Williams ist in der Formel-1-Saison 2018 am absoluten Tiefpunkt angekommen. Lance Stroll und Sergey Sirotkin hatten an den ersten acht Rennwochenende regelmäßig die letzte Startreihe gebucht. In der Gesamtwertung ist das Team mit vier Punkte abgeschlagen Letzter. Vor Österreich scheint kaum Besserung in Sicht, schließlich ging in Spielberg schon 2017 mit dem deutlich stärkeren FW40 und Felipe Massa im Cockpit nichts.

Dessen Rolle hat in dieser Saison bekanntlich Stroll inne, der neben seinem Rookie-Teamkollegen den Teamleader geben soll. Beim Kanadier schienen Frustration und Lustlosigkeit zuletzt aber überhand zu nehmen. Im Funk motzte er zuweilen beinahe wie der erfolgsverwöhnte und gleichermaßen anspruchsvolle Fernando Alonso. Genießt der 19-Jährige sein F1-Abenteuer angesichts der Schwierigkeiten überhaupt noch?.

"Natürlich", beteuert er im Vorfeld des Rennens auf dem Red Bull Ring und lässt einen Vergleich folgen, der hinsichtlich der Wertschätzung für sein privilegiertes Dasein als Grand-Prix-Pilot in gewisser Weise tief blicken lässt: "Es ist besser als ein Blaumann-Job." Die mürrischen Funksprüche oder Äußerungen wie in Monaco, als er nach nur neun Runden seinen Renningenieur nach dem Sinn einer weiteren Teilnahme am Rennen fragte, seien laut ihm kein Anzeichen für mangelnde Motivation.

Meckerei im Boxenfunk hat für Stroll nichts zu bedeuten

"Ich denke, das ist einfach nur die Hitze des Gefechts", so Stroll. "Das passiert einigen Piloten, wenn sie angefunkt werden, da sagt jeder auf die eigene Art und Weise mal etwas in die Richtung." Dass die schlecht gelaunten Funksprüche an die Außenwelt nicht immer die besten Signale senden, ist ihm bewusst: "Klar, wenn ich manchmal zurückschaue denke ich, dass ich in der einen oder anderen Situation etwas ruhiger hätte sein können."

Zudem beteuert er, auch in erfolgreicheren Zeiten wie zum Beispiel 2016, als er die Formel 3 EM gewann, im Cockpit denselben Ton gepflegt zu haben: "Wenn ich im Auto sitze und meinen Helm aufhabe, spielt die Frustration gar keine Rolle. Ich war immer schon so, auch in anderen Rennserien, als ich gewonnen habe. Im Auto nehme ich nur Kurve für Kurve. Die Frustration wird in aller Ruhe in der Besprechung außerhalb des Autos diskutiert."

In der Saison 2018 mangelt es an Frustration bisher nicht. Fünf Mal war Stallgefährte Sirotkin im Qualifying bisher schneller, regelmäßig bildet Stroll das Schlusslicht auf dem Zeitenmonitor. Er beteuert jedoch, dass er stets voller Elan ins Cockpit steigt. "Klar, denn es gibt immer eine Chance", so der 19-Jährige, der in seiner Debütsaison 2017 auch schon einer andere Seite der Formel 1 kennenlernte.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Österreich GP (06:33 Min.)

Stroll ist mit seinem Job 2018 bisher zufrieden

"Es liegt in der Natur des Jobs, dass du gute und schlechte Autos hast und sich das von Jahr zu Jahr ändert. Als Fahrer musst du immer das Maximum aus dem herausholen, was dir zur Verfügung steht", weiß Stroll, der Kraft aus den Erfahrungen des Vorjahres zieht. "Letztes Jahr hatte ich das Glück, auf dem Podium zu stehen, aus der ersten Reihe zu starten und bei vielen Rennen in die Punkte zu fahren."

Etwas, das er seiner Ansicht nach in diesem Jahr problemlos wiederholen könnte, wenn der FW41 es zuließe. "Alle Fahrer haben ihre Jahre, in denen sie mehr gefordert werden. Für mich ist das alles nicht so schlimm, solange ich weiß, dass ich Schritte in die richtige Richtung mache. Und ich bin zufrieden mit meinem Job, genau wie die Leute mit denen ich letztes Jahr gearbeitet habe. Wir wissen, dass das Auto einfach nicht da ist, wo wir es haben wollen, genau wie das gesamte Paket."

"Es zeigt sich vielleicht nicht an den Resultaten, aber ich habe das Gefühl, dass ich einig Dinge besser mache als letztes Jahr", nimmt er Bezug auf seine persönliche Entwicklung als Rennfahrer. "Das ist für mich das Positive. Ich habe meine Stärken ausgebaut und ein paar meiner Schwächen verbessert und da kommt definitiv noch viel mehr. Ich bin erst 19 und glaube, dass ich mit mehr Erfahrung noch sehr viel mehr aus mir herausholen kann."

Stroll ist stolz auf seine Startrunden

Zwar ist die Fehlerquote von Stroll auch in dieser Saison noch deutlich sichtbar, doch im Detail hat sich bei ihm im Vergleich zum ersten Jahr viel getan. "Es ist schwierig es an einem Bereich festzumachen. Ich habe generell das Gefühl, das Auto besser im Griff zu haben und weiß nun, wie ich das Maximum herausholen kann. Besonders was die Arbeit mit den Ingenieuren angeht und was ich brauche, um mehr aus dem Auto herauszuholen."

In Baku, an dem Ort wo er 2017 sensationell als Dritter auf das Podest fuhr, holte er dieses Jahr als Achter seine bis dato einzigen WM-Zähler. Für ihn ein klarer Beleg dafür, dass er das Gelernte unter den richtigen Voraussetzungen auch in ein Ergebnis verwandeln kann. "Ich bin froh, dass wir in Aserbaidschan, als das Auto einigermaßen konkurrenzfähig war, diese Punkte und ein Resultat geholt haben. Zumindest weiß ich so für mich, dass ich wenn es eine Möglichkeit gibt, in der Lage bin ein paar Punkte mitzunehmen."

Seine Glanzmomente hatte Stroll in diesem Jahr sicherlich in den Startrunden, wo er mehrmals im Wirrwarr der ersten Kurven die richtigen Lücken erwischte und einige Positionen gutmachte. "Wenn ich auf einige meiner Starts dieses Jahr schaue, war das auch immer eine Möglichkeit eine der schwierigen Qualifying-Sessions in diesem Jahr auszubügeln. Es gibt immer etwas, das zu seinem guten Rennen führen kann. Vielleicht ein Chaos, du kannst im Motorsport nie wissen. Aber du musst immer dranbleiben und bereit seit, aus jeder Möglichkeit Kapital zu schlagen."

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Stroll glaubt nicht an Williams-Wunder in Österreich

In Österreich wird es wohl einen dieser Tage brauchen, um Williams zum zweiten Mal in diesem Jahr in die Punkte zu führen. Denn daran, dass dem Team innerhalb von nur einer Woche eine Wunderheilung des FW41 gelungen ist, glaubt Stroll nicht. "Ich will nicht im Vorfeld des Wochenendes immer schon davon ausgehen, dass es schlecht wird. Aber realistisch betrachtet, wenn ich schaue wo wir zuletzt waren, wird es wohl nicht anders sein. Es liegen nur fünf Tage dazwischen", so der Kanadier.