Ein dominanter Sebastian Vettel, ein wilder Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen, ein endlich wieder schnellerer Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton und ein seltener Samstagssieg Daniel Ricciardos über Max Verstappen bei Red Bull. Das waren die großen Geschichten der drei Top-Teams im Qualifying zum Aserbaidschan GP der Formel-1-Saison 2018.

Doch in Baku lieferte auch das Mittelfeld - selbst abseits des Beinahe-Crashs bei Toro Rosso - spannende Themen. McLaren enttäuschte einmal mehr, doch insbesondere zwei Teams sorgten für positive Schlagzeilen: Williams und Force India. Die großen Duellanten der jüngeren F1-Geschichte schlugen nach einem bis dato schwierigen Saisonstart in Baku plötzlich klar zurück. Erstmals erreichten beide Williams das Q2 und beide Force India sogar das Q3, welches Williams wiederum gar nicht einmal so klar verpasste.

Was zeichnet verantwortlich für die Aufwärtstrends der bisherigen Sorgenkinder der Formel 1 2018? Und was sagen die Fahrer dazu? Motorsport-Magazin.com hat die Aussagen aus den beiden Lagern zusammengetragen.

Lance Stroll: Baku-Streckenlayout hilft Williams

"Ich bin richtig happy. Wir haben ganz klar einen Schritt nach vorne gemacht an diesem Wochenende verglichen mit den letzten Events", jubelt etwa Williams-Fahrer Lance Stroll, der als Elfter nur hauchdünn an Q3 vorbeischrammte. Das Rennen am Sonntag startet der Kanadier durch die Strafversetzung Nico Hülkenbergs wegen eines Getriebewechsels am Renault sogar aus den Top-10.

Leicht einzufahren sei dieses Ergebnis aber nicht gewesen, so Stroll. "Es war so schwierig mit den gelben Flaggen im Q1, da konnte ich keine Runde zusammenbekommen bis zur letzten Sekunde mit den alten Reifen. Also hatte ich echt Glück, noch durchzurutschen. Mit meiner Runde in Q2 war ich dann sehr zufrieden."

Den Aufschwung bei Williams in Baku erklärt Stroll jedoch nicht nur mit seiner Leistung, einer Verbesserung des FW41 oder der seitens Mercedes etwas gesteigerten Motorpower, sondern auch dem Streckenlayout. "Es wäre schön, ein paar mehr Strecken wie diese zu haben, da sie alles etwas enger macht, sodass wir auch Autos kämpfen sehen, die sonst gar kein Problem haben, das Q2 zu überstehen", meint Stroll.

Sergey Sirotkin: Potential hätte vielleicht sogar für Q3 gereicht.

Teamkollege Sergey Sirotkin gibt sich ebenfalls erleichtert, feiert jedoch mehr seine Mechaniker als den zwölften Platz im Qualifying selbst. Immerhin hatte die Crew seinen Williams nach einem Crash im dritten Training rechtzeitig für das Qualifying wieder zusammengeflickt. "Ich muss dem Team sehr danken, denn sie haben echt Vollgas gearbeitet und einen perfekten Job gemacht, sodass wir wieder auf die Strecke konnten. Ich bin sehr glücklich, dass ich ihnen mit einem solchen Ergebnis danken konnte, wusste allerdings schon von der Session heute Morgen, dass das Potential da war."

Im Williams - oder vielmehr ihm selbst - stecke allerdings noch mehr. "Ich denke, dass noch etwas mehr Rundenzeit drin gewesen wäre. Ich bin nicht sicher, ob es sogar für Q3 hätte reichen können, aber wir wären sicher noch deutlich näher dran gewesen. Wir kommen nach vorne, wir machen Fortschritt und einen tollen Job. Jetzt sehen wir das in den Ergebnissen. Danke an alle dafür - und wir werden uns noch weiter verbessern!", frohlockt Sirotkin angesichts des ersten nennenswerten Erfolgserlebnisses in dieser Saison fast schon euphorisch.

Force India entert Q3 und schlägt Renault

Anders als Williams mit Stroll und Siroktin geschafft hat in Baku Force India den Sprung in das Q3. Schon am Freitag ließen Esteban Ocon und Sergio Perez mit starken Zeiten und Ergebnissen im Training aufmerken. Im Qualifying bestätigte das Fahrer-Duo, im Vorjahr in Baku noch so medienwirksam gecrasht, diesen Eindruck so gut es nur ging.

Ocon qualifizierte sich als Siebter, schlug Perez damit um einen Wimpernschlag von nur zwei Hundertstelsekunden. Nur drei Hundertstel fehlten sogar auf den Ferrari von Kimi Räikkönen auf P6, der allerdings keine ideale Runde zusammenbekommen hatte. Red Bull jedoch schon. Und auch hier hielt sich Force Indias Rückstand mit einer halben Sekunde in Grenzen. Viel wichtiger jedoch: Renault war besiegt. Beide Renault, selbst der zuletzt im Qualifying so bärenstarke Nico Hülkenberg.

"Das war ein sehr starker Tag für uns. Das Auto funktioniert gut, macht richtig Spaß zu fahren. Wir haben sehr gute Fortschritte dabei erzielt, das Auto zu verbessern und waren in jeder Session sehr schnell. Wir waren heute das viertschnellste Team und haben uns dieses Ergebnis wohl verdient", jubelt Ocon.

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Sergio Perez: Es war noch mehr drin, morgen nachholen

Sein knapp geschlagener Teamkollege Sergio Perez gibt sich kaum minder glücklich, schränkt allerdings ein, Force India habe vielleicht ein sogar noch besseres Ergebnis liegen lassen - zumindest er selbst. Kein Wunder, fehlte dem Mexikaner eben nur diese halbe Zehntel für zwei Positionen weiter vorne.

"Ich bin ziemlich glücklich mit unserer Performance heute. Es war ein guter Tag für das Team - auch, wenn wir vielleicht die Pace hatten, im Grid sogar noch etwas weiter vorne zu sein. Ich denke nicht, dass wir wirklich das Maximum unserer Performance ausgeschöpft haben - und es war auch eine sehr komplizierte Session dieses Qualifying", sagt Perez. "Erst im Q3 habe ich einen sauberen Run hinbekommen."

Perez/Ocon-Crash 2017: Force India trifft Vorkehrungen

Damit klingen die teamintern geschlagenen Williams- und Force-India-Piloten nahezu gleich. Ebenfalls gleich ist die Rolle der Strecke. Nicht nur Stroll, auch Perez sieht diesen Faktor als sein Team begünstigend. "Die Strecke liegt uns. Deshalb glaube ich, dass es jede Menge Potential gibt, dass wir morgen ein paar Plätze gutmachen können", sagt Perez kämpferisch. "Diese Strecke hat uns schon immer gelegen und auch die Fahrer lieben es, hier zu fahren", bestätigt Geschäftsführer Otmar Szafnauer. "Wir sind heute das Top-Team im Mittelfeld, aber morgen zählt es wirklich", weiß Perez jedoch.

Heißt auch: Einen neuerlichen Baku-Crash bei Force India gilt es zwingend zu vermeiden. Szafnauer hat seine Fahrer deshalb bereits entsprechend eingestellt. Im Zweifel sollen Perez und Ocon lieber einen Konkurrenten abschießen als sich gegenseitig, so die eindeutige Ansage. Die offenbar gewirkt hat. Ocon: "Wir haben letztes Jahr gesehen, was passieren kann mit Safety Cars und Zwischenfällen, deshalb müssen wir geduldig bleiben und uns aus dem Chaos raushalten."