Für Daniil Kvyat war das zweite Training wie verhext. Auf einer starken Runde unterwegs, wurde der Russe in Rascasse von einem trödelnden Felipe Massa aufgehalten. Die Beschwerde per Funk ließ nicht lange auf sich warten. Auch danach lief er noch mehrfach auf Konkurrenten auf. Dass Kvyat am Ende trotzdem auf Platz fünf landete, zeugt von einer starken Performance des Autos im Fürstentum. Toro Rosso etablierte sich am Donnerstag als dritte Kraft. Mehr als nur ein Strohfeuer?

Vor der Saison wusste man bei Toro Rosso um die Stärke des eigenen Chassis'. "Realistisch erwarte ich, dass wir in diesem Jahr einen Podiumsplatz erreichen können, nachdem wir in der vergangenen Saison mit Max' vierten Plätzen in Budapest und Austin so dicht dran waren", gab Teamchef Franz Tost vor der Saison die Marschrichtung vor.

Ferrari vor Toro Rosso? In Monaco scheint das Kräfteverhältnis ein anderes zu sein, Foto: Sutton
Ferrari vor Toro Rosso? In Monaco scheint das Kräfteverhältnis ein anderes zu sein, Foto: Sutton

Der Optimismus wurde vor allem aus der neuen, alten Zusammenarbeit mit Ferrari gezogen. Zwar bekommt das Red-Bull-Nachwuchsteam nur die 2015er Version der Power Units und muss somit auf sämtliche Weiterentwicklungen verzichten. Aber eine Verbesserung gegenüber dem im vergangenen Jahr weder leistungsstarken noch zuverlässigen Renault-Motors erhoffte man sich in jedem Fall. Immerhin fuhr Ferrari drei Siege ein. Kombiniert mit einem traditionell starken Chassis aus der Feder von James Key versprach man sich einen Angriff auf Red Bull.

Zu wenig Ertrag zu Saisonbeginn

Klar war jedoch auch: Vor allem in der ersten Saisonhälfte müssen die Ergebnisse kommen. Denn irgendwann werden alle Hersteller die Power Units so weit entwickelt haben, dass der Nachteil des alten Motors zu groß wird. Die Resultate waren mit zwei sechsten Plätzen in Bahrain (Verstappen) und zuletzt in Spanien (Sainz) zwar durchaus vorhanden. Doch es wäre durchaus mehr drin gewesen. In Russland stoppte ausgerechnet der Ferrari-Motor Verstappen auf dem Weg zu einem starken Ergebnis. In Australien sprangen trotz Startplatz fünf für den Niederländer aufgrund schlechter Boxenstopps nur sechs Punkte heraus. Noch kein einziges Mal in diesem Jahr sammelte Toro Rosso eine zweistellige Anzahl an Zählern in einem Rennen, obwohl die Chancen gegeben waren.

Dieser Befreiungsschlag könnte jedoch in Monaco erfolgen. In den Trainings am Donnerstag war Toro Rosso die Nummer drei, der Red Bull von Max Verstappen war nicht weit weg. Besonders motiviert wird Daniil Kvyat sein. Nach seiner Versetzung vom A-Team zurück zum Rennstall von Franz Tost steht der Russe weiterhin unter Beobachtung. In Barcelona blieb er ohne Punkte, stattdessen sorgte er durch Überholmanöver während der Safety-Car-Phase für Aufsehen. Nicht ausgeschlossen, dass es auf der Strecke zu einem direkten Duell mit seinem Vorgänger und Nachfolger Verstappen kommt.

Der Toro Rosso schwebt nahezu durch den Leitplanken-Dschungel, Foto: Sutton
Der Toro Rosso schwebt nahezu durch den Leitplanken-Dschungel, Foto: Sutton

Ferrari keine Gefahr?

"Ich denke, insgesamt sehen wir ganz gut aus. Wir haben durchaus Potential. Wenn wir unsere Hausaufgaben gut machen, können wir ein starkes Wochenende haben", so Kvyat nach dem ersten Tag in Monaco. Nicht einmal in der Nähe der beiden Toro Rosso war Ferrari. Das Werksteam, ausgestattet mit der neuesten Entwicklungsstufe der Power Unit, lag am Donnerstag deutlich hinter dem Kundenteam mit den Vorjahres-Motoren.

Für Toro Rosso bietet sich in Monaco die vermutlich beste Gelegenheit dieser Saison, viele Punkte einzufahren. Das Podium ist in greifbarer Nähe. Doch Monaco ist unberechenbar. Besonders Verkehr zur falschen Zeit am falschen Ort kann jeglichen Traum frühzeitig zerstören. "Die Strecke scheint nie groß genug zu sein für die Anzahl an Autos", so Renningenieur Phil Charles. Kvyat hat es am Donnerstag bereits erlebt.