintensiven Strecken kann auch im Rennen auf die ältere Spezifikation zurückgegriffen werden. Kommen in Italien - was Sinn machen würde - auch gleich neue Komponenten von MGU-K, Batterie und Steuereinheit zum Einsatz, müssten die ohnehin bis Abu Dhabi reichen.

Welcher Hersteller hat bislang am meisten Motorenteile eingesetzt? Welche Piloten müssen mit Strafen rechnen? Alle Infos gibt es am Donnerstag auf Motorsport-Magazin.com in der großen Motoren-Übersicht.