Wenn am Sonntag zum ersten Mal seit 23 Jahren die Ampeln auf dem Autódromo Hermanos Rodríguez erlöschen, sind die Augen der Weltöffentlichkeit auf Nico Rosberg gerichtet. Der Mercedes-Pilot steht zum vierten Mal in Folge auf der Pole Position, die letzten drei Rennen gewann allerdings nicht er, sondern sein Teamkollege Lewis Hamilton. Zwei Mal verlor Rosberg dabei gleich in Kurve eins die Führung. Zuletzt in Austin, wo Hamilton ein relativ hartes Manöver lancierte.

Wird die Startschwäche Rosberg nun auch in Mexiko zum Verhängnis? Der Weg bis in die erste Kurve ist mit rund 900 Metern ausgesprochen weit und bietet viel Raum für Überholmanöver. Wer schlecht vom Start wegkommt, droht einige Positionen zu verlieren und nach hinten durchgereicht zu werden.

"Ich bin hier, um Rennen zu gewinnen. Ich stehe auf Pole. Ich will gewinnen wie jeder andere auch. Jetzt ist wieder volle Attacke angesagt", gibt sich Rosberg demonstrativ kämpferisch. Mercedes gestattet seinen Piloten, hart zu fahren, sofern sie sich an die Regeln halten. Eine Kollision ist daher tabu. "Das müssen wir morgen nicht noch mal besprechen", vertraut Motorsportchef Toto Wolff seinen Fahrern.

Hamilton wiederum glaubt, es könnte ein Vorteil sein, von Platz zwei zu starten. "Vor dem Wochenende habe ich drüber nachgedacht, dass es schwer wird, wenn ich Pole fahre, den Mann hinter mir aufzuhalten", spielt er auf den Windschatten an. Rosberg sieht das hingegen anders: "Ich bin lieber auf Platz eins."

Rutscht Red Bull zum Sieg?

Ob Mercedes den Sieg in Mexiko davontragen kann, hängt nicht unwesentlich von den äußeren Bedingungen ab. Die frische Asphalt ist ausgesprochen rutschig, was Red Bull in die Karten spielt, da die gute Traktion des RB11 zum Tragen kommt. Öffnet der Himmel während des Rennens seine Schleusen, dürfte Red Bull sogar realistische Siegeschancen haben - die Pace vor einer Woche auf nasser Strecke in Austin war beeindruckend.

Red Bull mangelt es an Top-Speed, Foto: Sutton
Red Bull mangelt es an Top-Speed, Foto: Sutton

Bleibt es hingegen trocken, stehen die Chancen von Daniil Kvyat und Daniel Ricciardo, die von den Plätzen vier und fünf starten, denkbar schlecht. Zum einen, weil die Strecke langsam, aber doch immer mehr Grip aufbaut, wovon die Konkurrenz profitiert, und dann ist da auch noch das Problem mit dem Top-Speed.

Im Qualifying fehlten Ricciardo unglaubliche 20 km/h auf den Bestwert von Williams-Pilot Felipe Massa. Und selbst wenn man berücksichtigt, dass Massas 364,3 km/h mit Hilfe von Windschatten zustande kamen, war auch sein Teamkollege Valtteri Bottas mit 360,8 km/h nur unwesentlich langsamer. Langsamer als Red Bull waren hingegen nur McLaren und Manor. Ein gehöriges Handicap, das die Bullen zu einem recht einfachen Opfer auf der Start- und Ziel-Gerade machen könnte.

Top-Speeds im Qualifying

FahrerTeamMotorTopspeed
Felipe MassaWilliamsMercedes364,3 km/h
Valtteri BottasWilliamsMercedes360,8 km/h
Felipe NasrSauberFerrari358,2 km/h
Nico RosbergMercedesMercedes357,1 km/h
Sergio PerezForce IndiaMercedes355,8 km/h
Pastor MaldonadoLotusMercedes355,7 km/h
Marcus EricssonSauberFerrari355,7 km/h
Lewis HamiltonMercedesMercedes355,3 km/h
Nico HülkenbergForce IndiaMercedes354,9 km/h
Romain GrosjeanLotusMercedes354,7 km/h
Sebastian VettelFerrariFerrari353,5 km/h
Kimi RäikkönenFerrariFerrari351,3 km/h
Max VerstappenToro RossoRenault350,9 km/h
Carlos SainzToro RossoRenault350,6 km/h
Daniil KvyatRed BullRenault347,2 km/h
Fernando AlonsoMcLarenHonda345,9 km/h
Daniel RicciardoRed BullRenault344,3 km/h
Will StevensManorFerrari (2014)331,7 km/h
Alexander RossiManorFerrari (2014)331,3 km/h

Vettel hofft auf silberne Schützenhilfe

Zwischen den Mercedes- und Red-Bull-Piloten startet Sebastian Vettel von Platz drei. Der Deutsche muss nach Kimi Räikkönens technischen Problemen die Fahnen der Scuderia Ferrari alleine hochhalten. Kommen sich Hamilton und Rosberg in der ersten Kurve ins Gehege, was nach den Geschehnissen von Austin und Suzuka zumindest nicht kategorisch ausgeschlossen werden kann, könnte Vettel der große Profiteur des Starts sein.

Vettel will Mercedes Paroli bieten, Foto: Sutton
Vettel will Mercedes Paroli bieten, Foto: Sutton

"Man weiß nie, was die anderen tun, wir müssen erst einmal auf uns selbst und unseren Start schauen, aber da die beiden sich in letzter Zeit nicht unbedingt lieben, sollten sie sich in der ersten Kurve besonders lieb haben, dann könnten wir natürlich davon profitieren und vorbei gehen", hofft Vettel verschmitzt auf ein silbernes Gerangel, das ihn an die Spitze spült, wohlwissend, dass die Wahrscheinlichkeit dafür aber eher gering ist.

Bleibt das Chaos nach dem Start aus und Mercedes liegt in Führung, rechnet sich Vettel dennoch zumindest Außenseiterchancen aus, zumal es für ihn ja noch um den zweiten Platz in der Weltmeisterschaft geht. Momentan liegt er vier Punkte vor Rosberg. "Es wird generell eng, nicht nur zwischen uns und mit Mercedes, sondern auch mit den Autos dahinter könnte es ein spannendes Rennen geben", richtet der vierfache Champion seinen Blick sowohl nach vorne als auch hinten.

Ein-Stopp-Rennen wahrscheinlich

Strategisch dürften sich die Optionen in Mexiko in Grenzen halten - vorausgesetzt, es bleibt trocken. Die meisten Piloten gehen von einem Ein-Stopp-Rennen aus, wofür nicht zuletzt der Umstand spricht, dass Pirelli bei der Reifenwahl mangels Streckendaten konservativ vorging, die Soft- und Medium-Mischung aussuchte und daher mit relativ geringem Verschleiß zu rechnen ist.