Daniel Ricciardos Entscheidung in der Formel-1-Saison 2019 für Renault zu fahren überraschte in der Sommerpause. Fast das gesamte Paddock, inklusive seines Noch-Arbeitgebers Red Bull, hatte damit gerechnet, dass er seinen Vertrag bei den Österreichern verlängern würde. Am Ende entschied er sich gegen Red Bull und für einen Neuanfang. Allerdings nicht wegen Red Bulls Honda-Deal und auch nicht wegen Max Verstappen.
"In den Medien und aus Sicht der Fans hätte das wohl der Fall sein können", so Ricciardo über eine vermeintliche Flucht vor Shooting Star Verstappen. In seiner Entscheidungsfindung soll der Niederländer aber keine Rolle gespielt haben. "Intern gab es nur in Baku den Zwischenfall. Und was Gleichbehandlung innerhalb des Teams anging sah es von außen vielleicht auch danach so aus - aber Hand aufs Herz, das war nie ein Thema und es gab dafür auch keine Anzeichen."
Generell sei das Verhältnis zu Verstappen stets gut gewesen, auch trotz aller Rivalität innerhalb der Garage. "Dafür wie ehrgeizig wir als Menschen sind, haben wir diesen Kampf zwischen Teamkollegen sehr gut gemanagt", glaubt Ricciardo. "Wir sind in etlichen Rennen nur zwei Mal aneinandergeraten. Das ist nicht perfekt, aber auch nicht schlecht. Ich habe es genossen einen starken Teamkollegen zu haben."
Ricciardo: Honda muss sich an der Spitze immer noch beweisen
Neben einer vermeintlichen Flucht vor Verstappen wurde Ricciardo seit Verkündung der Red-Bull-Honda-Partnerschaft nachgesagt, nicht von der Kooperation mit den Japanern überzeugt zu sein. "Honda muss sich an der Spitze immer noch beweisen", so der 29-Jährige, der einzig und allein persönliche Gründe für seine Wahl angibt.
"Ich wollte einen Tapetenwechsel, schätze ich. Es war nicht der Motorendeal oder das Geld. Ich bin an einem Punkt, an dem ich seit fünf Jahren bei Red Bull fahre und seit zehn Jahren bei diesem Unternehmen bin. Es war fantastisch, aber ich hatte das Gefühl, dass jetzt die Zeit für etwas Neues gekommen ist", erklärt Ricciardo.
Ricciardo haderte lange mit Entscheidung: Viele schlaflose Nächte
Dr. Helmut Marko hatte in dieser Woche auf ServusTV erklärt, dass Red Bull bis zuletzt mit einer Unterschrift Ricciardos gerechnet hatte und dieser sogar zugesagt hatte. Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com erklärt er, weshalb er mit seiner Renault-Bekanntgabe so spät dran war. "Es war alles sehr eng mit den Deadlines. Und es war nichts, das ich bereits seit Wochen oder Monaten wusste."
Die Verhandlungen mit Renault zogen sich jedoch über einen längeren Zeitraum. "Natürlich war Renault für einige Zeit schon Teil meiner Abwägungen und sie kamen nicht erst im allerletzten Moment aus dem Nichts. Ich war wirklich hin- und hergerissen was ich machen soll, und dieser Prozess dauerte seine Zeit", sagt Ricciardo. "Es hört sich einfach an, aber es war nicht einfach. Ich hatte viele schlaflose Nächte um die beste Lösung für mich herauszufinden."
Ricciardo über Anruf bei Dr. Marko: Ich mag es nicht, jemanden zu enttäuschen
Den finalen Entschluss fasste er offenbar erst nachdem er sich mit Red Bull über die Vertragsmodalitäten einig geworden war. "Am Rennwochenende in Budapest war ich mir immer noch nicht sicher. Dann bin ich am Dienstag den Test gefahren und habe mir danach die Zeit genommen, darüber nachzudenken. In den 48 Stunden darauf kam ich zu meiner Entscheidung", erklärt der siebenmalige GP-Sieger, der am Donnerstag darauf bei Marko anrief.
"Es war hart. Ich mag es nicht, jemanden zu enttäuschen", so Ricciardo über das Telefonat, bei dem er laut Marko sehr zögerlich war. "Es war ein Anruf den ich machen musste und bei dem ich auch etwas nervös war. Aber es war in Ordnung. Als ich mit Helmut sprach, verstand er mich. Er kennt mich seit zehn Jahren und ich denke, er hat manchmal meine Frustration gespürt und auch, dass sich etwas in mir veränderte. Er war nicht komplett überrascht, aber natürlich war er etwas enttäuscht, dass ich gehe."
Besagte Frustration hing aber nicht damit zusammen, dass sich Ricciardo mit der Chefetage Red Bulls nicht mehr verstand. "Ich war manchmal aus irgendwelchen Gründen persönlich etwas frustriert, einfach mit mir selbst und nicht mit dem, was innerhalb des Teams passierte. Es war nie so, dass ich mich ungeliebt gefühlt hätte. Es war einfach die Routine. Ich habe keinen Bürojob bei dem ich jeden Tag in dasselbe Büro gehe. Aber ich bin viele Jahre in dieselbe Fabrik gefahren, habe dieselbe Routine durchlebt, und das hat mir manchmal ein bisschen den Spaß am Sport verdorben."
Ricciardo beteuert: Kein böses Blut zwischen ihm und Red Bull
"Aber es gab keinen Bruch zwischen uns, kein böses Blut mit irgendjemandem im Team oder den Chefs. Es macht mich traurig, dass ich gehe, aber es war schön zu wissen, dass sie mich behalten wollten. Es war alles sehr besonnen und respektvoll, und das ist alles was ich erwarten konnte", bekräftigt Ricciardo, dass das Verhältnis zwischen ihm und seinen ehemaligen Förderern alles andere als zerrüttet ist. Eine definitive Zusage hinsichtlich einer Vertragsverlängerung habe er aber nie gegeben.
"Die Leute denken wohl, dass bei mir und Red Bull alles klar und ich bereit zur Unterschrift war, aber ich habe nie gesagt, dass mit Red Bull alles zu 100 Prozent klar war. Es ging über Monate hin und her. Als ich die Entscheidung einmal getroffen hatte, habe ich mich damit sehr gut gefühlt. Es fühlt sich richtig an, nächstes Jahr für Renault zu fahren", so Ricciardo.
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