Für Raffaele Marciello scheint der greifbare Traum der Formel 1 zunächst einmal beendet. Nachdem es Ende vergangenen Jahres zwischen ihm und Ferrari zur Trennung gekommen war, setzte der Italiener nun eine Spitze in Richtung seines früheren Arbeitgebers. "Zu Maurizio Arrivabene hatte ich nie ein tolles Verhältnis", sagte Marciello gegenüber Autosprint. "Er hielt mich für nicht für die Formel 1 geeignet. Deshalb war Schluss. Man kann es nicht jedem Recht machen."

Was genau zur Trennung von Ferrari - und damit auch dem Ende des Testfahrer-Jobs bei Sauber - führte, ist bislang nicht bekannt. 2015 sah alles danach aus, als ob Marciello gute Chancen hätte, in der kommenden Zeit den Sprung in die Königsklasse zu schaffen. Für Sauber bestritt er vier Trainingseinsätze, testete zusätzlich für Ferrari in Barcelona. Marciello über Ferrari: "Wenn sie wirklich gewollt hätten, hätten sie für mich ein Cockpit in einem Auto mit Ferrari-Motor auftreiben können."

Marciello mit Ferrari-Kappe: Das wird es nicht mehr geben, Foto: Sutton
Marciello mit Ferrari-Kappe: Das wird es nicht mehr geben, Foto: Sutton

Basteln für die Zukunft

Offenbar hat Ferrari die Zeichen der Zeit erkannt und krempelt sein Junior-Team namens Ferrari Driver Academy zum neuen Jahr gehörig um. Der ehemalige Sportdirektor, Massimo Rivola, übernimmt nun den Chefposten im Nachwuchsprogramm von Maranello. Er ersetzt den scheidenden Luca Baldisserri, der mitsamt Ex-Ferrari-Schützling Lance Stroll in Richtung Williams wechselt.

Nun stellt sich die Frage, welchen Fahrer Ferrari einsetzen würde, sollte einer der beiden Stammpiloten einmal ausfallen. 2015 wären es Marciello, Jean-Eric Vergne oder Esteban Gutierrez gewesen, die für Sebastian Vettel oder Kimi Räikkönen eingesprungen wären. Vergne startet dieses Jahr allerdings komplett in der Formel E, in der sich mindestens zwei Rennen mit der Formel 1 (Bahrain, Österreich) überschneiden. Gutierrez kommt bei Neueinsteiger Haas unter.

Antonio Fuoco: Wird er Ferraris neuer Ersatzmann?, Foto: Sutton
Antonio Fuoco: Wird er Ferraris neuer Ersatzmann?, Foto: Sutton

Bekommt Fuoco eine Chance?

Neben Vergne setzt Ferrari seit einer gefühlten Ewigkeit auf Marc Gene (41) und Davide Rigon (29) - beide jedoch mehr Simulator-Fahrer als potenzielle Einsatzpiloten. Nach Marciellos und Lance Strolls Abschieden sieht es im Ferrari-Nachwuchsprogramm aktuell eher mau aus. Antonio Fuoco zeigte 2015 in der GP3 ordentliche Leistungen und durfte auch schon den F1-Ferrari testen - beim Einsatz auf dem Red Bull Ring setzte er den Boliden allerdings früh in die Reifenstapel. Ob das Team dem 19-Jährigen einen Grand-Prix-Einsatz zutrauen würde?

Guan Yu Zhou, das zweite Talent aus der Driver Academy, dürfte der eine oder andere aus der deutschen Formel 4 kennen. Sein Talent ist unbestritten, er wird seinen Weg gehen. Aufgrund seines Alters kommt der 16-Jährige für die Formel 1 jedoch nicht infrage. Gut möglich, dass Ferrari beim Launch des 2016er F1-Boliden einen neuen Ersatzmann präsentiert - ob erfahren, oder als neues Aushängeschild des Nachwuchsprogrammes.

Fuocos Ferrari-Debüt verlief nicht perfekt..., Foto: Sutton
Fuocos Ferrari-Debüt verlief nicht perfekt..., Foto: Sutton

So sieht es in der Formel 1 aus

Auf der Ersatzbank ist bei Ferrari einiges in der Schwebe. Wie sieht es bei den anderen Formel-1-Teams aus? Motorsport-Magazin.com zeigt, wer sich 2016 Chancen auf einen Einsatz ausrechnen kann oder im erweiterten Kreis eines Teams auftaucht.

Mercedes: Die Silberpfeile haben zwei Edel-Joker am Start. DTM-Champion Pascal Wehrlein könnte den Job des Ersatzfahrers genauso ausfüllen wie das französische Supertalent Esteban Ocon. Fraglich nur, wie das 2016er Programm der beiden Nachwuchspiloten aussieht. Wehrlein könnte ein Stammcockpit bei Manor ergattern, auch Ocon wird immer wieder als möglicher Einsatzfahrer gehandelt.

Williams: In der Williams-Garage wird es 2016 leerer. Susie Wolff hat das Ende ihrer Rennfahrerkarriere bereits verkündet, und auch Adrian Sutil gehört dieses Jahr nicht mehr zum Team. Der Vertrag des Gräfelfingers galt nur für ein Jahr. Seine nähere Zukunft liegt wohl nicht in der Formel 1. Eine gute Chance für den jungen Alex Lynn, sich weiter in Position zu bringen. Dem früheren Red-Bull-Schützling fehlte bei seinem GP2-Debüt 2015 noch die Konstanz, der Speed ist aber da. 2016 startet er erneut für DAMS in der Nachwuchsserie. Milliardärs-Sohn Lance Stroll wechselte Ende vergangenen Jahres ins neue Jugendprogramm von Williams, kommt für F1-Einsätze aber noch nicht infrage.

Alex Lynn macht sich gute Hoffnungen auf die Formel 1, Foto: Sutton
Alex Lynn macht sich gute Hoffnungen auf die Formel 1, Foto: Sutton

Red Bull/Toro Rosso: Die beiden Teams bedienen sich wie üblich aus einem Topf. Der heißt aktuell: Pierre Gasly. Der Franzose gehört zum Juniorkader des Konzerns und testete 2015 sowohl für Toro Rosso als auch Red Bull. Laut Informationen von Motorsport-Magazin.com lautet der Plan, Gasly ein weiteres Jahr in der Doppelrolle aus GP2-Pilot und Ersatzfahrer einzusetzen. Gasly schielt auf einen Stammplatz bei Toro Rosso für 2017.

McLaren: Ein Fahrer, ein Hashtag: #BelieveInStoffel. Stoffel Vandoorne ist der alleinige Mann auf der McLaren-Ersatzbank. Er würde einspringen, sollten Button oder Alonso einmal verhindert sein. McLaren hält große Stücke auf den GP2-Champion, ihm gehört die Zukunft. 2016 startet er vermutlich - Honda sei Dank - zu einem Ausflug in die japanische Super Formula.

Das nächste Supertalent: Stoffel Vandoorne, Foto: Sutton
Das nächste Supertalent: Stoffel Vandoorne, Foto: Sutton

Force India: Einen fixen Ersatzfahrer hatte das Team 2015 nicht. Wäre etwas passiert, hätten sich Force India mit Wehrlein oder Ocon wohl bei Partner Mercedes bedient. 2016 sieht es anders aus: Alfonso Celis kam Ende vergangenen Jahres neu ins Team, durfte schon in Abu Dhabi das Training bestreiten. Sieben weitere Einsätze sind 2016 geplant. Dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass die Familie des Mexikaners finanziell gut betucht ist.

Renault: 2015 hatte Jolyon Palmer den Job übernommen - inzwischen ist er beim Renault-Werksteam zum Stammfahrer aufgestiegen. Die letzten Alternativen von Lotus sahen - man könnte sagen - mutig aus. Carmen Jorda, von der es mehr Fotos als Testkilometer gibt. Dazu der 25-jährige Entwicklungsfahrer Adderly Fong, der in seiner Formel-Karriere noch überhaupt nichts gerissen hat. Größter Erfolg: Freitagstraining für Sauber in Abu Dhabi 2014. Renault wird sich nach einem neuen Ersatzfahrer umsehen müssen...

Ob Adderly Fong der Formel 1 weiter erhalten bleibt?, Foto: Lotus
Ob Adderly Fong der Formel 1 weiter erhalten bleibt?, Foto: Lotus

Sauber: Raffaele Marciello wäre 2015 im Ernstfall eingesprungen. Doch nach dem Ferrari-Aus ist auch bei Sauber Schluss. Eine Posse wie bei Giedo van der Garde und Adrian Sutil dürfte das Team zweimal nachdenken lassen, wer als nächstes kommt. Sergey Sirotkin war schon einmal bei Sauber, das Engagement verlief jedoch im Sande. Dem Russen sollen mehrere Angebote aus der Formel 1 vorliegen - eher fraglich, ob Sauber dabei ist.

Manor Racing: Manor hat als einziges Team noch nicht sein Stammfahrer-Aufgebot für 2016 bekanntgegeben, folglich auch keinen Ersatzpiloten. Sollte Roberto Merhi nicht wieder kurzfristig genügend Sponsorengelder für ein festes Cockpit auftreiben, würde er sich wohl auch mit der Rolle des dritten Mannes im Team zufriedengeben. Ansonsten dürfte die Truppe auf einen Piloten mit dem nötigen Kleingeld angewiesen sein, sofern nicht Motorenlieferant Mercedes ein Wörtchen mitreden möchte. Rio Haryanto wäre ein Kandidat. Die indonesische Regierung soll angeblich 15 Millionen Euro locker machen, um den GP2-Piloten in die Formel 1 zu hieven.